Art, für deine künftige Glückseligkeit! - - Was für eine edelgesinnte Person hast du beleidiget!
Sie machte eine harte Anmerkung über mich, als ich diese Worte las - - Auf euren Knieen bitter für mich um Verzeihung - - "Sie "hatten in allen Stücken ihre Vorschrift, mein "Herr, sprach sie, wie sie sich verhalten sollten, da "sie zu mir kamen, mich loszumachen. - - Sie "ließen sich so weit herab, daß sie knieeten. Jch "dachte, es wäre eine Wirkung von ihrer eignen "Leutseligkeit und ihrem gutherzigen Verlangen, "mir zu dienen. Verzeihen sie mir, mein Herr, "ich wußte nicht, daß sie nur darinn einer gege- "benen Vorschrift folgten."
Dieß machte mich nicht wenig bekümmert. Jch konnte nicht ertragen, daß ich für ein so elen- des Werkzeug, das sich als eine Puppe von an- dern regieren läßt, für einen solchen Joseph Leh- mann, einen solchen Tomlinson angesehen würde - - Daher bemühete ich mich, mit einiger Hitze, diese Anmerkung gänzlich von mir abzulehnen: und sie bat mich wieder um Verzeihung. "Jch "bekennte mich selbst, sprach sie, für den Freund "von einem Menschen, dessen Freundschaft, wie "sie Ursache hätte, ungern zu sagen, keinem eine "gute Meynung bey andern erwerben könnte." - - Sie bat mich, weiter zu lesen. Jch that es: aber fuhr hernach nicht viel besser. Denn,
Bey der Stelle, wo ihr schreibt, daß ich al- lezeit ihr Freund und Fürsprecher gewesen wäre, war dieß ihre unbeantwortliche Anmerkung:
"Jch
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Art, fuͤr deine kuͤnftige Gluͤckſeligkeit! ‒ ‒ Was fuͤr eine edelgeſinnte Perſon haſt du beleidiget!
Sie machte eine harte Anmerkung uͤber mich, als ich dieſe Worte las ‒ ‒ Auf euren Knieen bitter fuͤr mich um Verzeihung ‒ ‒ „Sie „hatten in allen Stuͤcken ihre Vorſchrift, mein „Herr, ſprach ſie, wie ſie ſich verhalten ſollten, da „ſie zu mir kamen, mich loszumachen. ‒ ‒ Sie „ließen ſich ſo weit herab, daß ſie knieeten. Jch „dachte, es waͤre eine Wirkung von ihrer eignen „Leutſeligkeit und ihrem gutherzigen Verlangen, „mir zu dienen. Verzeihen ſie mir, mein Herr, „ich wußte nicht, daß ſie nur darinn einer gege- „benen Vorſchrift folgten.“
Dieß machte mich nicht wenig bekuͤmmert. Jch konnte nicht ertragen, daß ich fuͤr ein ſo elen- des Werkzeug, das ſich als eine Puppe von an- dern regieren laͤßt, fuͤr einen ſolchen Joſeph Leh- mann, einen ſolchen Tomlinſon angeſehen wuͤrde ‒ ‒ Daher bemuͤhete ich mich, mit einiger Hitze, dieſe Anmerkung gaͤnzlich von mir abzulehnen: und ſie bat mich wieder um Verzeihung. „Jch „bekennte mich ſelbſt, ſprach ſie, fuͤr den Freund „von einem Menſchen, deſſen Freundſchaft, wie „ſie Urſache haͤtte, ungern zu ſagen, keinem eine „gute Meynung bey andern erwerben koͤnnte.“ ‒ ‒ Sie bat mich, weiter zu leſen. Jch that es: aber fuhr hernach nicht viel beſſer. Denn,
Bey der Stelle, wo ihr ſchreibt, daß ich al- lezeit ihr Freund und Fuͤrſprecher geweſen waͤre, war dieß ihre unbeantwortliche Anmerkung:
„Jch
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„Leutſeligkeit und ihrem gutherzigen Verlangen,
„mir zu dienen. Verzeihen ſie mir, mein Herr,
„ich wußte nicht, daß ſie nur darinn einer gege-
„benen Vorſchrift folgten.“
Dieß machte mich nicht wenig bekuͤmmert.
Jch konnte nicht ertragen, daß ich fuͤr ein ſo elen-
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dern regieren laͤßt, fuͤr einen ſolchen Joſeph Leh-
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‒ ‒ Daher bemuͤhete ich mich, mit einiger Hitze,
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„bekennte mich ſelbſt, ſprach ſie, fuͤr den Freund
„von einem Menſchen, deſſen Freundſchaft, wie
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‒ ‒ Sie bat mich, weiter zu leſen. Jch that es:
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lezeit ihr Freund und Fuͤrſprecher geweſen
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/363>, abgerufen am 23.11.2024.
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