den seyd: so laßt uns dieß bey unserer ersten Zu- sammenkunft untersuchen. Alsdenn will ich euch zeigen, was ich für Auszüge gemacht, und wie ich sie zu eurem Vortheil verbunden habe.
Allein du wirst doch gewiß mir nicht vor- schreiben wollen, was ich wegen der Vollziehung ihres letzten Willens thun oder nicht thun soll.
Jch bin mein eigner Herr, wie ich hoffe. Meinen Gedanken nach sollte es dir lieb seyn, daß die Rechtfertigung ihres Andenkens einem überlassen ist, der zugleich, wie du versichert seyn magst, mit dir und deinen Handlungen nach aller Gelindigkeit verfahren wird, welche die Umstän- de nur immer zulassen wollen.
Jch kann nicht umhin, meine höchste Ver- wunderung über eine Probe von deiner Partey- lichkeit für dich selbst zu erkennen zu geben. Sie ist in der Stelle, wo du sagst: Sie hätte in der That selbst wohl nöthig, um Barmherzigkeit von ihren Freunden zu schreyen, da sie selbst nicht weiß, wie sie Barmherzigkeit beweisen soll.
Jn Wahrheit, du kannst die Fälle nicht für einerley ansehen! - - Denn sie verlangt, wie ich vernehme, nur einen letzten Segen und eine letz- te Vergebung für einen Fehler, der gewisserma- ßen wider ihren Willen begangen ist, wo man ihn noch einmal einen Fehler nennen kann, und hoffet nicht wieder angenommen zu werden. Du willst für vorsetzliche Uebelthaten; die sie gleichwohl vergiebet, unter der Bedingung, daß du ihr nicht mehr beschwerlich fallest; Verge-
bung
den ſeyd: ſo laßt uns dieß bey unſerer erſten Zu- ſammenkunft unterſuchen. Alsdenn will ich euch zeigen, was ich fuͤr Auszuͤge gemacht, und wie ich ſie zu eurem Vortheil verbunden habe.
Allein du wirſt doch gewiß mir nicht vor- ſchreiben wollen, was ich wegen der Vollziehung ihres letzten Willens thun oder nicht thun ſoll.
Jch bin mein eigner Herr, wie ich hoffe. Meinen Gedanken nach ſollte es dir lieb ſeyn, daß die Rechtfertigung ihres Andenkens einem uͤberlaſſen iſt, der zugleich, wie du verſichert ſeyn magſt, mit dir und deinen Handlungen nach aller Gelindigkeit verfahren wird, welche die Umſtaͤn- de nur immer zulaſſen wollen.
Jch kann nicht umhin, meine hoͤchſte Ver- wunderung uͤber eine Probe von deiner Partey- lichkeit fuͤr dich ſelbſt zu erkennen zu geben. Sie iſt in der Stelle, wo du ſagſt: Sie haͤtte in der That ſelbſt wohl noͤthig, um Barmherzigkeit von ihren Freunden zu ſchreyen, da ſie ſelbſt nicht weiß, wie ſie Barmherzigkeit beweiſen ſoll.
Jn Wahrheit, du kannſt die Faͤlle nicht fuͤr einerley anſehen! ‒ ‒ Denn ſie verlangt, wie ich vernehme, nur einen letzten Segen und eine letz- te Vergebung fuͤr einen Fehler, der gewiſſerma- ßen wider ihren Willen begangen iſt, wo man ihn noch einmal einen Fehler nennen kann, und hoffet nicht wieder angenommen zu werden. Du willſt fuͤr vorſetzliche Uebelthaten; die ſie gleichwohl vergiebet, unter der Bedingung, daß du ihr nicht mehr beſchwerlich falleſt; Verge-
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den ſeyd: ſo laßt uns dieß bey unſerer erſten Zu-
ſammenkunft unterſuchen. Alsdenn will ich euch
zeigen, was ich fuͤr Auszuͤge gemacht, und wie
ich ſie zu eurem Vortheil verbunden habe.
Allein du wirſt doch gewiß mir nicht vor-
ſchreiben wollen, was ich wegen der Vollziehung
ihres letzten Willens thun oder nicht thun ſoll.
Jch bin mein eigner Herr, wie ich hoffe.
Meinen Gedanken nach ſollte es dir lieb ſeyn,
daß die Rechtfertigung ihres Andenkens einem
uͤberlaſſen iſt, der zugleich, wie du verſichert ſeyn
magſt, mit dir und deinen Handlungen nach aller
Gelindigkeit verfahren wird, welche die Umſtaͤn-
de nur immer zulaſſen wollen.
Jch kann nicht umhin, meine hoͤchſte Ver-
wunderung uͤber eine Probe von deiner Partey-
lichkeit fuͤr dich ſelbſt zu erkennen zu geben. Sie
iſt in der Stelle, wo du ſagſt: Sie haͤtte in der
That ſelbſt wohl noͤthig, um Barmherzigkeit von
ihren Freunden zu ſchreyen, da ſie ſelbſt nicht
weiß, wie ſie Barmherzigkeit beweiſen ſoll.
Jn Wahrheit, du kannſt die Faͤlle nicht fuͤr
einerley anſehen! ‒ ‒ Denn ſie verlangt, wie ich
vernehme, nur einen letzten Segen und eine letz-
te Vergebung fuͤr einen Fehler, der gewiſſerma-
ßen wider ihren Willen begangen iſt, wo man
ihn noch einmal einen Fehler nennen kann, und
hoffet nicht wieder angenommen zu werden.
Du willſt fuͤr vorſetzliche Uebelthaten; die ſie
gleichwohl vergiebet, unter der Bedingung, daß
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 722. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/728>, abgerufen am 23.11.2024.
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