Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite



digen: weil sich mein Leiden mit der Wissen-
schaft von dem, was Sie gelitten haben, vergrö-
ßern würde. Daher verlange ich nicht mehr da-
von zu wissen, als was der gemeine Ruf, nicht
ohne Verletzung meiner Ohren, an mich bringet,
und was mir durch Jhre Abwesenheit von Jhrer
grausamen Familie, und von dem geheiligten Or-
te zu erkennen gegeben wird, wo ich, unter vielen
andern Jhrer abgewiesenen Bewunderer, Sie
wöchentlich zweymal gewiß zu sehen pflegte, in-
dem Sie dem heiligen Dienste Ehre brachten,
von welchem eben Jhr Beyspiel mir die erhaben-
sten Begriffe einflößte. Allein dieß Unglück
mag seyn, was es will, dieß Leiden mag beschaf-
fen seyn, wie es will: ich werde um mein selbst
willen die Gelegenheit glücklich nennen; ob gleich
in Ansehung Jhrer der Urheber von jenem ver-
flucht seyn mag; wofern es mir das Glück ver-
schaffet, zu erfahren, daß dieser mein erneurter
Antrag nicht schlechterdings, verworfen wird.
Machen Sie mir nur Hoffnung, daß er mit der
Zeit einmal Gehör finden möge: wofern unter-
dessen weder in meiner Lebensart, noch in meinem
Bezeigen etwas vorfällt, das Jhnen aufs neue
zur Beleidigung gereiche. Machen Sie mir
nur hiezu Hoffnung - - - Daß Sie mich nicht
schlechterdings abweisen, das ist alle die Hoff-
nung, um welche ich bitte: und ich will Sie, wo
möglich, noch mehr lieben, als ich Sie jemals ge-
liebet habe. - - Jhres Leidens wegen will ich
das thun. Denn Sie verdienen wohl geliebet,

ja



digen: weil ſich mein Leiden mit der Wiſſen-
ſchaft von dem, was Sie gelitten haben, vergroͤ-
ßern wuͤrde. Daher verlange ich nicht mehr da-
von zu wiſſen, als was der gemeine Ruf, nicht
ohne Verletzung meiner Ohren, an mich bringet,
und was mir durch Jhre Abweſenheit von Jhrer
grauſamen Familie, und von dem geheiligten Or-
te zu erkennen gegeben wird, wo ich, unter vielen
andern Jhrer abgewieſenen Bewunderer, Sie
woͤchentlich zweymal gewiß zu ſehen pflegte, in-
dem Sie dem heiligen Dienſte Ehre brachten,
von welchem eben Jhr Beyſpiel mir die erhaben-
ſten Begriffe einfloͤßte. Allein dieß Ungluͤck
mag ſeyn, was es will, dieß Leiden mag beſchaf-
fen ſeyn, wie es will: ich werde um mein ſelbſt
willen die Gelegenheit gluͤcklich nennen; ob gleich
in Anſehung Jhrer der Urheber von jenem ver-
flucht ſeyn mag; wofern es mir das Gluͤck ver-
ſchaffet, zu erfahren, daß dieſer mein erneurter
Antrag nicht ſchlechterdings, verworfen wird.
Machen Sie mir nur Hoffnung, daß er mit der
Zeit einmal Gehoͤr finden moͤge: wofern unter-
deſſen weder in meiner Lebensart, noch in meinem
Bezeigen etwas vorfaͤllt, das Jhnen aufs neue
zur Beleidigung gereiche. Machen Sie mir
nur hiezu Hoffnung ‒ ‒ ‒ Daß Sie mich nicht
ſchlechterdings abweiſen, das iſt alle die Hoff-
nung, um welche ich bitte: und ich will Sie, wo
moͤglich, noch mehr lieben, als ich Sie jemals ge-
liebet habe. ‒ ‒ Jhres Leidens wegen will ich
das thun. Denn Sie verdienen wohl geliebet,

ja
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0152" n="146"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
digen: weil &#x017F;ich <hi rendition="#fr">mein</hi> Leiden mit der Wi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chaft von dem, was <hi rendition="#fr">Sie</hi> gelitten haben, vergro&#x0364;-<lb/>
ßern wu&#x0364;rde. Daher verlange ich nicht mehr da-<lb/>
von zu wi&#x017F;&#x017F;en, als was der gemeine Ruf, nicht<lb/>
ohne Verletzung meiner Ohren, an mich bringet,<lb/>
und was mir durch Jhre Abwe&#x017F;enheit von Jhrer<lb/>
grau&#x017F;amen Familie, und von dem geheiligten Or-<lb/>
te zu erkennen gegeben wird, wo ich, unter vielen<lb/>
andern Jhrer abgewie&#x017F;enen Bewunderer, Sie<lb/>
wo&#x0364;chentlich zweymal gewiß zu &#x017F;ehen pflegte, in-<lb/>
dem Sie dem heiligen Dien&#x017F;te Ehre brachten,<lb/>
von welchem eben Jhr Bey&#x017F;piel mir die erhaben-<lb/>
&#x017F;ten Begriffe einflo&#x0364;ßte. Allein dieß Unglu&#x0364;ck<lb/>
mag &#x017F;eyn, was es will, dieß Leiden mag be&#x017F;chaf-<lb/>
fen &#x017F;eyn, wie es will: ich werde um <hi rendition="#fr">mein &#x017F;elb&#x017F;t</hi><lb/>
willen die Gelegenheit glu&#x0364;cklich nennen; ob gleich<lb/>
in An&#x017F;ehung <hi rendition="#fr">Jhrer</hi> der Urheber von jenem ver-<lb/>
flucht &#x017F;eyn mag; wofern es mir das Glu&#x0364;ck ver-<lb/>
&#x017F;chaffet, zu erfahren, daß die&#x017F;er mein erneurter<lb/>
Antrag nicht &#x017F;chlechterdings, verworfen wird.<lb/>
Machen Sie mir nur Hoffnung, daß er mit der<lb/>
Zeit einmal Geho&#x0364;r finden mo&#x0364;ge: wofern unter-<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en weder in meiner Lebensart, noch in meinem<lb/>
Bezeigen etwas vorfa&#x0364;llt, das Jhnen aufs neue<lb/>
zur Beleidigung gereiche. Machen Sie mir<lb/>
nur hiezu Hoffnung &#x2012; &#x2012; &#x2012; Daß Sie mich nicht<lb/>
&#x017F;chlechterdings <hi rendition="#fr">abwei&#x017F;en,</hi> das i&#x017F;t alle die Hoff-<lb/>
nung, um welche ich bitte: und ich will Sie, wo<lb/>
mo&#x0364;glich, noch mehr lieben, als ich Sie jemals ge-<lb/>
liebet habe. &#x2012; &#x2012; Jhres Leidens wegen will ich<lb/>
das thun. Denn Sie verdienen wohl geliebet,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ja</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[146/0152] digen: weil ſich mein Leiden mit der Wiſſen- ſchaft von dem, was Sie gelitten haben, vergroͤ- ßern wuͤrde. Daher verlange ich nicht mehr da- von zu wiſſen, als was der gemeine Ruf, nicht ohne Verletzung meiner Ohren, an mich bringet, und was mir durch Jhre Abweſenheit von Jhrer grauſamen Familie, und von dem geheiligten Or- te zu erkennen gegeben wird, wo ich, unter vielen andern Jhrer abgewieſenen Bewunderer, Sie woͤchentlich zweymal gewiß zu ſehen pflegte, in- dem Sie dem heiligen Dienſte Ehre brachten, von welchem eben Jhr Beyſpiel mir die erhaben- ſten Begriffe einfloͤßte. Allein dieß Ungluͤck mag ſeyn, was es will, dieß Leiden mag beſchaf- fen ſeyn, wie es will: ich werde um mein ſelbſt willen die Gelegenheit gluͤcklich nennen; ob gleich in Anſehung Jhrer der Urheber von jenem ver- flucht ſeyn mag; wofern es mir das Gluͤck ver- ſchaffet, zu erfahren, daß dieſer mein erneurter Antrag nicht ſchlechterdings, verworfen wird. Machen Sie mir nur Hoffnung, daß er mit der Zeit einmal Gehoͤr finden moͤge: wofern unter- deſſen weder in meiner Lebensart, noch in meinem Bezeigen etwas vorfaͤllt, das Jhnen aufs neue zur Beleidigung gereiche. Machen Sie mir nur hiezu Hoffnung ‒ ‒ ‒ Daß Sie mich nicht ſchlechterdings abweiſen, das iſt alle die Hoff- nung, um welche ich bitte: und ich will Sie, wo moͤglich, noch mehr lieben, als ich Sie jemals ge- liebet habe. ‒ ‒ Jhres Leidens wegen will ich das thun. Denn Sie verdienen wohl geliebet, ja

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/152
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/152>, abgerufen am 24.11.2024.