Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite


Geh zum Teufel! - - Jch will schreiben! - -
Kann ich etwas anders thun?

Man wollte nicht haben, Belford, daß ich
schreiben sollte - - Jch muß in der That krank
seyn, wenn ich nicht schreiben kann - -



Aber du scheinst empfindlich geworden zu
seyn, Bruder! Jst es deswegen, weil ich aufge-
bracht war? Es schickt sich für zween Freunde
eben so wenig, als für Mann und Weib, zu glei-
cher Zeit ungeduldig zu seyn. - - Was muß es
für Folgen haben, wenn sie es sind? - - Jch
habe itzo keine Lust, mich zu schlagen: sondern bin
so gedultig und lasse alles mit mir machen, wie
die jungen Hüner, welche mir in der Brühe ge-
bracht werden - - denn so weit ist es schon mit
mir gekommen.

Jch kann dir inzwischen sagen, du magst dein
eigner Herr seyn,
wo du willst; was die Voll-
ziehung des Testaments betrifft: aber das will
ich nimmermehr leiden, daß du meine Briefe
bekannt machest und allerley Urtheilen bloßgiebst.
Sie sind um die Hälfte zu offenherzig, daß sie
andern sollten gezeigt werden. Jch dringe schlech-
terdings darauf, daß du bey Empfang des ge-
genwärtigen sie alle verbrennest.

Jch will dir niemals die unverschämte und
unfreundliche Anmerkung verzeihen, daß ich hier
über ein halb Dutzent Personen von Stande den
Ritter spiele. Besinne dich auch noch dazu auf

deine


Geh zum Teufel! ‒ ‒ Jch will ſchreiben! ‒ ‒
Kann ich etwas anders thun?

Man wollte nicht haben, Belford, daß ich
ſchreiben ſollte ‒ ‒ Jch muß in der That krank
ſeyn, wenn ich nicht ſchreiben kann ‒ ‒



Aber du ſcheinſt empfindlich geworden zu
ſeyn, Bruder! Jſt es deswegen, weil ich aufge-
bracht war? Es ſchickt ſich fuͤr zween Freunde
eben ſo wenig, als fuͤr Mann und Weib, zu glei-
cher Zeit ungeduldig zu ſeyn. ‒ ‒ Was muß es
fuͤr Folgen haben, wenn ſie es ſind? ‒ ‒ Jch
habe itzo keine Luſt, mich zu ſchlagen: ſondern bin
ſo gedultig und laſſe alles mit mir machen, wie
die jungen Huͤner, welche mir in der Bruͤhe ge-
bracht werden ‒ ‒ denn ſo weit iſt es ſchon mit
mir gekommen.

Jch kann dir inzwiſchen ſagen, du magſt dein
eigner Herr ſeyn,
wo du willſt; was die Voll-
ziehung des Teſtaments betrifft: aber das will
ich nimmermehr leiden, daß du meine Briefe
bekannt macheſt und allerley Urtheilen bloßgiebſt.
Sie ſind um die Haͤlfte zu offenherzig, daß ſie
andern ſollten gezeigt werden. Jch dringe ſchlech-
terdings darauf, daß du bey Empfang des ge-
genwaͤrtigen ſie alle verbrenneſt.

Jch will dir niemals die unverſchaͤmte und
unfreundliche Anmerkung verzeihen, daß ich hier
uͤber ein halb Dutzent Perſonen von Stande den
Ritter ſpiele. Beſinne dich auch noch dazu auf

deine
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0774" n="768"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Geh zum Teufel! &#x2012; &#x2012; Jch <hi rendition="#fr">will</hi> &#x017F;chreiben! &#x2012; &#x2012;<lb/>
Kann ich etwas anders thun?</p><lb/>
          <p>Man wollte nicht haben, Belford, daß ich<lb/>
&#x017F;chreiben &#x017F;ollte &#x2012; &#x2012; Jch muß in der That krank<lb/>
&#x017F;eyn, wenn ich nicht &#x017F;chreiben kann &#x2012; &#x2012;</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Aber du &#x017F;chein&#x017F;t empfindlich geworden zu<lb/>
&#x017F;eyn, Bruder! J&#x017F;t es deswegen, weil ich aufge-<lb/>
bracht war? Es &#x017F;chickt &#x017F;ich fu&#x0364;r zween Freunde<lb/>
eben &#x017F;o wenig, als fu&#x0364;r Mann und Weib, zu glei-<lb/>
cher Zeit ungeduldig zu &#x017F;eyn. &#x2012; &#x2012; Was muß es<lb/>
fu&#x0364;r Folgen haben, wenn &#x017F;ie es &#x017F;ind? &#x2012; &#x2012; Jch<lb/>
habe itzo keine Lu&#x017F;t, mich zu &#x017F;chlagen: &#x017F;ondern bin<lb/>
&#x017F;o gedultig und la&#x017F;&#x017F;e alles mit mir machen, wie<lb/>
die jungen Hu&#x0364;ner, welche mir in der Bru&#x0364;he ge-<lb/>
bracht werden &#x2012; &#x2012; denn &#x017F;o weit i&#x017F;t es &#x017F;chon mit<lb/>
mir gekommen.</p><lb/>
          <p>Jch kann dir inzwi&#x017F;chen &#x017F;agen, du mag&#x017F;t <hi rendition="#fr">dein<lb/>
eigner Herr &#x017F;eyn,</hi> wo du will&#x017F;t; was die Voll-<lb/>
ziehung des Te&#x017F;taments betrifft: aber das will<lb/>
ich nimmermehr leiden, daß du meine Briefe<lb/>
bekannt mache&#x017F;t und allerley Urtheilen bloßgieb&#x017F;t.<lb/>
Sie &#x017F;ind um die Ha&#x0364;lfte zu offenherzig, daß &#x017F;ie<lb/>
andern &#x017F;ollten gezeigt werden. Jch dringe &#x017F;chlech-<lb/>
terdings darauf, daß du bey Empfang des ge-<lb/>
genwa&#x0364;rtigen &#x017F;ie alle verbrenne&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Jch will dir niemals die unver&#x017F;cha&#x0364;mte und<lb/>
unfreundliche Anmerkung verzeihen, daß ich hier<lb/>
u&#x0364;ber ein halb Dutzent Per&#x017F;onen von Stande den<lb/><hi rendition="#fr">Ritter &#x017F;piele.</hi> Be&#x017F;inne dich auch noch dazu auf<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">deine</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[768/0774] Geh zum Teufel! ‒ ‒ Jch will ſchreiben! ‒ ‒ Kann ich etwas anders thun? Man wollte nicht haben, Belford, daß ich ſchreiben ſollte ‒ ‒ Jch muß in der That krank ſeyn, wenn ich nicht ſchreiben kann ‒ ‒ Aber du ſcheinſt empfindlich geworden zu ſeyn, Bruder! Jſt es deswegen, weil ich aufge- bracht war? Es ſchickt ſich fuͤr zween Freunde eben ſo wenig, als fuͤr Mann und Weib, zu glei- cher Zeit ungeduldig zu ſeyn. ‒ ‒ Was muß es fuͤr Folgen haben, wenn ſie es ſind? ‒ ‒ Jch habe itzo keine Luſt, mich zu ſchlagen: ſondern bin ſo gedultig und laſſe alles mit mir machen, wie die jungen Huͤner, welche mir in der Bruͤhe ge- bracht werden ‒ ‒ denn ſo weit iſt es ſchon mit mir gekommen. Jch kann dir inzwiſchen ſagen, du magſt dein eigner Herr ſeyn, wo du willſt; was die Voll- ziehung des Teſtaments betrifft: aber das will ich nimmermehr leiden, daß du meine Briefe bekannt macheſt und allerley Urtheilen bloßgiebſt. Sie ſind um die Haͤlfte zu offenherzig, daß ſie andern ſollten gezeigt werden. Jch dringe ſchlech- terdings darauf, daß du bey Empfang des ge- genwaͤrtigen ſie alle verbrenneſt. Jch will dir niemals die unverſchaͤmte und unfreundliche Anmerkung verzeihen, daß ich hier uͤber ein halb Dutzent Perſonen von Stande den Ritter ſpiele. Beſinne dich auch noch dazu auf deine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/774
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 768. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/774>, abgerufen am 26.06.2024.