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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

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Jch bat, daß man von dieser Unterredung
meine Gemahlinn nicht das geringste mer-
ken ließe,
und sahe noch immer schamhafter aus.
Jhr Hauptfehler, müßte ich gestehen, wäre ihre
allzu große Bedenklichkeit.

Der Capitain sahe starr um sich herum, und
sagte, er glaubte, daß er aus denen Winken, die
ich ihm in der Stadt von meiner Ueber-Liebe
gegeben hätte, und aus dem was nun vorgegan-
gen wäre, errathen könnte, daß wir unsere Ver-
mählung nicht vollendet hätten.

O Bruder, wie einsältig sahe dabey dein
Freund aus! oder wie sehr bemühete er sich viel-
mehr, so auszusehen! wie spröde sahe die gute
Frau Moore aus! wie gezwungen die Jungfer
Rawlins! - - da unterdessen die ehrliche Witwe
Bevis dreist um sich gaffete; und, ob sie gleich
mit dem Munde nur lächelte, mit ihren Augen
in vollem Lachen war, und alle Augen in der Ge-
sellschaft zum Lachen aufzufordern schien.

Er machte die Anmerkung, daß ich ein rech-
ter Phönix unter den Männern wäre, wenn es
so seyn sollte. Er könnte in dem Fall nicht an-
ders hoffen, als daß in einem oder zween Tagen
die ganze Sache glücklich beygelegt seyn, und er
alsdenn das Vergnügen haben würde, ihren On-
kel zu versichern, daß er, so zu sagen, an ihrem
Hochzeitstage gegenwärtig gewesen wäre.

Die Weibsleute schienen sich alle eben diese
Hoffnung mit ihm zu machen.

O!
Y 2


Jch bat, daß man von dieſer Unterredung
meine Gemahlinn nicht das geringſte mer-
ken ließe,
und ſahe noch immer ſchamhafter aus.
Jhr Hauptfehler, muͤßte ich geſtehen, waͤre ihre
allzu große Bedenklichkeit.

Der Capitain ſahe ſtarr um ſich herum, und
ſagte, er glaubte, daß er aus denen Winken, die
ich ihm in der Stadt von meiner Ueber-Liebe
gegeben haͤtte, und aus dem was nun vorgegan-
gen waͤre, errathen koͤnnte, daß wir unſere Ver-
maͤhlung nicht vollendet haͤtten.

O Bruder, wie einſaͤltig ſahe dabey dein
Freund aus! oder wie ſehr bemuͤhete er ſich viel-
mehr, ſo auszuſehen! wie ſproͤde ſahe die gute
Frau Moore aus! wie gezwungen die Jungfer
Rawlins! ‒ ‒ da unterdeſſen die ehrliche Witwe
Bevis dreiſt um ſich gaffete; und, ob ſie gleich
mit dem Munde nur laͤchelte, mit ihren Augen
in vollem Lachen war, und alle Augen in der Ge-
ſellſchaft zum Lachen aufzufordern ſchien.

Er machte die Anmerkung, daß ich ein rech-
ter Phoͤnix unter den Maͤnnern waͤre, wenn es
ſo ſeyn ſollte. Er koͤnnte in dem Fall nicht an-
ders hoffen, als daß in einem oder zween Tagen
die ganze Sache gluͤcklich beygelegt ſeyn, und er
alsdenn das Vergnuͤgen haben wuͤrde, ihren On-
kel zu verſichern, daß er, ſo zu ſagen, an ihrem
Hochzeitstage gegenwaͤrtig geweſen waͤre.

Die Weibsleute ſchienen ſich alle eben dieſe
Hoffnung mit ihm zu machen.

O!
Y 2
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[339/0345] Jch bat, daß man von dieſer Unterredung meine Gemahlinn nicht das geringſte mer- ken ließe, und ſahe noch immer ſchamhafter aus. Jhr Hauptfehler, muͤßte ich geſtehen, waͤre ihre allzu große Bedenklichkeit. Der Capitain ſahe ſtarr um ſich herum, und ſagte, er glaubte, daß er aus denen Winken, die ich ihm in der Stadt von meiner Ueber-Liebe gegeben haͤtte, und aus dem was nun vorgegan- gen waͤre, errathen koͤnnte, daß wir unſere Ver- maͤhlung nicht vollendet haͤtten. O Bruder, wie einſaͤltig ſahe dabey dein Freund aus! oder wie ſehr bemuͤhete er ſich viel- mehr, ſo auszuſehen! wie ſproͤde ſahe die gute Frau Moore aus! wie gezwungen die Jungfer Rawlins! ‒ ‒ da unterdeſſen die ehrliche Witwe Bevis dreiſt um ſich gaffete; und, ob ſie gleich mit dem Munde nur laͤchelte, mit ihren Augen in vollem Lachen war, und alle Augen in der Ge- ſellſchaft zum Lachen aufzufordern ſchien. Er machte die Anmerkung, daß ich ein rech- ter Phoͤnix unter den Maͤnnern waͤre, wenn es ſo ſeyn ſollte. Er koͤnnte in dem Fall nicht an- ders hoffen, als daß in einem oder zween Tagen die ganze Sache gluͤcklich beygelegt ſeyn, und er alsdenn das Vergnuͤgen haben wuͤrde, ihren On- kel zu verſichern, daß er, ſo zu ſagen, an ihrem Hochzeitstage gegenwaͤrtig geweſen waͤre. Die Weibsleute ſchienen ſich alle eben dieſe Hoffnung mit ihm zu machen. O! Y 2

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/345>, abgerufen am 29.09.2024.