der Art, daß du dir eher hättest die Zunge aus- reißen lassen, als gestehen sollen, dergleichen em- pfangen zu haben! Diese sollen ihr dennoch itzo mitgetheilet werden! Allein ich beschwöre dich, und wehe dir, wo es zu spät ist! daß du ihr nicht mit einer Zeile von mir gefällig zu werden su- chest.
Wo du es gethan hast: so soll die geringste Rache, welche ich nehmen will, die seyn, daß ich meine Ehre, worauf ich dir versprochen habe, sie nicht zu besuchen, aus den Augen setzen will, gleichwie du in Mittheilung solcher Briefe, die unter dem Siegel der Freundschaft geschrieben sind, die deinige aus den Augen gesetzt haben wirst.
Jch bin nun, zu allzu großem Leidwesen für meine Hoffnung, durch ihren Brief an meine Ba- se Charlotte überzeuget, daß sie sich fest vorge- nommen hat, mich niemals zu nehmen.
Unerhörte Bosheit, nennet sie mein Ver- brechen gegen sie. Aber wie weiß sie, wozu die Hitze einer feurigen Liebe treiben werde? Wie weiß sie die gehörige Unterscheidungen der Wor- te, welche sie in diesem Falle gebraucht? - - Wenn sie das ärgste denkt, und bey solchen sehr bedenklichen Umständen Vergleichungen an- stellen kann: muß sie denn nicht weniger zärt- lich von Gemüthe seyn, als ich mir von ihr einge- bildet hatte? - - Jedoch, sie hat gehört, daß der Teufel schwarz ist: und weil sie Lust hat, einen aus mir zu machen; so stößt sie zwanzig Feuer-
maur-
der Art, daß du dir eher haͤtteſt die Zunge aus- reißen laſſen, als geſtehen ſollen, dergleichen em- pfangen zu haben! Dieſe ſollen ihr dennoch itzo mitgetheilet werden! Allein ich beſchwoͤre dich, und wehe dir, wo es zu ſpaͤt iſt! daß du ihr nicht mit einer Zeile von mir gefaͤllig zu werden ſu- cheſt.
Wo du es gethan haſt: ſo ſoll die geringſte Rache, welche ich nehmen will, die ſeyn, daß ich meine Ehre, worauf ich dir verſprochen habe, ſie nicht zu beſuchen, aus den Augen ſetzen will, gleichwie du in Mittheilung ſolcher Briefe, die unter dem Siegel der Freundſchaft geſchrieben ſind, die deinige aus den Augen geſetzt haben wirſt.
Jch bin nun, zu allzu großem Leidweſen fuͤr meine Hoffnung, durch ihren Brief an meine Ba- ſe Charlotte uͤberzeuget, daß ſie ſich feſt vorge- nommen hat, mich niemals zu nehmen.
Unerhoͤrte Bosheit, nennet ſie mein Ver- brechen gegen ſie. Aber wie weiß ſie, wozu die Hitze einer feurigen Liebe treiben werde? Wie weiß ſie die gehoͤrige Unterſcheidungen der Wor- te, welche ſie in dieſem Falle gebraucht? ‒ ‒ Wenn ſie das aͤrgſte denkt, und bey ſolchen ſehr bedenklichen Umſtaͤnden Vergleichungen an- ſtellen kann: muß ſie denn nicht weniger zaͤrt- lich von Gemuͤthe ſeyn, als ich mir von ihr einge- bildet hatte? ‒ ‒ Jedoch, ſie hat gehoͤrt, daß der Teufel ſchwarz iſt: und weil ſie Luſt hat, einen aus mir zu machen; ſo ſtoͤßt ſie zwanzig Feuer-
maur-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0712"n="706"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
der Art, daß du dir eher haͤtteſt die Zunge aus-<lb/>
reißen laſſen, als geſtehen ſollen, dergleichen em-<lb/>
pfangen zu haben! Dieſe ſollen <hirendition="#fr">ihr</hi> dennoch itzo<lb/>
mitgetheilet werden! Allein ich beſchwoͤre dich,<lb/>
und wehe dir, wo es zu ſpaͤt iſt! daß du ihr nicht<lb/>
mit einer Zeile von mir gefaͤllig zu werden ſu-<lb/>
cheſt.</p><lb/><p>Wo du es gethan <hirendition="#fr">haſt:</hi>ſo ſoll die geringſte<lb/>
Rache, welche ich nehmen will, die ſeyn, daß ich<lb/><hirendition="#fr">meine</hi> Ehre, worauf ich dir verſprochen habe, ſie<lb/>
nicht zu beſuchen, aus den Augen ſetzen will,<lb/>
gleichwie du in Mittheilung ſolcher Briefe, die<lb/>
unter dem Siegel der Freundſchaft geſchrieben<lb/>ſind, die <hirendition="#fr">deinige</hi> aus den Augen geſetzt haben<lb/>
wirſt.</p><lb/><p>Jch bin nun, zu allzu großem Leidweſen fuͤr<lb/>
meine Hoffnung, durch ihren Brief an meine Ba-<lb/>ſe Charlotte uͤberzeuget, daß ſie ſich feſt vorge-<lb/>
nommen hat, mich niemals zu nehmen.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Unerhoͤrte Bosheit,</hi> nennet ſie mein Ver-<lb/>
brechen gegen ſie. Aber wie weiß <hirendition="#fr">ſie,</hi> wozu die<lb/>
Hitze einer feurigen Liebe treiben werde? Wie<lb/>
weiß <hirendition="#fr">ſie</hi> die gehoͤrige Unterſcheidungen der Wor-<lb/>
te, welche ſie in dieſem Falle gebraucht? ‒‒<lb/>
Wenn ſie das <hirendition="#fr">aͤrgſte</hi> denkt, und bey ſolchen <hirendition="#fr">ſehr</hi><lb/>
bedenklichen Umſtaͤnden <hirendition="#fr">Vergleichungen an-<lb/>ſtellen</hi> kann: muß ſie denn nicht weniger zaͤrt-<lb/>
lich von Gemuͤthe ſeyn, als ich mir von ihr einge-<lb/>
bildet hatte? ‒‒ Jedoch, ſie hat gehoͤrt, daß der<lb/>
Teufel ſchwarz iſt: und weil ſie Luſt hat, einen<lb/>
aus mir zu machen; ſo ſtoͤßt ſie zwanzig Feuer-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">maur-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[706/0712]
der Art, daß du dir eher haͤtteſt die Zunge aus-
reißen laſſen, als geſtehen ſollen, dergleichen em-
pfangen zu haben! Dieſe ſollen ihr dennoch itzo
mitgetheilet werden! Allein ich beſchwoͤre dich,
und wehe dir, wo es zu ſpaͤt iſt! daß du ihr nicht
mit einer Zeile von mir gefaͤllig zu werden ſu-
cheſt.
Wo du es gethan haſt: ſo ſoll die geringſte
Rache, welche ich nehmen will, die ſeyn, daß ich
meine Ehre, worauf ich dir verſprochen habe, ſie
nicht zu beſuchen, aus den Augen ſetzen will,
gleichwie du in Mittheilung ſolcher Briefe, die
unter dem Siegel der Freundſchaft geſchrieben
ſind, die deinige aus den Augen geſetzt haben
wirſt.
Jch bin nun, zu allzu großem Leidweſen fuͤr
meine Hoffnung, durch ihren Brief an meine Ba-
ſe Charlotte uͤberzeuget, daß ſie ſich feſt vorge-
nommen hat, mich niemals zu nehmen.
Unerhoͤrte Bosheit, nennet ſie mein Ver-
brechen gegen ſie. Aber wie weiß ſie, wozu die
Hitze einer feurigen Liebe treiben werde? Wie
weiß ſie die gehoͤrige Unterſcheidungen der Wor-
te, welche ſie in dieſem Falle gebraucht? ‒ ‒
Wenn ſie das aͤrgſte denkt, und bey ſolchen ſehr
bedenklichen Umſtaͤnden Vergleichungen an-
ſtellen kann: muß ſie denn nicht weniger zaͤrt-
lich von Gemuͤthe ſeyn, als ich mir von ihr einge-
bildet hatte? ‒ ‒ Jedoch, ſie hat gehoͤrt, daß der
Teufel ſchwarz iſt: und weil ſie Luſt hat, einen
aus mir zu machen; ſo ſtoͤßt ſie zwanzig Feuer-
maur-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 706. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/712>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.