nun offenbar sähe, diese neue Beschimpfung an- gestiftet hätte, damit er sie nöthigen möchte, seine schändliche Bedingungen anzunehmen.
Warum, fragten sie, wollte sie denn nicht an ihre Freunde schreiben, die Forderung der Frau Sinclair richtig zu machen?
Weil sie hoffete, daß sie nicht lange irgend je- mand beschwerlich seyn würde, und weil sie wüß- te, daß die Bezahlung des Geldes, wenn sie es im Stande wäre zu bezahlen, nicht dasjenige wäre, worauf man sein Absehen gerichtet hätte.
Sarah hat mir bekannt, daß sie der Fräu- lein geantwortet hätte, sie glaubte in der Wahr- heit eben so guten Herkommens und eben so wohl erzogen zu seyn, als sie, ob sie gleich auf kein so ansehnliches Vermögen Anspruch gehabt hätte. Ja sie war so unverschämt, gegen mich darauf zu bestehen, daß es die Wahrheit sey.
Sie hatte die Vermessenheit, gegen die Fräu- lein noch dieß hinzuzusetzen, daß sie eben so viel Ursache hätte, als sie, zu erwarten, daß Herr Lovelace sie heyrathen würde: indem er mit ihr einen Vertrag gemacht, es zu thun, ehe er jemals die Fräulein Clarissa Harlowe gekannt. Sie hätte darüber noch dazu seine Hand und Siegel: - - sonst würde er seine Absicht nicht erreicht haben. Daher wäre es nicht glaublich, daß sie so dienstfertig seyn sollte, seine Sache ge- gen sich selbst zu treiben: wenn sie gedächte, daß Herr Lovelace dergleichen Absichten auf sie hätte,
als
nun offenbar ſaͤhe, dieſe neue Beſchimpfung an- geſtiftet haͤtte, damit er ſie noͤthigen moͤchte, ſeine ſchaͤndliche Bedingungen anzunehmen.
Warum, fragten ſie, wollte ſie denn nicht an ihre Freunde ſchreiben, die Forderung der Frau Sinclair richtig zu machen?
Weil ſie hoffete, daß ſie nicht lange irgend je- mand beſchwerlich ſeyn wuͤrde, und weil ſie wuͤß- te, daß die Bezahlung des Geldes, wenn ſie es im Stande waͤre zu bezahlen, nicht dasjenige waͤre, worauf man ſein Abſehen gerichtet haͤtte.
Sarah hat mir bekannt, daß ſie der Fraͤu- lein geantwortet haͤtte, ſie glaubte in der Wahr- heit eben ſo guten Herkommens und eben ſo wohl erzogen zu ſeyn, als ſie, ob ſie gleich auf kein ſo anſehnliches Vermoͤgen Anſpruch gehabt haͤtte. Ja ſie war ſo unverſchaͤmt, gegen mich darauf zu beſtehen, daß es die Wahrheit ſey.
Sie hatte die Vermeſſenheit, gegen die Fraͤu- lein noch dieß hinzuzuſetzen, daß ſie eben ſo viel Urſache haͤtte, als ſie, zu erwarten, daß Herr Lovelace ſie heyrathen wuͤrde: indem er mit ihr einen Vertrag gemacht, es zu thun, ehe er jemals die Fraͤulein Clariſſa Harlowe gekannt. Sie haͤtte daruͤber noch dazu ſeine Hand und Siegel: ‒ ‒ ſonſt wuͤrde er ſeine Abſicht nicht erreicht haben. Daher waͤre es nicht glaublich, daß ſie ſo dienſtfertig ſeyn ſollte, ſeine Sache ge- gen ſich ſelbſt zu treiben: wenn ſie gedaͤchte, daß Herr Lovelace dergleichen Abſichten auf ſie haͤtte,
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nun offenbar ſaͤhe, dieſe neue Beſchimpfung an-
geſtiftet haͤtte, damit er ſie noͤthigen moͤchte, ſeine
ſchaͤndliche Bedingungen anzunehmen.
Warum, fragten ſie, wollte ſie denn nicht an
ihre Freunde ſchreiben, die Forderung der Frau
Sinclair richtig zu machen?
Weil ſie hoffete, daß ſie nicht lange irgend je-
mand beſchwerlich ſeyn wuͤrde, und weil ſie wuͤß-
te, daß die Bezahlung des Geldes, wenn ſie es
im Stande waͤre zu bezahlen, nicht dasjenige
waͤre, worauf man ſein Abſehen gerichtet
haͤtte.
Sarah hat mir bekannt, daß ſie der Fraͤu-
lein geantwortet haͤtte, ſie glaubte in der Wahr-
heit eben ſo guten Herkommens und eben ſo wohl
erzogen zu ſeyn, als ſie, ob ſie gleich auf kein ſo
anſehnliches Vermoͤgen Anſpruch gehabt haͤtte.
Ja ſie war ſo unverſchaͤmt, gegen mich darauf zu
beſtehen, daß es die Wahrheit ſey.
Sie hatte die Vermeſſenheit, gegen die Fraͤu-
lein noch dieß hinzuzuſetzen, daß ſie eben ſo viel
Urſache haͤtte, als ſie, zu erwarten, daß Herr
Lovelace ſie heyrathen wuͤrde: indem er mit ihr
einen Vertrag gemacht, es zu thun, ehe er jemals
die Fraͤulein Clariſſa Harlowe gekannt. Sie
haͤtte daruͤber noch dazu ſeine Hand und Siegel:
‒ ‒ ſonſt wuͤrde er ſeine Abſicht nicht erreicht
haben. Daher waͤre es nicht glaublich,
daß ſie ſo dienſtfertig ſeyn ſollte, ſeine Sache ge-
gen ſich ſelbſt zu treiben: wenn ſie gedaͤchte, daß
Herr Lovelace dergleichen Abſichten auf ſie haͤtte,
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/309>, abgerufen am 22.11.2024.
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