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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

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kostet hat. O! was hat dieser undankbare und
zwiefachschuldige Mensch nicht zu verantworten!

Jnzwischen wissen sie nicht, was Jhnen Gott
noch aufbehalten hat. - - Sollten Sie aber,
zur Lehre und Warnung anderer, in einem so
wichtigen Falle, um eines einzigen Fehltrittes
willen, Jhre ganze Lebenszeit hier Strafe leiden
müssen: so belieben Sie zu erwägen, daß dieß Le-
ben nur ein Stand der Prüfung sey. Sind Sie
in demselben geläutert: so werden Sie hiernächst
in größerem Maaße belohnet werden, daß Sie sich
mit Gedult und gänzlicher Ergebung in den göttli-
chen Willen der weisen Fügung überlassen haben.

Sie sehen, meine liebste Fräulein Clärchen,
daß ich kein Bedenken trage, den Schritt, den
Sie gethan haben, einen Fehltritt zu nennen.
An Jhnen war er so viel weniger, als an einer
andern jungen Fräulein, zu entschuldigen: weil
Sie nicht allein höhere Gaben hatten; sondern
Jhre und seine Gemüthsart einander so sehr ent-
gegen waren. Hätte man Sie gereizet, Jhres
Vaters Haus zu verlassen: so war es doch eben
nicht nöthig, bey ihm zu seyn. Aber es war auch,
in der That, nicht nöthig, daß ich Jhnen dieß
schriebe: ohne nur, um Jhnen ein Beweis von
meiner unpartheyischen Liebe zu geben (*).

Nach
(*) Frau Norton urtheilte nur nach den Vorstellun-
gen und harten Reden der Familie. Sie wußte
nicht, daß Clarissa sich fest entschlossen hatte,
nicht mit dem Herrn Lovelace fortzugehen: auch
nicht,
C 3



koſtet hat. O! was hat dieſer undankbare und
zwiefachſchuldige Menſch nicht zu verantworten!

Jnzwiſchen wiſſen ſie nicht, was Jhnen Gott
noch aufbehalten hat. ‒ ‒ Sollten Sie aber,
zur Lehre und Warnung anderer, in einem ſo
wichtigen Falle, um eines einzigen Fehltrittes
willen, Jhre ganze Lebenszeit hier Strafe leiden
muͤſſen: ſo belieben Sie zu erwaͤgen, daß dieß Le-
ben nur ein Stand der Pruͤfung ſey. Sind Sie
in demſelben gelaͤutert: ſo werden Sie hiernaͤchſt
in groͤßerem Maaße belohnet werden, daß Sie ſich
mit Gedult und gaͤnzlicher Ergebung in den goͤttli-
chen Willen der weiſen Fuͤgung uͤberlaſſen haben.

Sie ſehen, meine liebſte Fraͤulein Claͤrchen,
daß ich kein Bedenken trage, den Schritt, den
Sie gethan haben, einen Fehltritt zu nennen.
An Jhnen war er ſo viel weniger, als an einer
andern jungen Fraͤulein, zu entſchuldigen: weil
Sie nicht allein hoͤhere Gaben hatten; ſondern
Jhre und ſeine Gemuͤthsart einander ſo ſehr ent-
gegen waren. Haͤtte man Sie gereizet, Jhres
Vaters Haus zu verlaſſen: ſo war es doch eben
nicht noͤthig, bey ihm zu ſeyn. Aber es war auch,
in der That, nicht noͤthig, daß ich Jhnen dieß
ſchriebe: ohne nur, um Jhnen ein Beweis von
meiner unpartheyiſchen Liebe zu geben (*).

Nach
(*) Frau Norton urtheilte nur nach den Vorſtellun-
gen und harten Reden der Familie. Sie wußte
nicht, daß Clariſſa ſich feſt entſchloſſen hatte,
nicht mit dem Herrn Lovelace fortzugehen: auch
nicht,
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[37/0043] koſtet hat. O! was hat dieſer undankbare und zwiefachſchuldige Menſch nicht zu verantworten! Jnzwiſchen wiſſen ſie nicht, was Jhnen Gott noch aufbehalten hat. ‒ ‒ Sollten Sie aber, zur Lehre und Warnung anderer, in einem ſo wichtigen Falle, um eines einzigen Fehltrittes willen, Jhre ganze Lebenszeit hier Strafe leiden muͤſſen: ſo belieben Sie zu erwaͤgen, daß dieß Le- ben nur ein Stand der Pruͤfung ſey. Sind Sie in demſelben gelaͤutert: ſo werden Sie hiernaͤchſt in groͤßerem Maaße belohnet werden, daß Sie ſich mit Gedult und gaͤnzlicher Ergebung in den goͤttli- chen Willen der weiſen Fuͤgung uͤberlaſſen haben. Sie ſehen, meine liebſte Fraͤulein Claͤrchen, daß ich kein Bedenken trage, den Schritt, den Sie gethan haben, einen Fehltritt zu nennen. An Jhnen war er ſo viel weniger, als an einer andern jungen Fraͤulein, zu entſchuldigen: weil Sie nicht allein hoͤhere Gaben hatten; ſondern Jhre und ſeine Gemuͤthsart einander ſo ſehr ent- gegen waren. Haͤtte man Sie gereizet, Jhres Vaters Haus zu verlaſſen: ſo war es doch eben nicht noͤthig, bey ihm zu ſeyn. Aber es war auch, in der That, nicht noͤthig, daß ich Jhnen dieß ſchriebe: ohne nur, um Jhnen ein Beweis von meiner unpartheyiſchen Liebe zu geben (*). Nach (*) Frau Norton urtheilte nur nach den Vorſtellun- gen und harten Reden der Familie. Sie wußte nicht, daß Clariſſa ſich feſt entſchloſſen hatte, nicht mit dem Herrn Lovelace fortzugehen: auch nicht, C 3

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/43>, abgerufen am 23.11.2024.