Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



Zweifel wider euch, wegen dieser letzten schändli-
chen Handlung, aus ihrem Gemüthe vertreiben.
Wer weiß alsdenn, was eure edle Verwandten
vielleicht bey ihr für euch ausrichten können, wo
ihr bey eurer Gesinnung bleibt? Denn euer Be-
dienter hat mir erzählet, daß sie wirklich die Fräu-
lein Howe zu ihrem und eurem Besten gewon-
nen hätten, ehe diese verfluchte Sache vorgefal-
len wäre. Jch bitte mir von dir selbst alle Um-
stände aus, damit ich desto besser wissen möge,
wie ich dir dienen können.

Die Fräulein hat hier zwey artige Zimmer,
eine Schlafkammer und einen Saal, und bey je-
dem ein helles Closet. Sie hat schon eine Wär-
terinn; weil die Leute im Hause nur eine Magd
haben; ein Weib, deren Sorgfalt, Fleiß und
Ehrlichkeit Fr. Smithen sehr rühmet. Außer
dem hat sie auch den Vortheil, daß ihr eine Wit-
we von gutem Herkommen freywillig an die
Hand gehet, und sie liebet, wie es scheint. Fr.
Lovick ist ihr Name, und sie wohnt über dem Zim-
mer der Fräulein, welche sehr für sie eingenom-
men scheinet, weil sie etwas an ihr gefunden hat,
wie sie denket, das der Gemüthsart ihrer würdi-
gen Fr. Norton ähnlich ist.

Heute frühe um sieben, scheint es, befand sich
die Fräulein so schlecht, daß sie sich auf aller
Verlangen gefallen ließ, nach einem Apotheker
zu schicken - - - Nicht nach dem Kerl, kannst
du leicht glauben, den sie in Rowlands Hause
gehabt hatte: sondern nach einem gewissen Herrn

God-



Zweifel wider euch, wegen dieſer letzten ſchaͤndli-
chen Handlung, aus ihrem Gemuͤthe vertreiben.
Wer weiß alsdenn, was eure edle Verwandten
vielleicht bey ihr fuͤr euch ausrichten koͤnnen, wo
ihr bey eurer Geſinnung bleibt? Denn euer Be-
dienter hat mir erzaͤhlet, daß ſie wirklich die Fraͤu-
lein Howe zu ihrem und eurem Beſten gewon-
nen haͤtten, ehe dieſe verfluchte Sache vorgefal-
len waͤre. Jch bitte mir von dir ſelbſt alle Um-
ſtaͤnde aus, damit ich deſto beſſer wiſſen moͤge,
wie ich dir dienen koͤnnen.

Die Fraͤulein hat hier zwey artige Zimmer,
eine Schlafkammer und einen Saal, und bey je-
dem ein helles Cloſet. Sie hat ſchon eine Waͤr-
terinn; weil die Leute im Hauſe nur eine Magd
haben; ein Weib, deren Sorgfalt, Fleiß und
Ehrlichkeit Fr. Smithen ſehr ruͤhmet. Außer
dem hat ſie auch den Vortheil, daß ihr eine Wit-
we von gutem Herkommen freywillig an die
Hand gehet, und ſie liebet, wie es ſcheint. Fr.
Lovick iſt ihr Name, und ſie wohnt uͤber dem Zim-
mer der Fraͤulein, welche ſehr fuͤr ſie eingenom-
men ſcheinet, weil ſie etwas an ihr gefunden hat,
wie ſie denket, das der Gemuͤthsart ihrer wuͤrdi-
gen Fr. Norton aͤhnlich iſt.

Heute fruͤhe um ſieben, ſcheint es, befand ſich
die Fraͤulein ſo ſchlecht, daß ſie ſich auf aller
Verlangen gefallen ließ, nach einem Apotheker
zu ſchicken ‒ ‒ ‒ Nicht nach dem Kerl, kannſt
du leicht glauben, den ſie in Rowlands Hauſe
gehabt hatte: ſondern nach einem gewiſſen Herrn

God-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0353" n="347"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Zweifel wider euch, wegen die&#x017F;er letzten &#x017F;cha&#x0364;ndli-<lb/>
chen Handlung, aus ihrem Gemu&#x0364;the vertreiben.<lb/>
Wer weiß alsdenn, was eure edle Verwandten<lb/>
vielleicht bey ihr fu&#x0364;r euch ausrichten ko&#x0364;nnen, wo<lb/>
ihr bey eurer Ge&#x017F;innung bleibt? Denn euer Be-<lb/>
dienter hat mir erza&#x0364;hlet, daß &#x017F;ie wirklich die Fra&#x0364;u-<lb/>
lein Howe zu ihrem und eurem Be&#x017F;ten gewon-<lb/>
nen ha&#x0364;tten, ehe die&#x017F;e verfluchte Sache vorgefal-<lb/>
len wa&#x0364;re. Jch bitte mir von dir &#x017F;elb&#x017F;t alle Um-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;nde aus, damit ich de&#x017F;to be&#x017F;&#x017F;er wi&#x017F;&#x017F;en mo&#x0364;ge,<lb/>
wie ich dir dienen ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
          <p>Die Fra&#x0364;ulein hat hier zwey artige Zimmer,<lb/>
eine Schlafkammer und einen Saal, und bey je-<lb/>
dem ein helles Clo&#x017F;et. Sie hat &#x017F;chon eine Wa&#x0364;r-<lb/>
terinn; weil die Leute im Hau&#x017F;e nur eine Magd<lb/>
haben; ein Weib, deren Sorgfalt, Fleiß und<lb/>
Ehrlichkeit Fr. Smithen &#x017F;ehr ru&#x0364;hmet. Außer<lb/>
dem hat &#x017F;ie auch den Vortheil, daß ihr eine Wit-<lb/>
we von gutem Herkommen freywillig an die<lb/>
Hand gehet, und &#x017F;ie <hi rendition="#fr">liebet,</hi> wie es &#x017F;cheint. Fr.<lb/>
Lovick i&#x017F;t ihr Name, und &#x017F;ie wohnt u&#x0364;ber dem Zim-<lb/>
mer der Fra&#x0364;ulein, welche &#x017F;ehr fu&#x0364;r &#x017F;ie eingenom-<lb/>
men &#x017F;cheinet, weil &#x017F;ie etwas an ihr gefunden hat,<lb/>
wie &#x017F;ie denket, das der Gemu&#x0364;thsart ihrer wu&#x0364;rdi-<lb/>
gen Fr. Norton a&#x0364;hnlich i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Heute fru&#x0364;he um &#x017F;ieben, &#x017F;cheint es, befand &#x017F;ich<lb/>
die Fra&#x0364;ulein &#x017F;o &#x017F;chlecht, daß &#x017F;ie &#x017F;ich auf aller<lb/>
Verlangen gefallen ließ, nach einem Apotheker<lb/>
zu &#x017F;chicken &#x2012; &#x2012; &#x2012; Nicht nach dem Kerl, kann&#x017F;t<lb/>
du leicht glauben, den &#x017F;ie in Rowlands Hau&#x017F;e<lb/>
gehabt hatte: &#x017F;ondern nach einem gewi&#x017F;&#x017F;en Herrn<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">God-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[347/0353] Zweifel wider euch, wegen dieſer letzten ſchaͤndli- chen Handlung, aus ihrem Gemuͤthe vertreiben. Wer weiß alsdenn, was eure edle Verwandten vielleicht bey ihr fuͤr euch ausrichten koͤnnen, wo ihr bey eurer Geſinnung bleibt? Denn euer Be- dienter hat mir erzaͤhlet, daß ſie wirklich die Fraͤu- lein Howe zu ihrem und eurem Beſten gewon- nen haͤtten, ehe dieſe verfluchte Sache vorgefal- len waͤre. Jch bitte mir von dir ſelbſt alle Um- ſtaͤnde aus, damit ich deſto beſſer wiſſen moͤge, wie ich dir dienen koͤnnen. Die Fraͤulein hat hier zwey artige Zimmer, eine Schlafkammer und einen Saal, und bey je- dem ein helles Cloſet. Sie hat ſchon eine Waͤr- terinn; weil die Leute im Hauſe nur eine Magd haben; ein Weib, deren Sorgfalt, Fleiß und Ehrlichkeit Fr. Smithen ſehr ruͤhmet. Außer dem hat ſie auch den Vortheil, daß ihr eine Wit- we von gutem Herkommen freywillig an die Hand gehet, und ſie liebet, wie es ſcheint. Fr. Lovick iſt ihr Name, und ſie wohnt uͤber dem Zim- mer der Fraͤulein, welche ſehr fuͤr ſie eingenom- men ſcheinet, weil ſie etwas an ihr gefunden hat, wie ſie denket, das der Gemuͤthsart ihrer wuͤrdi- gen Fr. Norton aͤhnlich iſt. Heute fruͤhe um ſieben, ſcheint es, befand ſich die Fraͤulein ſo ſchlecht, daß ſie ſich auf aller Verlangen gefallen ließ, nach einem Apotheker zu ſchicken ‒ ‒ ‒ Nicht nach dem Kerl, kannſt du leicht glauben, den ſie in Rowlands Hauſe gehabt hatte: ſondern nach einem gewiſſen Herrn God-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/353
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/353>, abgerufen am 14.08.2024.