Liebeserklärung bringen können. Er ist nicht ein- mal, bis Jhre weisen Angehörigen Sie so, wie sie gethan, verfolgt haben, vermögend gewesen, Sie zu bewegen, daß Sie seinen Antrag unter *dem Namen eines Freyers annähmen - - Er wußte aber, daß er Jhnen wegen seiner ungebun- denen Lebensart nach Jhrem eigenen Geständnisse nicht gefiele. Er konnte Sie daher mit Recht wegen Jhrer kaltsinnigen und gleichgültigen Auf- führung gegen ihn nicht tadeln.
Jhre erste Hauptabsicht bey dem Briefwech- sel, worein er Sie verwickelte, war, Unglück zu verhüten. Er hätte sich also nicht wundern sol- len, daß Sie sich erklären, dem ledigen Stande den Vorzug vor allen Eheverbindungen zu ge- ben. Er wußte, daß Sie diesem allezeit den Vorzug gegeben hatten, und zwar noch vorher, *ehe er Sie mit so vielen Kunstgriffen wegbrachte. Wie war hernach seine Aufführung gegen Sie beschaffen, daß Sie Jhren Entschluß auf einmal ändern sollten?
So war ihre ganze Aufführung regelmäßig, übereinstimmend, und gehorsam gegen die, denen Sie von Geburt Gehorsam schuldig waren: und gegen ihn weder gezwungenspröde, buhlerisch, noch tyrannisch.
*Er hatte es genehm gehalten, sich mit Jhnen unter den von Jhnen gesetzten Bedingungen ein- zulassen und Jhre Gewogenheit bloß von seinen eignen Verdiensten und künftiger Besserung zu erwarten.
Jn
Liebeserklaͤrung bringen koͤnnen. Er iſt nicht ein- mal, bis Jhre weiſen Angehoͤrigen Sie ſo, wie ſie gethan, verfolgt haben, vermoͤgend geweſen, Sie zu bewegen, daß Sie ſeinen Antrag unter *dem Namen eines Freyers annaͤhmen ‒ ‒ Er wußte aber, daß er Jhnen wegen ſeiner ungebun- denen Lebensart nach Jhrem eigenen Geſtaͤndniſſe nicht gefiele. Er konnte Sie daher mit Recht wegen Jhrer kaltſinnigen und gleichguͤltigen Auf- fuͤhrung gegen ihn nicht tadeln.
Jhre erſte Hauptabſicht bey dem Briefwech- ſel, worein er Sie verwickelte, war, Ungluͤck zu verhuͤten. Er haͤtte ſich alſo nicht wundern ſol- len, daß Sie ſich erklaͤren, dem ledigen Stande den Vorzug vor allen Eheverbindungen zu ge- ben. Er wußte, daß Sie dieſem allezeit den Vorzug gegeben hatten, und zwar noch vorher, *ehe er Sie mit ſo vielen Kunſtgriffen wegbrachte. Wie war hernach ſeine Auffuͤhrung gegen Sie beſchaffen, daß Sie Jhren Entſchluß auf einmal aͤndern ſollten?
So war ihre ganze Auffuͤhrung regelmaͤßig, uͤbereinſtimmend, und gehorſam gegen die, denen Sie von Geburt Gehorſam ſchuldig waren: und gegen ihn weder gezwungenſproͤde, buhleriſch, noch tyranniſch.
*Er hatte es genehm gehalten, ſich mit Jhnen unter den von Jhnen geſetzten Bedingungen ein- zulaſſen und Jhre Gewogenheit bloß von ſeinen eignen Verdienſten und kuͤnftiger Beſſerung zu erwarten.
Jn
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Liebeserklaͤrung bringen koͤnnen. Er iſt nicht ein-
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Sie zu bewegen, daß Sie ſeinen Antrag unter
dem Namen eines Freyers annaͤhmen ‒ ‒ Er
wußte aber, daß er Jhnen wegen ſeiner ungebun-
denen Lebensart nach Jhrem eigenen Geſtaͤndniſſe
nicht gefiele. Er konnte Sie daher mit Recht
wegen Jhrer kaltſinnigen und gleichguͤltigen Auf-
fuͤhrung gegen ihn nicht tadeln.
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Jhre erſte Hauptabſicht bey dem Briefwech-
ſel, worein er Sie verwickelte, war, Ungluͤck zu
verhuͤten. Er haͤtte ſich alſo nicht wundern ſol-
len, daß Sie ſich erklaͤren, dem ledigen Stande
den Vorzug vor allen Eheverbindungen zu ge-
ben. Er wußte, daß Sie dieſem allezeit den
Vorzug gegeben hatten, und zwar noch vorher,
ehe er Sie mit ſo vielen Kunſtgriffen wegbrachte.
Wie war hernach ſeine Auffuͤhrung gegen Sie
beſchaffen, daß Sie Jhren Entſchluß auf einmal
aͤndern ſollten?
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So war ihre ganze Auffuͤhrung regelmaͤßig,
uͤbereinſtimmend, und gehorſam gegen die, denen
Sie von Geburt Gehorſam ſchuldig waren: und
gegen ihn weder gezwungenſproͤde, buhleriſch,
noch tyranniſch.
Er hatte es genehm gehalten, ſich mit Jhnen
unter den von Jhnen geſetzten Bedingungen ein-
zulaſſen und Jhre Gewogenheit bloß von ſeinen
eignen Verdienſten und kuͤnftiger Beſſerung zu
erwarten.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/156>, abgerufen am 22.11.2024.
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