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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

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meinen geheimesten Gedanken fragen: ich will
sie entdecken; es sey nun, daß sie für oder wider
mich ausfallen.

Lovel. Edelmüthige Schöne! wer kann so,
wie sie, reden?

Die Weibsleute hielten ihre Hände und Au-
gen in die Höhe: eine jede, als wenn sie, nicht
ich, gesprochen hätte.

Hier ist keine Unordnung, die von einer Ge-
müthskrankheit zeuge, sprach Jungfer Rawlins:
allein wenn sie nach ihrem Herzen urtheilte, so,
glaube ich, dachte sie auch zugleich, daß gewaltig
viel Unwahrscheinliches dabey wäre.

Gewiß recht fein gesprochen, sagte die Wit-
we Bevis und zuckte die Achsel.

Frau Moore seufzete.

Bruder Belford, dachte ich, weiß alle meine
Gedanken. Jch bin in diesem Stücke aufrichti-
ger, als eine von den dreyen Weibspersonen, und
schicke mich wohl zu diesem unvergleichlichen Mu-
ster, ein Paar mit ihr auszumachen.

Cl. Wie Herr Lovelace mich hier aufgespü-
ret habe, kann ich nicht sagen. Aber solche nie-
derträchtige Ränke, so listige so arge Verklei-
dungen, damit er mir seine Gegenwart unerwar-
tet aufdringen möchte; so kühne, so nachtheilige
Unwahrheiten - -

Capit. Haben sie die Gewogenheit, Jhro
Gnaden, mir nur ein Wort in geheim zu erlau-
ben - -

Cl.



meinen geheimeſten Gedanken fragen: ich will
ſie entdecken; es ſey nun, daß ſie fuͤr oder wider
mich ausfallen.

Lovel. Edelmuͤthige Schoͤne! wer kann ſo,
wie ſie, reden?

Die Weibsleute hielten ihre Haͤnde und Au-
gen in die Hoͤhe: eine jede, als wenn ſie, nicht
ich, geſprochen haͤtte.

Hier iſt keine Unordnung, die von einer Ge-
muͤthskrankheit zeuge, ſprach Jungfer Rawlins:
allein wenn ſie nach ihrem Herzen urtheilte, ſo,
glaube ich, dachte ſie auch zugleich, daß gewaltig
viel Unwahrſcheinliches dabey waͤre.

Gewiß recht fein geſprochen, ſagte die Wit-
we Bevis und zuckte die Achſel.

Frau Moore ſeufzete.

Bruder Belford, dachte ich, weiß alle meine
Gedanken. Jch bin in dieſem Stuͤcke aufrichti-
ger, als eine von den dreyen Weibsperſonen, und
ſchicke mich wohl zu dieſem unvergleichlichen Mu-
ſter, ein Paar mit ihr auszumachen.

Cl. Wie Herr Lovelace mich hier aufgeſpuͤ-
ret habe, kann ich nicht ſagen. Aber ſolche nie-
dertraͤchtige Raͤnke, ſo liſtige ſo arge Verklei-
dungen, damit er mir ſeine Gegenwart unerwar-
tet aufdringen moͤchte; ſo kuͤhne, ſo nachtheilige
Unwahrheiten ‒ ‒

Capit. Haben ſie die Gewogenheit, Jhro
Gnaden, mir nur ein Wort in geheim zu erlau-
ben ‒ ‒

Cl.
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[394/0400] meinen geheimeſten Gedanken fragen: ich will ſie entdecken; es ſey nun, daß ſie fuͤr oder wider mich ausfallen. Lovel. Edelmuͤthige Schoͤne! wer kann ſo, wie ſie, reden? Die Weibsleute hielten ihre Haͤnde und Au- gen in die Hoͤhe: eine jede, als wenn ſie, nicht ich, geſprochen haͤtte. Hier iſt keine Unordnung, die von einer Ge- muͤthskrankheit zeuge, ſprach Jungfer Rawlins: allein wenn ſie nach ihrem Herzen urtheilte, ſo, glaube ich, dachte ſie auch zugleich, daß gewaltig viel Unwahrſcheinliches dabey waͤre. Gewiß recht fein geſprochen, ſagte die Wit- we Bevis und zuckte die Achſel. Frau Moore ſeufzete. Bruder Belford, dachte ich, weiß alle meine Gedanken. Jch bin in dieſem Stuͤcke aufrichti- ger, als eine von den dreyen Weibsperſonen, und ſchicke mich wohl zu dieſem unvergleichlichen Mu- ſter, ein Paar mit ihr auszumachen. Cl. Wie Herr Lovelace mich hier aufgeſpuͤ- ret habe, kann ich nicht ſagen. Aber ſolche nie- dertraͤchtige Raͤnke, ſo liſtige ſo arge Verklei- dungen, damit er mir ſeine Gegenwart unerwar- tet aufdringen moͤchte; ſo kuͤhne, ſo nachtheilige Unwahrheiten ‒ ‒ Capit. Haben ſie die Gewogenheit, Jhro Gnaden, mir nur ein Wort in geheim zu erlau- ben ‒ ‒ Cl.

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/400>, abgerufen am 23.11.2024.