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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

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her ward er niemals verwirrt gemacht, und konn-
te sich dreist erklären, daß er sie vor Engeln und
Menschen vertheidigen wollte. Ja gegen seine
Freunde, die ihm widerrathen wollten, sich der
Gefahr bloszustellen und vor dem Kayser Carl
dem V. zu Speyer zu erscheinen, ließ er sich verlau-
ten, daß er hingehen wollte, wenn auch so
viel Teufel zu Speyer, als Ziegel auf den
Dächern wären.
Eine Antwort, die noch heu-
tiges Tages von einem jeden sächsischen Prote-
stanten bewundert wird.

Da also deine unglückliche Ungeschicklichkeit
deinen Gründen ihre Stärke benimmt: so denke
ich, du thätest besser, wenigstens für itzo, nicht
bey ihr darauf zu bestehen, daß sie die Vergüti-
gung, wozu ich mich erbiete, annehme. Sonst
möchte das beständige Plagen, mir zu vergeben,
sie nur bestärken, die Vergebung abzuschlagen:
bis sie gar, um nur mit sich selbst einig zu
seyn,
genöthigt wird, bey einem Entschlusse, der
so oft bekannt ist, fest zu halten. Hingegen,
wenn sie sich selbst überlassen ist: so wird ein we-
nig Zeit und bessere Gesundheit, welche ihr bes-
sere Lebensgeister verschaffen werden, einen leb-
haftern Unwillen in ihr erwecken; dieser lebhaf-
tere Unwillen wird sie zu heftigen Gemüthsbewe-
gungen leiten; die heftigen Gemüthsbewegungen
werden sich legen, und in Klagen und Unterre-
dungen verwandelt werden; alsdenn werden
meine Freunde sich ins Mittel schlagen und Ge-
währ für mich leisten; und alle unsere Unruhe

an
Sechster Theil. O o



her ward er niemals verwirrt gemacht, und konn-
te ſich dreiſt erklaͤren, daß er ſie vor Engeln und
Menſchen vertheidigen wollte. Ja gegen ſeine
Freunde, die ihm widerrathen wollten, ſich der
Gefahr bloszuſtellen und vor dem Kayſer Carl
dem V. zu Speyer zu erſcheinen, ließ er ſich verlau-
ten, daß er hingehen wollte, wenn auch ſo
viel Teufel zu Speyer, als Ziegel auf den
Daͤchern waͤren.
Eine Antwort, die noch heu-
tiges Tages von einem jeden ſaͤchſiſchen Prote-
ſtanten bewundert wird.

Da alſo deine ungluͤckliche Ungeſchicklichkeit
deinen Gruͤnden ihre Staͤrke benimmt: ſo denke
ich, du thaͤteſt beſſer, wenigſtens fuͤr itzo, nicht
bey ihr darauf zu beſtehen, daß ſie die Verguͤti-
gung, wozu ich mich erbiete, annehme. Sonſt
moͤchte das beſtaͤndige Plagen, mir zu vergeben,
ſie nur beſtaͤrken, die Vergebung abzuſchlagen:
bis ſie gar, um nur mit ſich ſelbſt einig zu
ſeyn,
genoͤthigt wird, bey einem Entſchluſſe, der
ſo oft bekannt iſt, feſt zu halten. Hingegen,
wenn ſie ſich ſelbſt uͤberlaſſen iſt: ſo wird ein we-
nig Zeit und beſſere Geſundheit, welche ihr beſ-
ſere Lebensgeiſter verſchaffen werden, einen leb-
haftern Unwillen in ihr erwecken; dieſer lebhaf-
tere Unwillen wird ſie zu heftigen Gemuͤthsbewe-
gungen leiten; die heftigen Gemuͤthsbewegungen
werden ſich legen, und in Klagen und Unterre-
dungen verwandelt werden; alsdenn werden
meine Freunde ſich ins Mittel ſchlagen und Ge-
waͤhr fuͤr mich leiſten; und alle unſere Unruhe

an
Sechſter Theil. O o
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[577/0583] her ward er niemals verwirrt gemacht, und konn- te ſich dreiſt erklaͤren, daß er ſie vor Engeln und Menſchen vertheidigen wollte. Ja gegen ſeine Freunde, die ihm widerrathen wollten, ſich der Gefahr bloszuſtellen und vor dem Kayſer Carl dem V. zu Speyer zu erſcheinen, ließ er ſich verlau- ten, daß er hingehen wollte, wenn auch ſo viel Teufel zu Speyer, als Ziegel auf den Daͤchern waͤren. Eine Antwort, die noch heu- tiges Tages von einem jeden ſaͤchſiſchen Prote- ſtanten bewundert wird. Da alſo deine ungluͤckliche Ungeſchicklichkeit deinen Gruͤnden ihre Staͤrke benimmt: ſo denke ich, du thaͤteſt beſſer, wenigſtens fuͤr itzo, nicht bey ihr darauf zu beſtehen, daß ſie die Verguͤti- gung, wozu ich mich erbiete, annehme. Sonſt moͤchte das beſtaͤndige Plagen, mir zu vergeben, ſie nur beſtaͤrken, die Vergebung abzuſchlagen: bis ſie gar, um nur mit ſich ſelbſt einig zu ſeyn, genoͤthigt wird, bey einem Entſchluſſe, der ſo oft bekannt iſt, feſt zu halten. Hingegen, wenn ſie ſich ſelbſt uͤberlaſſen iſt: ſo wird ein we- nig Zeit und beſſere Geſundheit, welche ihr beſ- ſere Lebensgeiſter verſchaffen werden, einen leb- haftern Unwillen in ihr erwecken; dieſer lebhaf- tere Unwillen wird ſie zu heftigen Gemuͤthsbewe- gungen leiten; die heftigen Gemuͤthsbewegungen werden ſich legen, und in Klagen und Unterre- dungen verwandelt werden; alsdenn werden meine Freunde ſich ins Mittel ſchlagen und Ge- waͤhr fuͤr mich leiſten; und alle unſere Unruhe an Sechſter Theil. O o

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 577. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/583>, abgerufen am 22.11.2024.