Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



der Fr. Sinclair und ihren Nymphen nicht so
unschuldig ist, als der mit der Fr. Moore und der
Jungfer Rawlins. Jch glaube wirklich im
Ernst, daß ich solche Dinge an dem einen Orte
sagen und schreiben kann, die ich an dem andern
nicht sagen und schreiben kann, noch auch in der
That sonst irgendwo.

Jch kam heute frühe um sieben zur Stadt:
- - nachdem ich vorher alle nöthige Verhaltungs-
regeln zu geben, und alle nöthige Vorsichtigkeit
einzuschärfen, eingedenk gewesen war.

Jch bat mir die Gewogenheit aus, vorgelas-
sen zu werden, ehe ich abreisete. Jch wollte gern
sehen, welches von ihren lieblichen Gesichtern ihr
anzunehmen beliebet hätte, nachdem noch eine
Nacht verstrichen war. Aber, sie war entschlos-
sen, wie ich befand, unsern Streit unentschieden
zu lassen. Sie wollte mir nicht einmal eine so
bequeme Gelegenheit verstatten, daß ich sie er-
suchen könnte, ihn beyzulegen, ehe die Lady Elisa-
beth und meine Base ankämen.

Jch hatte durch ein paar Zeilen, die mir eben,
als ich abgehen wollte, durch einen Kerl zu Pfer-
de überbracht wurden, Nachricht von meinem
Anwalt, daß seit zween Tagen alle Schwierigkei-
ten gehoben wären, und daß ich den Trauschein
nur abholen dürfte.

Jch schickte meiner Geliebten den Brief durch
Fr. Bevis hinauf. Er verschaffte mir aber kei-

nen



der Fr. Sinclair und ihren Nymphen nicht ſo
unſchuldig iſt, als der mit der Fr. Moore und der
Jungfer Rawlins. Jch glaube wirklich im
Ernſt, daß ich ſolche Dinge an dem einen Orte
ſagen und ſchreiben kann, die ich an dem andern
nicht ſagen und ſchreiben kann, noch auch in der
That ſonſt irgendwo.

Jch kam heute fruͤhe um ſieben zur Stadt:
‒ ‒ nachdem ich vorher alle noͤthige Verhaltungs-
regeln zu geben, und alle noͤthige Vorſichtigkeit
einzuſchaͤrfen, eingedenk geweſen war.

Jch bat mir die Gewogenheit aus, vorgelaſ-
ſen zu werden, ehe ich abreiſete. Jch wollte gern
ſehen, welches von ihren lieblichen Geſichtern ihr
anzunehmen beliebet haͤtte, nachdem noch eine
Nacht verſtrichen war. Aber, ſie war entſchloſ-
ſen, wie ich befand, unſern Streit unentſchieden
zu laſſen. Sie wollte mir nicht einmal eine ſo
bequeme Gelegenheit verſtatten, daß ich ſie er-
ſuchen koͤnnte, ihn beyzulegen, ehe die Lady Eliſa-
beth und meine Baſe ankaͤmen.

Jch hatte durch ein paar Zeilen, die mir eben,
als ich abgehen wollte, durch einen Kerl zu Pfer-
de uͤberbracht wurden, Nachricht von meinem
Anwalt, daß ſeit zween Tagen alle Schwierigkei-
ten gehoben waͤren, und daß ich den Trauſchein
nur abholen duͤrfte.

Jch ſchickte meiner Geliebten den Brief durch
Fr. Bevis hinauf. Er verſchaffte mir aber kei-

nen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0560" n="554"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
der Fr. Sinclair und ihren Nymphen nicht &#x017F;o<lb/>
un&#x017F;chuldig i&#x017F;t, als der mit der Fr. Moore und der<lb/>
Jungfer Rawlins. Jch glaube wirklich im<lb/>
Ern&#x017F;t, daß ich &#x017F;olche Dinge an dem einen Orte<lb/>
&#x017F;agen und &#x017F;chreiben kann, die ich an dem andern<lb/>
nicht &#x017F;agen und &#x017F;chreiben kann, noch auch in der<lb/>
That &#x017F;on&#x017F;t irgendwo.</p><lb/>
          <p>Jch kam heute fru&#x0364;he um &#x017F;ieben zur Stadt:<lb/>
&#x2012; &#x2012; nachdem ich vorher alle no&#x0364;thige Verhaltungs-<lb/>
regeln zu geben, und alle no&#x0364;thige Vor&#x017F;ichtigkeit<lb/>
einzu&#x017F;cha&#x0364;rfen, eingedenk gewe&#x017F;en war.</p><lb/>
          <p>Jch bat mir die Gewogenheit aus, vorgela&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en zu werden, ehe ich abrei&#x017F;ete. Jch wollte gern<lb/>
&#x017F;ehen, welches von ihren lieblichen Ge&#x017F;ichtern ihr<lb/>
anzunehmen beliebet ha&#x0364;tte, nachdem noch eine<lb/>
Nacht ver&#x017F;trichen war. Aber, &#x017F;ie war ent&#x017F;chlo&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, wie ich befand, un&#x017F;ern Streit unent&#x017F;chieden<lb/>
zu la&#x017F;&#x017F;en. Sie wollte mir nicht einmal eine &#x017F;o<lb/>
bequeme Gelegenheit ver&#x017F;tatten, daß ich &#x017F;ie er-<lb/>
&#x017F;uchen ko&#x0364;nnte, ihn beyzulegen, ehe die Lady Eli&#x017F;a-<lb/>
beth und meine Ba&#x017F;e anka&#x0364;men.</p><lb/>
          <p>Jch hatte durch ein paar Zeilen, die mir eben,<lb/>
als ich abgehen wollte, durch einen Kerl zu Pfer-<lb/>
de u&#x0364;berbracht wurden, Nachricht von meinem<lb/>
Anwalt, daß &#x017F;eit zween Tagen alle Schwierigkei-<lb/>
ten gehoben wa&#x0364;ren, und daß ich den Trau&#x017F;chein<lb/>
nur abholen du&#x0364;rfte.</p><lb/>
          <p>Jch &#x017F;chickte meiner Geliebten den Brief durch<lb/>
Fr. Bevis hinauf. Er ver&#x017F;chaffte mir aber kei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[554/0560] der Fr. Sinclair und ihren Nymphen nicht ſo unſchuldig iſt, als der mit der Fr. Moore und der Jungfer Rawlins. Jch glaube wirklich im Ernſt, daß ich ſolche Dinge an dem einen Orte ſagen und ſchreiben kann, die ich an dem andern nicht ſagen und ſchreiben kann, noch auch in der That ſonſt irgendwo. Jch kam heute fruͤhe um ſieben zur Stadt: ‒ ‒ nachdem ich vorher alle noͤthige Verhaltungs- regeln zu geben, und alle noͤthige Vorſichtigkeit einzuſchaͤrfen, eingedenk geweſen war. Jch bat mir die Gewogenheit aus, vorgelaſ- ſen zu werden, ehe ich abreiſete. Jch wollte gern ſehen, welches von ihren lieblichen Geſichtern ihr anzunehmen beliebet haͤtte, nachdem noch eine Nacht verſtrichen war. Aber, ſie war entſchloſ- ſen, wie ich befand, unſern Streit unentſchieden zu laſſen. Sie wollte mir nicht einmal eine ſo bequeme Gelegenheit verſtatten, daß ich ſie er- ſuchen koͤnnte, ihn beyzulegen, ehe die Lady Eliſa- beth und meine Baſe ankaͤmen. Jch hatte durch ein paar Zeilen, die mir eben, als ich abgehen wollte, durch einen Kerl zu Pfer- de uͤberbracht wurden, Nachricht von meinem Anwalt, daß ſeit zween Tagen alle Schwierigkei- ten gehoben waͤren, und daß ich den Trauſchein nur abholen duͤrfte. Jch ſchickte meiner Geliebten den Brief durch Fr. Bevis hinauf. Er verſchaffte mir aber kei- nen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/560
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 554. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/560>, abgerufen am 22.11.2024.