O! Herr Capitain! O! meine liebe Frau- enzimmer - - wie glücklich würde ich seyn: wenn ich meine wertheste Gemahlinn zu eben der Ge- sinnung bringen könnte!
Das würde ein sehr glücklicher Ausgang von einer sehr verwirrten Sache seyn, sagte die Wit- we Bevis, und ich sehe nicht, warum wir nicht diese künftige Nacht selbst zu einer Nacht der Freude machen könnten.
Der Capitain lächelte mich mit einem vor- nehmen Gesichte an. Er sähe offenbar genug, sprach er, daß wir bisher beym Kinderspiel ge- blieben wären. Ein Mann von meiner Ge- müths- und Lebensart müßte eine erstaunliche Achtung gegen seine Frau haben: wenn er einen solchen Eigensinn, als dieser ist, leiden könnte. Aber er wollte sich unterstehen, mir eines zu sa- gen, und das wäre dieses. So sehr auch junge wunderliche Weiber in dem Stücke ihren Willen zu haben verlangten: so wäre es doch allemal ein sehr schlimmer Schritt, den der Mann dabey wagte; indem er seiner Vertrauten einen sehr starken Beweis gäbe, wie viel sie über ihn ver- möchte. Er wollte wetten, daß kein Frauenzim- mer von einem solchen Sinne jemals den Mann deswegen höher achtete; sondern vielmehr das Gegentheil. Und man könnte Gründe anfüh- ren, warum sie es nicht thun sollte.
Gut, gut, Herr Capitain: nicht mehr von dieser Sache in Gegenwart der Frauenzimmer. Einer empfindet es wohl, sagte ich auf eine
scham-
O! Herr Capitain! O! meine liebe Frau- enzimmer ‒ ‒ wie gluͤcklich wuͤrde ich ſeyn: wenn ich meine wertheſte Gemahlinn zu eben der Ge- ſinnung bringen koͤnnte!
Das wuͤrde ein ſehr gluͤcklicher Ausgang von einer ſehr verwirrten Sache ſeyn, ſagte die Wit- we Bevis, und ich ſehe nicht, warum wir nicht dieſe kuͤnftige Nacht ſelbſt zu einer Nacht der Freude machen koͤnnten.
Der Capitain laͤchelte mich mit einem vor- nehmen Geſichte an. Er ſaͤhe offenbar genug, ſprach er, daß wir bisher beym Kinderſpiel ge- blieben waͤren. Ein Mann von meiner Ge- muͤths- und Lebensart muͤßte eine erſtaunliche Achtung gegen ſeine Frau haben: wenn er einen ſolchen Eigenſinn, als dieſer iſt, leiden koͤnnte. Aber er wollte ſich unterſtehen, mir eines zu ſa- gen, und das waͤre dieſes. So ſehr auch junge wunderliche Weiber in dem Stuͤcke ihren Willen zu haben verlangten: ſo waͤre es doch allemal ein ſehr ſchlimmer Schritt, den der Mann dabey wagte; indem er ſeiner Vertrauten einen ſehr ſtarken Beweis gaͤbe, wie viel ſie uͤber ihn ver- moͤchte. Er wollte wetten, daß kein Frauenzim- mer von einem ſolchen Sinne jemals den Mann deswegen hoͤher achtete; ſondern vielmehr das Gegentheil. Und man koͤnnte Gruͤnde anfuͤh- ren, warum ſie es nicht thun ſollte.
Gut, gut, Herr Capitain: nicht mehr von dieſer Sache in Gegenwart der Frauenzimmer. Einer empfindet es wohl, ſagte ich auf eine
ſcham-
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O! Herr Capitain! O! meine liebe Frau-
enzimmer ‒ ‒ wie gluͤcklich wuͤrde ich ſeyn: wenn
ich meine wertheſte Gemahlinn zu eben der Ge-
ſinnung bringen koͤnnte!
Das wuͤrde ein ſehr gluͤcklicher Ausgang von
einer ſehr verwirrten Sache ſeyn, ſagte die Wit-
we Bevis, und ich ſehe nicht, warum wir nicht
dieſe kuͤnftige Nacht ſelbſt zu einer Nacht der
Freude machen koͤnnten.
Der Capitain laͤchelte mich mit einem vor-
nehmen Geſichte an. Er ſaͤhe offenbar genug,
ſprach er, daß wir bisher beym Kinderſpiel ge-
blieben waͤren. Ein Mann von meiner Ge-
muͤths- und Lebensart muͤßte eine erſtaunliche
Achtung gegen ſeine Frau haben: wenn er einen
ſolchen Eigenſinn, als dieſer iſt, leiden koͤnnte.
Aber er wollte ſich unterſtehen, mir eines zu ſa-
gen, und das waͤre dieſes. So ſehr auch junge
wunderliche Weiber in dem Stuͤcke ihren Willen
zu haben verlangten: ſo waͤre es doch allemal ein
ſehr ſchlimmer Schritt, den der Mann dabey
wagte; indem er ſeiner Vertrauten einen ſehr
ſtarken Beweis gaͤbe, wie viel ſie uͤber ihn ver-
moͤchte. Er wollte wetten, daß kein Frauenzim-
mer von einem ſolchen Sinne jemals den Mann
deswegen hoͤher achtete; ſondern vielmehr das
Gegentheil. Und man koͤnnte Gruͤnde anfuͤh-
ren, warum ſie es nicht thun ſollte.
Gut, gut, Herr Capitain: nicht mehr von
dieſer Sache in Gegenwart der Frauenzimmer.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/346>, abgerufen am 22.11.2024.
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