Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite


Nicht zu finden, sprach ich - - Wo können
die Hunde hingelaufen seyn?

O mein Herr! fing die Fräulein mit einer
verächtlichen Mine an, nicht weit: ich will Bür-
ge dafür seyn. Einer davon war erst eben unter
dem Fenster, ihrem Befehl gemäß, wie ich ver-
muthe, auf meine Schritte und Tritte Achtung
zu geben - - Allein ich will thun, was mir be-
liebt, und gehen, wohin es mir beliebt: und das
vor ihren Augen.

Gott bewahre mich, daß ich ihnen in irgend
einem Stücke hinderlich seyn sollte, das sie, ohne
sich selbst in Gefahr zu setzen, thun mögen!

Nun glaube ich in der That, daß ihre Absicht
gewesen ist, nach der zwischen ihr und Jungfer
Rawlins bey ihrem Flispern in dem Closet ge-
nommenen Abrede herauszuwischen: vielleicht
nach Jungfer Rawlins Hause.

Sie ging darauf wieder zurück zu der Frau
Moore, und gab ihr etwas, welches ein Diaman-
tener Ring war, wie sich hernach gezeiget hat.
Sie ersuchte dieselbe, nicht mit Flispern, aber mit
einer Mine, die von Mistrauen gegen mich zeug-
te, das als ein Pfand für sie zu behalten, bis sie
ihren Forderungen Genüge thäte; wozu sie bald
Mittel finden würde: da sie itzo nicht mehr Geld
bey sich hätte, als sie brauchen möchte, bis sie zu
einer Bekanntschast käme.

Frau Moore würde gern ausgeschlagen ha-
ben, es anzunehmen: aber sie wollte es sich nicht
abschlagen lassen. Hiernächst wischte sie ihre

Augen


Nicht zu finden, ſprach ich ‒ ‒ Wo koͤnnen
die Hunde hingelaufen ſeyn?

O mein Herr! fing die Fraͤulein mit einer
veraͤchtlichen Mine an, nicht weit: ich will Buͤr-
ge dafuͤr ſeyn. Einer davon war erſt eben unter
dem Fenſter, ihrem Befehl gemaͤß, wie ich ver-
muthe, auf meine Schritte und Tritte Achtung
zu geben ‒ ‒ Allein ich will thun, was mir be-
liebt, und gehen, wohin es mir beliebt: und das
vor ihren Augen.

Gott bewahre mich, daß ich ihnen in irgend
einem Stuͤcke hinderlich ſeyn ſollte, das ſie, ohne
ſich ſelbſt in Gefahr zu ſetzen, thun moͤgen!

Nun glaube ich in der That, daß ihre Abſicht
geweſen iſt, nach der zwiſchen ihr und Jungfer
Rawlins bey ihrem Fliſpern in dem Cloſet ge-
nommenen Abrede herauszuwiſchen: vielleicht
nach Jungfer Rawlins Hauſe.

Sie ging darauf wieder zuruͤck zu der Frau
Moore, und gab ihr etwas, welches ein Diaman-
tener Ring war, wie ſich hernach gezeiget hat.
Sie erſuchte dieſelbe, nicht mit Fliſpern, aber mit
einer Mine, die von Mistrauen gegen mich zeug-
te, das als ein Pfand fuͤr ſie zu behalten, bis ſie
ihren Forderungen Genuͤge thaͤte; wozu ſie bald
Mittel finden wuͤrde: da ſie itzo nicht mehr Geld
bey ſich haͤtte, als ſie brauchen moͤchte, bis ſie zu
einer Bekanntſchaſt kaͤme.

Frau Moore wuͤrde gern ausgeſchlagen ha-
ben, es anzunehmen: aber ſie wollte es ſich nicht
abſchlagen laſſen. Hiernaͤchſt wiſchte ſie ihre

Augen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0312" n="306"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Nicht zu finden, &#x017F;prach ich &#x2012; &#x2012; Wo ko&#x0364;nnen<lb/>
die Hunde hingelaufen &#x017F;eyn?</p><lb/>
          <p>O mein Herr! fing die Fra&#x0364;ulein mit einer<lb/>
vera&#x0364;chtlichen Mine an, nicht weit: ich will Bu&#x0364;r-<lb/>
ge dafu&#x0364;r &#x017F;eyn. Einer davon war er&#x017F;t eben unter<lb/>
dem Fen&#x017F;ter, ihrem Befehl gema&#x0364;ß, wie ich ver-<lb/>
muthe, auf meine Schritte und Tritte Achtung<lb/>
zu geben &#x2012; &#x2012; Allein ich will thun, was mir be-<lb/>
liebt, und gehen, wohin es mir beliebt: und das<lb/>
vor ihren Augen.</p><lb/>
          <p>Gott bewahre mich, daß ich ihnen in irgend<lb/>
einem Stu&#x0364;cke hinderlich &#x017F;eyn &#x017F;ollte, das &#x017F;ie, ohne<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t in Gefahr zu &#x017F;etzen, thun mo&#x0364;gen!</p><lb/>
          <p>Nun glaube ich in der That, daß ihre Ab&#x017F;icht<lb/>
gewe&#x017F;en i&#x017F;t, nach der zwi&#x017F;chen ihr und Jungfer<lb/>
Rawlins bey ihrem Fli&#x017F;pern in dem Clo&#x017F;et ge-<lb/>
nommenen Abrede herauszuwi&#x017F;chen: vielleicht<lb/>
nach Jungfer Rawlins Hau&#x017F;e.</p><lb/>
          <p>Sie ging darauf wieder zuru&#x0364;ck zu der Frau<lb/>
Moore, und gab ihr etwas, welches ein Diaman-<lb/>
tener Ring war, wie &#x017F;ich hernach gezeiget hat.<lb/>
Sie er&#x017F;uchte die&#x017F;elbe, nicht mit Fli&#x017F;pern, aber mit<lb/>
einer Mine, die von Mistrauen gegen mich zeug-<lb/>
te, das als ein Pfand fu&#x0364;r &#x017F;ie zu behalten, bis &#x017F;ie<lb/>
ihren Forderungen Genu&#x0364;ge tha&#x0364;te; wozu &#x017F;ie bald<lb/>
Mittel finden wu&#x0364;rde: da &#x017F;ie itzo nicht mehr Geld<lb/>
bey &#x017F;ich ha&#x0364;tte, als &#x017F;ie brauchen mo&#x0364;chte, bis &#x017F;ie zu<lb/>
einer Bekannt&#x017F;cha&#x017F;t ka&#x0364;me.</p><lb/>
          <p>Frau Moore wu&#x0364;rde gern ausge&#x017F;chlagen ha-<lb/>
ben, es anzunehmen: aber &#x017F;ie wollte es &#x017F;ich nicht<lb/>
ab&#x017F;chlagen la&#x017F;&#x017F;en. Hierna&#x0364;ch&#x017F;t wi&#x017F;chte &#x017F;ie ihre<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Augen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[306/0312] Nicht zu finden, ſprach ich ‒ ‒ Wo koͤnnen die Hunde hingelaufen ſeyn? O mein Herr! fing die Fraͤulein mit einer veraͤchtlichen Mine an, nicht weit: ich will Buͤr- ge dafuͤr ſeyn. Einer davon war erſt eben unter dem Fenſter, ihrem Befehl gemaͤß, wie ich ver- muthe, auf meine Schritte und Tritte Achtung zu geben ‒ ‒ Allein ich will thun, was mir be- liebt, und gehen, wohin es mir beliebt: und das vor ihren Augen. Gott bewahre mich, daß ich ihnen in irgend einem Stuͤcke hinderlich ſeyn ſollte, das ſie, ohne ſich ſelbſt in Gefahr zu ſetzen, thun moͤgen! Nun glaube ich in der That, daß ihre Abſicht geweſen iſt, nach der zwiſchen ihr und Jungfer Rawlins bey ihrem Fliſpern in dem Cloſet ge- nommenen Abrede herauszuwiſchen: vielleicht nach Jungfer Rawlins Hauſe. Sie ging darauf wieder zuruͤck zu der Frau Moore, und gab ihr etwas, welches ein Diaman- tener Ring war, wie ſich hernach gezeiget hat. Sie erſuchte dieſelbe, nicht mit Fliſpern, aber mit einer Mine, die von Mistrauen gegen mich zeug- te, das als ein Pfand fuͤr ſie zu behalten, bis ſie ihren Forderungen Genuͤge thaͤte; wozu ſie bald Mittel finden wuͤrde: da ſie itzo nicht mehr Geld bey ſich haͤtte, als ſie brauchen moͤchte, bis ſie zu einer Bekanntſchaſt kaͤme. Frau Moore wuͤrde gern ausgeſchlagen ha- ben, es anzunehmen: aber ſie wollte es ſich nicht abſchlagen laſſen. Hiernaͤchſt wiſchte ſie ihre Augen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/312
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/312>, abgerufen am 22.11.2024.