ten, als hauptsächliche Stücke zu dem Character dieses vollkommenen Freygeistes in der Lebensart gehören.
Er hasset Jhre ganze Familie, Sie allein aus-* genommen. Und ich habe in meinen Gedanken verschiedne male bemerkt, wie es ihn gebissen und gekränkt hat, daß die Liebe ihn verpflichtet, auf Jhrem Fußschemel zu knien: bloß darum, weil* Sie eine Harlowe sind. - - Dabey ist dieser elende Kerl doch noch einer von den wilden Männern in der Liebe - - Die Liebe, die sonst die unbändigsten Gemüther zahm machet, ist nicht vermögend gewesen, ihn zu bändigen. Sein Stolz und die gute Meynung, welche ihm eini-* ge scheinbare Eigenschaften unter so vielen hassenswürdigen zuwege gebracht, haben ihn* bey unserm Geschlechte, das nach dem Auge ur- theilet, wenig unterscheidet, sich selbst schmeichelt und zu viel trauet, einer allzu guten Aufnahme versichert, als daß er sich auf Beständigkeit, Ge- fälligseyn, und Bändigung seiner unordentlichen Begierden im geringsten befleißigen sollte.
Er hat einige Ursache, gegen alle Manns-* personen und ein Frauenzimmer von Jhrer Fa- milie erbittert zu seyn. Er hat Jhnen, und so gar allen seinen eignen Angehörigen, jederzeit ge- wiesen, daß er seinen Stolz seinen Vortheilen* vorziehe. Er ist ein offenbarer Feind vom Ehe- stande und ein berüchtigter Ränkeschmieder. Er ist voll von seinen Erfindungen und thut groß damit - - Er hat Sie noch niemals zu einer
Liebes-
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ten, als hauptſaͤchliche Stuͤcke zu dem Character dieſes vollkommenen Freygeiſtes in der Lebensart gehoͤren.
Er haſſet Jhre ganze Familie, Sie allein aus-* genommen. Und ich habe in meinen Gedanken verſchiedne male bemerkt, wie es ihn gebiſſen und gekraͤnkt hat, daß die Liebe ihn verpflichtet, auf Jhrem Fußſchemel zu knien: bloß darum, weil* Sie eine Harlowe ſind. ‒ ‒ Dabey iſt dieſer elende Kerl doch noch einer von den wilden Maͤnnern in der Liebe ‒ ‒ Die Liebe, die ſonſt die unbaͤndigſten Gemuͤther zahm machet, iſt nicht vermoͤgend geweſen, ihn zu baͤndigen. Sein Stolz und die gute Meynung, welche ihm eini-* ge ſcheinbare Eigenſchaften unter ſo vielen haſſenswuͤrdigen zuwege gebracht, haben ihn* bey unſerm Geſchlechte, das nach dem Auge ur- theilet, wenig unterſcheidet, ſich ſelbſt ſchmeichelt und zu viel trauet, einer allzu guten Aufnahme verſichert, als daß er ſich auf Beſtaͤndigkeit, Ge- faͤlligſeyn, und Baͤndigung ſeiner unordentlichen Begierden im geringſten befleißigen ſollte.
Er hat einige Urſache, gegen alle Manns-* perſonen und ein Frauenzimmer von Jhrer Fa- milie erbittert zu ſeyn. Er hat Jhnen, und ſo gar allen ſeinen eignen Angehoͤrigen, jederzeit ge- wieſen, daß er ſeinen Stolz ſeinen Vortheilen* vorziehe. Er iſt ein offenbarer Feind vom Ehe- ſtande und ein beruͤchtigter Raͤnkeſchmieder. Er iſt voll von ſeinen Erfindungen und thut groß damit ‒ ‒ Er hat Sie noch niemals zu einer
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ten, als hauptſaͤchliche Stuͤcke zu dem Character
dieſes vollkommenen Freygeiſtes in der Lebensart
gehoͤren.
Er haſſet Jhre ganze Familie, Sie allein aus-
genommen. Und ich habe in meinen Gedanken
verſchiedne male bemerkt, wie es ihn gebiſſen und
gekraͤnkt hat, daß die Liebe ihn verpflichtet, auf
Jhrem Fußſchemel zu knien: bloß darum, weil
Sie eine Harlowe ſind. ‒ ‒ Dabey iſt dieſer
elende Kerl doch noch einer von den wilden
Maͤnnern in der Liebe ‒ ‒ Die Liebe, die ſonſt
die unbaͤndigſten Gemuͤther zahm machet, iſt nicht
vermoͤgend geweſen, ihn zu baͤndigen. Sein
Stolz und die gute Meynung, welche ihm eini-
ge ſcheinbare Eigenſchaften unter ſo vielen
haſſenswuͤrdigen zuwege gebracht, haben ihn
bey unſerm Geſchlechte, das nach dem Auge ur-
theilet, wenig unterſcheidet, ſich ſelbſt ſchmeichelt
und zu viel trauet, einer allzu guten Aufnahme
verſichert, als daß er ſich auf Beſtaͤndigkeit, Ge-
faͤlligſeyn, und Baͤndigung ſeiner unordentlichen
Begierden im geringſten befleißigen ſollte.
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perſonen und ein Frauenzimmer von Jhrer Fa-
milie erbittert zu ſeyn. Er hat Jhnen, und ſo
gar allen ſeinen eignen Angehoͤrigen, jederzeit ge-
wieſen, daß er ſeinen Stolz ſeinen Vortheilen
vorziehe. Er iſt ein offenbarer Feind vom Ehe-
ſtande und ein beruͤchtigter Raͤnkeſchmieder. Er
iſt voll von ſeinen Erfindungen und thut groß
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/155>, abgerufen am 22.11.2024.
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