Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



ten, als hauptsächliche Stücke zu dem Character
dieses vollkommenen Freygeistes in der Lebensart
gehören.

Er hasset Jhre ganze Familie, Sie allein aus-*
genommen. Und ich habe in meinen Gedanken
verschiedne male bemerkt, wie es ihn gebissen und
gekränkt hat, daß die Liebe ihn verpflichtet, auf
Jhrem Fußschemel zu knien: bloß darum, weil*
Sie eine Harlowe sind. - - Dabey ist dieser
elende Kerl doch noch einer von den wilden
Männern
in der Liebe - - Die Liebe, die sonst
die unbändigsten Gemüther zahm machet, ist nicht
vermögend gewesen, ihn zu bändigen. Sein
Stolz und die gute Meynung, welche ihm eini-*
ge scheinbare Eigenschaften unter so vielen
hassenswürdigen zuwege gebracht, haben ihn*
bey unserm Geschlechte, das nach dem Auge ur-
theilet, wenig unterscheidet, sich selbst schmeichelt
und zu viel trauet, einer allzu guten Aufnahme
versichert, als daß er sich auf Beständigkeit, Ge-
fälligseyn, und Bändigung seiner unordentlichen
Begierden im geringsten befleißigen sollte.

Er hat einige Ursache, gegen alle Manns-*
personen und ein Frauenzimmer von Jhrer Fa-
milie erbittert zu seyn. Er hat Jhnen, und so
gar allen seinen eignen Angehörigen, jederzeit ge-
wiesen, daß er seinen Stolz seinen Vortheilen*
vorziehe. Er ist ein offenbarer Feind vom Ehe-
stande und ein berüchtigter Ränkeschmieder. Er
ist voll von seinen Erfindungen und thut groß
damit - - Er hat Sie noch niemals zu einer

Liebes-
K 3



ten, als hauptſaͤchliche Stuͤcke zu dem Character
dieſes vollkommenen Freygeiſtes in der Lebensart
gehoͤren.

Er haſſet Jhre ganze Familie, Sie allein aus-*
genommen. Und ich habe in meinen Gedanken
verſchiedne male bemerkt, wie es ihn gebiſſen und
gekraͤnkt hat, daß die Liebe ihn verpflichtet, auf
Jhrem Fußſchemel zu knien: bloß darum, weil*
Sie eine Harlowe ſind. ‒ ‒ Dabey iſt dieſer
elende Kerl doch noch einer von den wilden
Maͤnnern
in der Liebe ‒ ‒ Die Liebe, die ſonſt
die unbaͤndigſten Gemuͤther zahm machet, iſt nicht
vermoͤgend geweſen, ihn zu baͤndigen. Sein
Stolz und die gute Meynung, welche ihm eini-*
ge ſcheinbare Eigenſchaften unter ſo vielen
haſſenswuͤrdigen zuwege gebracht, haben ihn*
bey unſerm Geſchlechte, das nach dem Auge ur-
theilet, wenig unterſcheidet, ſich ſelbſt ſchmeichelt
und zu viel trauet, einer allzu guten Aufnahme
verſichert, als daß er ſich auf Beſtaͤndigkeit, Ge-
faͤlligſeyn, und Baͤndigung ſeiner unordentlichen
Begierden im geringſten befleißigen ſollte.

Er hat einige Urſache, gegen alle Manns-*
perſonen und ein Frauenzimmer von Jhrer Fa-
milie erbittert zu ſeyn. Er hat Jhnen, und ſo
gar allen ſeinen eignen Angehoͤrigen, jederzeit ge-
wieſen, daß er ſeinen Stolz ſeinen Vortheilen*
vorziehe. Er iſt ein offenbarer Feind vom Ehe-
ſtande und ein beruͤchtigter Raͤnkeſchmieder. Er
iſt voll von ſeinen Erfindungen und thut groß
damit ‒ ‒ Er hat Sie noch niemals zu einer

Liebes-
K 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <floatingText>
            <body>
              <div>
                <p><pb facs="#f0155" n="149"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
ten, als haupt&#x017F;a&#x0364;chliche Stu&#x0364;cke zu dem Character<lb/>
die&#x017F;es vollkommenen Freygei&#x017F;tes in der Lebensart<lb/>
geho&#x0364;ren.</p><lb/>
                <p>Er ha&#x017F;&#x017F;et Jhre ganze Familie, Sie allein aus-<note place="right">*</note><lb/>
genommen. Und ich habe in meinen Gedanken<lb/>
ver&#x017F;chiedne male bemerkt, wie es ihn gebi&#x017F;&#x017F;en und<lb/>
gekra&#x0364;nkt hat, daß die Liebe ihn verpflichtet, auf<lb/>
Jhrem Fuß&#x017F;chemel zu knien: bloß darum, weil<note place="right">*</note><lb/>
Sie eine <hi rendition="#fr">Harlowe</hi> &#x017F;ind. &#x2012; &#x2012; Dabey i&#x017F;t die&#x017F;er<lb/>
elende Kerl doch noch einer von den <hi rendition="#fr">wilden<lb/>
Ma&#x0364;nnern</hi> in der Liebe &#x2012; &#x2012; Die Liebe, die &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
die unba&#x0364;ndig&#x017F;ten Gemu&#x0364;ther zahm machet, i&#x017F;t nicht<lb/>
vermo&#x0364;gend gewe&#x017F;en, ihn zu ba&#x0364;ndigen. Sein<lb/><hi rendition="#fr">Stolz</hi> und die gute Meynung, welche ihm eini-<note place="right">*</note><lb/>
ge <hi rendition="#fr">&#x017F;cheinbare Eigen&#x017F;chaften</hi> unter &#x017F;o vielen<lb/><hi rendition="#fr">ha&#x017F;&#x017F;enswu&#x0364;rdigen</hi> zuwege gebracht, haben ihn<note place="right">*</note><lb/>
bey un&#x017F;erm Ge&#x017F;chlechte, das nach dem Auge ur-<lb/>
theilet, wenig unter&#x017F;cheidet, &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;chmeichelt<lb/>
und zu viel trauet, einer allzu guten Aufnahme<lb/>
ver&#x017F;ichert, als daß er &#x017F;ich auf Be&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit, Ge-<lb/>
fa&#x0364;llig&#x017F;eyn, und Ba&#x0364;ndigung &#x017F;einer unordentlichen<lb/>
Begierden im gering&#x017F;ten befleißigen &#x017F;ollte.</p><lb/>
                <p>Er hat einige Ur&#x017F;ache, gegen <hi rendition="#fr">alle</hi> Manns-<note place="right">*</note><lb/>
per&#x017F;onen und ein Frauenzimmer von Jhrer Fa-<lb/>
milie erbittert zu &#x017F;eyn. Er hat Jhnen, und &#x017F;o<lb/>
gar allen &#x017F;einen eignen Angeho&#x0364;rigen, jederzeit ge-<lb/>
wie&#x017F;en, daß er &#x017F;einen Stolz &#x017F;einen Vortheilen<note place="right">*</note><lb/>
vorziehe. Er i&#x017F;t ein offenbarer Feind vom Ehe-<lb/>
&#x017F;tande und ein beru&#x0364;chtigter Ra&#x0364;nke&#x017F;chmieder. Er<lb/>
i&#x017F;t voll von &#x017F;einen Erfindungen und thut groß<lb/>
damit &#x2012; &#x2012; Er hat Sie noch niemals zu einer<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Liebes-</fw><lb/></p>
              </div>
            </body>
          </floatingText>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[149/0155] ten, als hauptſaͤchliche Stuͤcke zu dem Character dieſes vollkommenen Freygeiſtes in der Lebensart gehoͤren. Er haſſet Jhre ganze Familie, Sie allein aus- genommen. Und ich habe in meinen Gedanken verſchiedne male bemerkt, wie es ihn gebiſſen und gekraͤnkt hat, daß die Liebe ihn verpflichtet, auf Jhrem Fußſchemel zu knien: bloß darum, weil Sie eine Harlowe ſind. ‒ ‒ Dabey iſt dieſer elende Kerl doch noch einer von den wilden Maͤnnern in der Liebe ‒ ‒ Die Liebe, die ſonſt die unbaͤndigſten Gemuͤther zahm machet, iſt nicht vermoͤgend geweſen, ihn zu baͤndigen. Sein Stolz und die gute Meynung, welche ihm eini- ge ſcheinbare Eigenſchaften unter ſo vielen haſſenswuͤrdigen zuwege gebracht, haben ihn bey unſerm Geſchlechte, das nach dem Auge ur- theilet, wenig unterſcheidet, ſich ſelbſt ſchmeichelt und zu viel trauet, einer allzu guten Aufnahme verſichert, als daß er ſich auf Beſtaͤndigkeit, Ge- faͤlligſeyn, und Baͤndigung ſeiner unordentlichen Begierden im geringſten befleißigen ſollte. * * * * Er hat einige Urſache, gegen alle Manns- perſonen und ein Frauenzimmer von Jhrer Fa- milie erbittert zu ſeyn. Er hat Jhnen, und ſo gar allen ſeinen eignen Angehoͤrigen, jederzeit ge- wieſen, daß er ſeinen Stolz ſeinen Vortheilen vorziehe. Er iſt ein offenbarer Feind vom Ehe- ſtande und ein beruͤchtigter Raͤnkeſchmieder. Er iſt voll von ſeinen Erfindungen und thut groß damit ‒ ‒ Er hat Sie noch niemals zu einer Liebes- * * K 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/155
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/155>, abgerufen am 22.11.2024.