keit möchte Sie allzu sehr angreiffen: so hielte ich für besser, ein wenig zu warten; theils we- gen der schon angezeigten Ursachen, theils auch deswegen, damit ich Jhnen so viele kleine Um- stände, als ich könnte, und meine Gedanken dar- über, zu entdecken im Stande seyn möchte. Wenn Sie nun andere Umstände, wie sie vorge- fallen sind oder vorfallen möchten, mit zu Hül- fe nehmen: so denke ich, werden Sie hinlänglich gegen alle seine Anschläge gewaffnet seyn, was für Kunstgriffe er auch brauchen möchte.
*Noch eines. Bieten Sie mich auf: wenn ich Jhnen den geringsten Dienst oder das gering- ste Vergnügen durch meine Gegenwart erwei- sen kann. Jch achte keinen Ruf, ich achte kei- nen Vorwurf. Ja ich achte selbst mein Leben, das denke ich im Ernst, nicht so hoch, als Jhre Ehre und Freundschaft. Denn ist nicht Jhre Ehre meine Ehre? Und ist nicht Jhre Freund- schaft der größte Ruhm für mich in meinem Leben?
Der Himmel bewahre Sie, meine wertheste Freundinn, und erhalte Sie in Ehren und Wohl- ergehen. Dieß ist das Gebet, das stündliche Gebet
Jhrer ewig getreuen und ergebnen Anna Howe. Donnerstags, Morgens um 5 Uhr. Jch habe die ganze Nacht geschrieben.
An
keit moͤchte Sie allzu ſehr angreiffen: ſo hielte ich fuͤr beſſer, ein wenig zu warten; theils we- gen der ſchon angezeigten Urſachen, theils auch deswegen, damit ich Jhnen ſo viele kleine Um- ſtaͤnde, als ich koͤnnte, und meine Gedanken dar- uͤber, zu entdecken im Stande ſeyn moͤchte. Wenn Sie nun andere Umſtaͤnde, wie ſie vorge- fallen ſind oder vorfallen moͤchten, mit zu Huͤl- fe nehmen: ſo denke ich, werden Sie hinlaͤnglich gegen alle ſeine Anſchlaͤge gewaffnet ſeyn, was fuͤr Kunſtgriffe er auch brauchen moͤchte.
*Noch eines. Bieten Sie mich auf: wenn ich Jhnen den geringſten Dienſt oder das gering- ſte Vergnuͤgen durch meine Gegenwart erwei- ſen kann. Jch achte keinen Ruf, ich achte kei- nen Vorwurf. Ja ich achte ſelbſt mein Leben, das denke ich im Ernſt, nicht ſo hoch, als Jhre Ehre und Freundſchaft. Denn iſt nicht Jhre Ehre meine Ehre? Und iſt nicht Jhre Freund- ſchaft der groͤßte Ruhm fuͤr mich in meinem Leben?
Der Himmel bewahre Sie, meine wertheſte Freundinn, und erhalte Sie in Ehren und Wohl- ergehen. Dieß iſt das Gebet, das ſtuͤndliche Gebet
Jhrer ewig getreuen und ergebnen Anna Howe. Donnerſtags, Morgens um 5 Uhr. Jch habe die ganze Nacht geſchrieben.
An
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keit moͤchte Sie allzu ſehr angreiffen: ſo hielte
ich fuͤr beſſer, ein wenig zu warten; theils we-
gen der ſchon angezeigten Urſachen, theils auch
deswegen, damit ich Jhnen ſo viele kleine Um-
ſtaͤnde, als ich koͤnnte, und meine Gedanken dar-
uͤber, zu entdecken im Stande ſeyn moͤchte.
Wenn Sie nun andere Umſtaͤnde, wie ſie vorge-
fallen ſind oder vorfallen moͤchten, mit zu Huͤl-
fe nehmen: ſo denke ich, werden Sie hinlaͤnglich
gegen alle ſeine Anſchlaͤge gewaffnet ſeyn, was fuͤr
Kunſtgriffe er auch brauchen moͤchte.
Noch eines. Bieten Sie mich auf: wenn
ich Jhnen den geringſten Dienſt oder das gering-
ſte Vergnuͤgen durch meine Gegenwart erwei-
ſen kann. Jch achte keinen Ruf, ich achte kei-
nen Vorwurf. Ja ich achte ſelbſt mein Leben,
das denke ich im Ernſt, nicht ſo hoch, als Jhre
Ehre und Freundſchaft. Denn iſt nicht Jhre
Ehre meine Ehre? Und iſt nicht Jhre Freund-
ſchaft der groͤßte Ruhm fuͤr mich in meinem
Leben?
*
Der Himmel bewahre Sie, meine wertheſte
Freundinn, und erhalte Sie in Ehren und Wohl-
ergehen. Dieß iſt das Gebet, das ſtuͤndliche
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/168>, abgerufen am 23.11.2024.
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