"ich, für ihre gute Wünsche. - - Aber es be- "traf, nach ihrem Gedanken, ihre Ehre, sein "Geheimniß zu verschweigen: es betraf vielleicht "desto mehr ihre Ehre; je schändlicher das Ge- "heimniß war. Jedoch erlauben sie mir zu wün- "schen, Herr Belford, daß sie im Stande seyn "möchten, die Ergötzungen zu empfinden, welche "in einem gütigen Gemüthe aus tugendhafter "Freundschast entspringen! - - Keine andere ist "dieses heil. Namens würdig. Sie scheinen ein "leutseliger Mensch zu seyn: ich hoffe, um ihrer "selbst willen, daß sie noch einmal den Unterschied "ersahren werden. Geschieht es: so denken sie "an Fräulein Howe und Clarissa Harlowe; ich "finde, sie wissen viel von meiner Geschichte; "welche durch ihre Freundschaft unter einander "die glücklichsten Personen in der Welt waren, "bis dieser ihr Freund" - - Hier brach sie ab, und wandte das Gesicht von mir.
Wo du dich selbst einen schändlichen Rän- keschmieder nennest, da sprach sie: "O was für "ein verhärteter Bösewicht ist dieser Mensch, "daß er sich selbst sein Verbrechen vorhält, und "sich doch nicht schämet!
Bey der Stelle, wo du schreibst, Melde mir, wie man ihr begegnet habe: Wehe dem, der Schuld daran ist, wo man hart mit ihr umgegangen, bemerkte sie folgendes mit ei- ner unwilligen Miene: "Was für ein Mensch "ist ihr Freund, mein Herr! - - Soll ein sol- "cher Mann, als er ist, sich aufwerfen, die Schul-
digen
Z 4
„ich, fuͤr ihre gute Wuͤnſche. ‒ ‒ Aber es be- „traf, nach ihrem Gedanken, ihre Ehre, ſein „Geheimniß zu verſchweigen: es betraf vielleicht „deſto mehr ihre Ehre; je ſchaͤndlicher das Ge- „heimniß war. Jedoch erlauben ſie mir zu wuͤn- „ſchen, Herr Belford, daß ſie im Stande ſeyn „moͤchten, die Ergoͤtzungen zu empfinden, welche „in einem guͤtigen Gemuͤthe aus tugendhafter „Freundſchaſt entſpringen! ‒ ‒ Keine andere iſt „dieſes heil. Namens wuͤrdig. Sie ſcheinen ein „leutſeliger Menſch zu ſeyn: ich hoffe, um ihrer „ſelbſt willen, daß ſie noch einmal den Unterſchied „erſahren werden. Geſchieht es: ſo denken ſie „an Fraͤulein Howe und Clariſſa Harlowe; ich „finde, ſie wiſſen viel von meiner Geſchichte; „welche durch ihre Freundſchaft unter einander „die gluͤcklichſten Perſonen in der Welt waren, „bis dieſer ihr Freund“ ‒ ‒ Hier brach ſie ab, und wandte das Geſicht von mir.
Wo du dich ſelbſt einen ſchaͤndlichen Raͤn- keſchmieder nenneſt, da ſprach ſie: „O was fuͤr „ein verhaͤrteter Boͤſewicht iſt dieſer Menſch, „daß er ſich ſelbſt ſein Verbrechen vorhaͤlt, und „ſich doch nicht ſchaͤmet!
Bey der Stelle, wo du ſchreibſt, Melde mir, wie man ihr begegnet habe: Wehe dem, der Schuld daran iſt, wo man hart mit ihr umgegangen, bemerkte ſie folgendes mit ei- ner unwilligen Miene: „Was fuͤr ein Menſch „iſt ihr Freund, mein Herr! ‒ ‒ Soll ein ſol- „cher Mann, als er iſt, ſich aufwerfen, die Schul-
digen
Z 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0365"n="359"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>„<hirendition="#fr">ich,</hi> fuͤr ihre gute Wuͤnſche. ‒‒ Aber es be-<lb/>„traf, nach ihrem Gedanken, ihre Ehre, ſein<lb/>„Geheimniß zu verſchweigen: es betraf vielleicht<lb/>„deſto mehr ihre Ehre; je ſchaͤndlicher das Ge-<lb/>„heimniß war. Jedoch erlauben ſie mir zu wuͤn-<lb/>„ſchen, Herr Belford, daß ſie im Stande ſeyn<lb/>„moͤchten, die Ergoͤtzungen zu empfinden, welche<lb/>„in einem guͤtigen Gemuͤthe aus <hirendition="#fr">tugendhafter</hi><lb/>„Freundſchaſt entſpringen! ‒‒ Keine andere iſt<lb/>„dieſes heil. Namens wuͤrdig. Sie ſcheinen ein<lb/>„leutſeliger Menſch zu ſeyn: ich hoffe, um ihrer<lb/>„ſelbſt willen, daß ſie noch einmal den Unterſchied<lb/>„erſahren werden. Geſchieht es: ſo denken ſie<lb/>„an Fraͤulein Howe und Clariſſa Harlowe; ich<lb/>„finde, ſie wiſſen viel von meiner Geſchichte;<lb/>„welche durch ihre Freundſchaft unter einander<lb/>„die gluͤcklichſten Perſonen in der Welt waren,<lb/>„bis dieſer ihr Freund“‒‒ Hier brach ſie ab,<lb/>
und wandte das Geſicht von mir.</p><lb/><p>Wo du dich ſelbſt einen <hirendition="#fr">ſchaͤndlichen Raͤn-<lb/>
keſchmieder</hi> nenneſt, da ſprach ſie: „O was fuͤr<lb/>„ein verhaͤrteter Boͤſewicht iſt dieſer Menſch,<lb/>„daß er ſich ſelbſt ſein Verbrechen vorhaͤlt, und<lb/>„ſich doch nicht ſchaͤmet!</p><lb/><p>Bey der Stelle, wo du ſchreibſt, <hirendition="#fr">Melde mir,<lb/>
wie man ihr begegnet habe: Wehe dem,<lb/>
der Schuld daran iſt, wo man hart mit<lb/>
ihr umgegangen,</hi> bemerkte ſie folgendes mit ei-<lb/>
ner unwilligen Miene: „Was fuͤr ein Menſch<lb/>„iſt ihr Freund, mein Herr! ‒‒ Soll ein ſol-<lb/>„cher Mann, als <hirendition="#fr">er</hi> iſt, ſich aufwerfen, die Schul-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Z 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">digen</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[359/0365]
„ich, fuͤr ihre gute Wuͤnſche. ‒ ‒ Aber es be-
„traf, nach ihrem Gedanken, ihre Ehre, ſein
„Geheimniß zu verſchweigen: es betraf vielleicht
„deſto mehr ihre Ehre; je ſchaͤndlicher das Ge-
„heimniß war. Jedoch erlauben ſie mir zu wuͤn-
„ſchen, Herr Belford, daß ſie im Stande ſeyn
„moͤchten, die Ergoͤtzungen zu empfinden, welche
„in einem guͤtigen Gemuͤthe aus tugendhafter
„Freundſchaſt entſpringen! ‒ ‒ Keine andere iſt
„dieſes heil. Namens wuͤrdig. Sie ſcheinen ein
„leutſeliger Menſch zu ſeyn: ich hoffe, um ihrer
„ſelbſt willen, daß ſie noch einmal den Unterſchied
„erſahren werden. Geſchieht es: ſo denken ſie
„an Fraͤulein Howe und Clariſſa Harlowe; ich
„finde, ſie wiſſen viel von meiner Geſchichte;
„welche durch ihre Freundſchaft unter einander
„die gluͤcklichſten Perſonen in der Welt waren,
„bis dieſer ihr Freund“ ‒ ‒ Hier brach ſie ab,
und wandte das Geſicht von mir.
Wo du dich ſelbſt einen ſchaͤndlichen Raͤn-
keſchmieder nenneſt, da ſprach ſie: „O was fuͤr
„ein verhaͤrteter Boͤſewicht iſt dieſer Menſch,
„daß er ſich ſelbſt ſein Verbrechen vorhaͤlt, und
„ſich doch nicht ſchaͤmet!
Bey der Stelle, wo du ſchreibſt, Melde mir,
wie man ihr begegnet habe: Wehe dem,
der Schuld daran iſt, wo man hart mit
ihr umgegangen, bemerkte ſie folgendes mit ei-
ner unwilligen Miene: „Was fuͤr ein Menſch
„iſt ihr Freund, mein Herr! ‒ ‒ Soll ein ſol-
„cher Mann, als er iſt, ſich aufwerfen, die Schul-
digen
Z 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/365>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.