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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

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Denn Jhre fernere Freundschaft, meine Wer-
theste, und das Verlangen, welches ich hatte,
bis an das Ende meines Lebens Briefe mit Jh-
nen zu wechseln, waren alle Hoffnung und aller
Trost, den ich für mich übrig sahe. Jnzwi-
schen, da diese Freundschaft in der Gewalt des
Herzens, nicht der Hand allein, stehet, hoffe ich,
dieselbe nicht zu verlieren.

O! meine Allerliebste! was für ein schweres
Gewicht hat eines Vaters Fluch! - - Sie kön-
nen es sich nimmermehr einbilden - - Jedoch
ich will gegen Sie hievon nichts gedenken; da
Jhnen meine Angehörigen niemals gefallen ha-
ben. - - Eine Aussöhnung mit denselben ist nicht
zu hoffen!

Jch habe einen Brief an Jungfer Rawlins,
zu Hampstead, geschrieben. Die Antwort darauf,
welche ich eben itzo bekommen habe, hat mir ge-
holfen, daß ich hinter die schändliche Erfindung
gekommen bin, wodurch dieser gottlose Kerl Jh-
ren Brief vom 10ten Jun. aufzufangen gewußt.
Jch will Jhnen den Jnhalt von beyden mit-
theilen.

Jn meiner Zuschrift an sie melde ich ihr
"was mich durch die Bosheit der Weibsleute,
"welche bey mir für die Tante und Base des
"gottlosesten Menschen ausgegeben waren, betrof-
"fen habe, und bekenne, daß ich niemals mit
"ihm verheyrathet worden. Jch ersuche sie, ge-
"naue Nachfrage zu thun, und mich wissen zu
"lassen, wer es in Frau Moorens Hause gewe-

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Denn Jhre fernere Freundſchaft, meine Wer-
theſte, und das Verlangen, welches ich hatte,
bis an das Ende meines Lebens Briefe mit Jh-
nen zu wechſeln, waren alle Hoffnung und aller
Troſt, den ich fuͤr mich uͤbrig ſahe. Jnzwi-
ſchen, da dieſe Freundſchaft in der Gewalt des
Herzens, nicht der Hand allein, ſtehet, hoffe ich,
dieſelbe nicht zu verlieren.

O! meine Allerliebſte! was fuͤr ein ſchweres
Gewicht hat eines Vaters Fluch! ‒ ‒ Sie koͤn-
nen es ſich nimmermehr einbilden ‒ ‒ Jedoch
ich will gegen Sie hievon nichts gedenken; da
Jhnen meine Angehoͤrigen niemals gefallen ha-
ben. ‒ ‒ Eine Ausſoͤhnung mit denſelben iſt nicht
zu hoffen!

Jch habe einen Brief an Jungfer Rawlins,
zu Hampſtead, geſchrieben. Die Antwort darauf,
welche ich eben itzo bekommen habe, hat mir ge-
holfen, daß ich hinter die ſchaͤndliche Erfindung
gekommen bin, wodurch dieſer gottloſe Kerl Jh-
ren Brief vom 10ten Jun. aufzufangen gewußt.
Jch will Jhnen den Jnhalt von beyden mit-
theilen.

Jn meiner Zuſchrift an ſie melde ich ihr
„was mich durch die Bosheit der Weibsleute,
„welche bey mir fuͤr die Tante und Baſe des
„gottloſeſten Menſchen ausgegeben waren, betrof-
„fen habe, und bekenne, daß ich niemals mit
„ihm verheyrathet worden. Jch erſuche ſie, ge-
„naue Nachfrage zu thun, und mich wiſſen zu
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[165/0171] Denn Jhre fernere Freundſchaft, meine Wer- theſte, und das Verlangen, welches ich hatte, bis an das Ende meines Lebens Briefe mit Jh- nen zu wechſeln, waren alle Hoffnung und aller Troſt, den ich fuͤr mich uͤbrig ſahe. Jnzwi- ſchen, da dieſe Freundſchaft in der Gewalt des Herzens, nicht der Hand allein, ſtehet, hoffe ich, dieſelbe nicht zu verlieren. O! meine Allerliebſte! was fuͤr ein ſchweres Gewicht hat eines Vaters Fluch! ‒ ‒ Sie koͤn- nen es ſich nimmermehr einbilden ‒ ‒ Jedoch ich will gegen Sie hievon nichts gedenken; da Jhnen meine Angehoͤrigen niemals gefallen ha- ben. ‒ ‒ Eine Ausſoͤhnung mit denſelben iſt nicht zu hoffen! Jch habe einen Brief an Jungfer Rawlins, zu Hampſtead, geſchrieben. Die Antwort darauf, welche ich eben itzo bekommen habe, hat mir ge- holfen, daß ich hinter die ſchaͤndliche Erfindung gekommen bin, wodurch dieſer gottloſe Kerl Jh- ren Brief vom 10ten Jun. aufzufangen gewußt. Jch will Jhnen den Jnhalt von beyden mit- theilen. Jn meiner Zuſchrift an ſie melde ich ihr „was mich durch die Bosheit der Weibsleute, „welche bey mir fuͤr die Tante und Baſe des „gottloſeſten Menſchen ausgegeben waren, betrof- „fen habe, und bekenne, daß ich niemals mit „ihm verheyrathet worden. Jch erſuche ſie, ge- „naue Nachfrage zu thun, und mich wiſſen zu „laſſen, wer es in Frau Moorens Hauſe gewe- ſen L 3

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/171>, abgerufen am 23.11.2024.