Jch steckte also ihre sechs Stüber in meine Tasche. Hiernächst ergriff ich sie bey der Hand, gab ihr einen Wink von dem Schwarm, der sich um die Thür versammlet hatte, und bat sie, mit mir in den hintern Laden zu gehen.
Sie machte aber durch ihr Strauben ihre Hand aus der meinigen los, und wollte nicht län- ger bleiben.
So bückte ich mich, wünschte ihr freund- lich wohl zu leben, dankte ihr, und setzte hinzu, daß ich hoffete, auf ein ander mal ihre Kund- schaft zu haben.
Sie gieng mit Lächeln weg, und Andreas hinter ihr, der sich fein gegen mich bückte.
Mir fieng der Schwarm des zusammenge- laufenen Volkes an verdrieslich zu werden, wel- cher in Geschwindigkeit dicker ward. Daher be- fahl ich Wilhelmen, die Sänfte an die Thür kommen zu lassen.
Nun Frau Smithinn, sagte ich mit einem ernsthaften Gesichte, es ist mir herzlich leid, daß die Fräulein Harlowe nicht zu Hause ist. Sie sagen mir nicht, wo sie seyn mag?
Jn der That, mein Herr, ich kann nicht.
Sie wollen nicht, meynen sie - - Sie hat nicht wissen können, daß ich kommen würde. Jch bin erst gestern Abends in London angelan- get. - - Jch bin sehr krank gewesen. Sie hat mir beynahe das Herz durch ihre Grausam-
Jch ſteckte alſo ihre ſechs Stuͤber in meine Taſche. Hiernaͤchſt ergriff ich ſie bey der Hand, gab ihr einen Wink von dem Schwarm, der ſich um die Thuͤr verſammlet hatte, und bat ſie, mit mir in den hintern Laden zu gehen.
Sie machte aber durch ihr Strauben ihre Hand aus der meinigen los, und wollte nicht laͤn- ger bleiben.
So buͤckte ich mich, wuͤnſchte ihr freund- lich wohl zu leben, dankte ihr, und ſetzte hinzu, daß ich hoffete, auf ein ander mal ihre Kund- ſchaft zu haben.
Sie gieng mit Laͤcheln weg, und Andreas hinter ihr, der ſich fein gegen mich buͤckte.
Mir fieng der Schwarm des zuſammenge- laufenen Volkes an verdrieslich zu werden, wel- cher in Geſchwindigkeit dicker ward. Daher be- fahl ich Wilhelmen, die Saͤnfte an die Thuͤr kommen zu laſſen.
Nun Frau Smithinn, ſagte ich mit einem ernſthaften Geſichte, es iſt mir herzlich leid, daß die Fraͤulein Harlowe nicht zu Hauſe iſt. Sie ſagen mir nicht, wo ſie ſeyn mag?
Jn der That, mein Herr, ich kann nicht.
Sie wollen nicht, meynen ſie ‒ ‒ Sie hat nicht wiſſen koͤnnen, daß ich kommen wuͤrde. Jch bin erſt geſtern Abends in London angelan- get. ‒ ‒ Jch bin ſehr krank geweſen. Sie hat mir beynahe das Herz durch ihre Grauſam-
keit
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0819"n="813"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
Handelsleute nicht, uͤbermuͤthig zu ſeyn ‒‒<lb/>
Schickt ſichs wohl, Fr. Smithinn?</p><lb/><p>Jch ſteckte alſo ihre ſechs Stuͤber in meine<lb/>
Taſche. Hiernaͤchſt ergriff ich ſie bey der Hand,<lb/>
gab ihr einen Wink von dem Schwarm, der ſich<lb/>
um die Thuͤr verſammlet hatte, und bat ſie, mit<lb/>
mir in den hintern Laden zu gehen.</p><lb/><p>Sie machte aber durch ihr Strauben ihre<lb/>
Hand aus der meinigen los, und wollte nicht laͤn-<lb/>
ger bleiben.</p><lb/><p>So buͤckte ich mich, wuͤnſchte ihr freund-<lb/>
lich wohl zu leben, dankte ihr, und ſetzte hinzu,<lb/>
daß ich hoffete, auf ein ander mal ihre Kund-<lb/>ſchaft zu haben.</p><lb/><p>Sie gieng mit Laͤcheln weg, und Andreas<lb/>
hinter ihr, der ſich fein gegen mich buͤckte.</p><lb/><p>Mir fieng der Schwarm des zuſammenge-<lb/>
laufenen Volkes an verdrieslich zu werden, wel-<lb/>
cher in Geſchwindigkeit dicker ward. Daher be-<lb/>
fahl ich Wilhelmen, die Saͤnfte an die Thuͤr<lb/>
kommen zu laſſen.</p><lb/><p>Nun Frau Smithinn, ſagte ich mit einem<lb/>
ernſthaften Geſichte, es iſt mir herzlich leid, daß<lb/>
die Fraͤulein Harlowe nicht zu Hauſe iſt. Sie<lb/>ſagen mir nicht, wo ſie ſeyn mag?</p><lb/><p>Jn der That, mein Herr, ich kann nicht.</p><lb/><p>Sie <hirendition="#fr">wollen</hi> nicht, meynen ſie ‒‒ Sie hat<lb/>
nicht wiſſen koͤnnen, daß ich kommen wuͤrde.<lb/>
Jch bin erſt geſtern Abends in London angelan-<lb/>
get. ‒‒ Jch bin ſehr krank geweſen. Sie<lb/>
hat mir beynahe das Herz durch ihre Grauſam-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">keit</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[813/0819]
Handelsleute nicht, uͤbermuͤthig zu ſeyn ‒ ‒
Schickt ſichs wohl, Fr. Smithinn?
Jch ſteckte alſo ihre ſechs Stuͤber in meine
Taſche. Hiernaͤchſt ergriff ich ſie bey der Hand,
gab ihr einen Wink von dem Schwarm, der ſich
um die Thuͤr verſammlet hatte, und bat ſie, mit
mir in den hintern Laden zu gehen.
Sie machte aber durch ihr Strauben ihre
Hand aus der meinigen los, und wollte nicht laͤn-
ger bleiben.
So buͤckte ich mich, wuͤnſchte ihr freund-
lich wohl zu leben, dankte ihr, und ſetzte hinzu,
daß ich hoffete, auf ein ander mal ihre Kund-
ſchaft zu haben.
Sie gieng mit Laͤcheln weg, und Andreas
hinter ihr, der ſich fein gegen mich buͤckte.
Mir fieng der Schwarm des zuſammenge-
laufenen Volkes an verdrieslich zu werden, wel-
cher in Geſchwindigkeit dicker ward. Daher be-
fahl ich Wilhelmen, die Saͤnfte an die Thuͤr
kommen zu laſſen.
Nun Frau Smithinn, ſagte ich mit einem
ernſthaften Geſichte, es iſt mir herzlich leid, daß
die Fraͤulein Harlowe nicht zu Hauſe iſt. Sie
ſagen mir nicht, wo ſie ſeyn mag?
Jn der That, mein Herr, ich kann nicht.
Sie wollen nicht, meynen ſie ‒ ‒ Sie hat
nicht wiſſen koͤnnen, daß ich kommen wuͤrde.
Jch bin erſt geſtern Abends in London angelan-
get. ‒ ‒ Jch bin ſehr krank geweſen. Sie
hat mir beynahe das Herz durch ihre Grauſam-
keit
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 813. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/819>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.