Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



Unglück, bloß weil es Unglück ist, Vergnügen
findet. Keine Geschenke und Gaben würden ihn
jemals verführen können, in seinem Amte treu-
los zu seyn, wenn nur Bosheit darinn seyn sollte
- - Jndessen war er mir nicht zur Hand, als ich
die verfluchte Nachricht bekam. Weg war der
Bube! sie aufzuspüren, und nicht wieder zu kom-
men, noch mein Angesicht zu sehen, so, scheint
es, hat er sich erkläret,
bis er einige Zeitung
von ihr gehöret hätte. Alle dienstlose Buben
von seiner zahlreichen Bekanntschaft sind unter
der Hand benachrichtiget und mit eben dem
Werke beschäfftiget.

Zu welchem Ende habe ich diesen Engel, En-
gel muß ich sie doch nennen, in dieß höllische
Haus gebracht? Hatte ich nicht im Sinne, ihr
die verdiente Ehre zu thun? Bey meiner Seele,
Belford, das war mein Vorsatz - Aber du weißt,
was ich unter gewisser Bedingung beschlossen
hatte - - Und nun, ob ich gleich so sehr auf ih-
rer Seite war, wer kann mir sagen, in was für
Hände sie gefallen seyn mag?

Jch bin von Sinnen, ganz von Sinnen,
beym Jupiter, wenn ich hieran gedenke! - Mit
nichts versehen, verlassen, unbekannt - - Viel-
leicht mag irgend ein Bösewicht, der ärger ist,
als ich selbst, und sie nicht, wie ich, anbetet, ihr
über den Hals gekommen seyn und sich ihre be-
drückte Umstände zu Nutze gemacht haben - -
Jch will verlohren seyn, Belford, wo eine ganze
Hecatombe von Unschuldigen, wie die kleinen

Creatu-



Ungluͤck, bloß weil es Ungluͤck iſt, Vergnuͤgen
findet. Keine Geſchenke und Gaben wuͤrden ihn
jemals verfuͤhren koͤnnen, in ſeinem Amte treu-
los zu ſeyn, wenn nur Bosheit darinn ſeyn ſollte
‒ ‒ Jndeſſen war er mir nicht zur Hand, als ich
die verfluchte Nachricht bekam. Weg war der
Bube! ſie aufzuſpuͤren, und nicht wieder zu kom-
men, noch mein Angeſicht zu ſehen, ſo, ſcheint
es, hat er ſich erklaͤret,
bis er einige Zeitung
von ihr gehoͤret haͤtte. Alle dienſtloſe Buben
von ſeiner zahlreichen Bekanntſchaft ſind unter
der Hand benachrichtiget und mit eben dem
Werke beſchaͤfftiget.

Zu welchem Ende habe ich dieſen Engel, En-
gel muß ich ſie doch nennen, in dieß hoͤlliſche
Haus gebracht? Hatte ich nicht im Sinne, ihr
die verdiente Ehre zu thun? Bey meiner Seele,
Belford, das war mein Vorſatz ‒ Aber du weißt,
was ich unter gewiſſer Bedingung beſchloſſen
hatte ‒ ‒ Und nun, ob ich gleich ſo ſehr auf ih-
rer Seite war, wer kann mir ſagen, in was fuͤr
Haͤnde ſie gefallen ſeyn mag?

Jch bin von Sinnen, ganz von Sinnen,
beym Jupiter, wenn ich hieran gedenke! ‒ Mit
nichts verſehen, verlaſſen, unbekannt ‒ ‒ Viel-
leicht mag irgend ein Boͤſewicht, der aͤrger iſt,
als ich ſelbſt, und ſie nicht, wie ich, anbetet, ihr
uͤber den Hals gekommen ſeyn und ſich ihre be-
druͤckte Umſtaͤnde zu Nutze gemacht haben ‒ ‒
Jch will verlohren ſeyn, Belford, wo eine ganze
Hecatombe von Unſchuldigen, wie die kleinen

Creatu-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0120" n="114"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Unglu&#x0364;ck, bloß weil es Unglu&#x0364;ck i&#x017F;t, Vergnu&#x0364;gen<lb/>
findet. Keine Ge&#x017F;chenke und Gaben wu&#x0364;rden ihn<lb/>
jemals verfu&#x0364;hren ko&#x0364;nnen, in &#x017F;einem Amte treu-<lb/>
los zu &#x017F;eyn, wenn nur Bosheit darinn &#x017F;eyn &#x017F;ollte<lb/>
&#x2012; &#x2012; Jnde&#x017F;&#x017F;en war er mir nicht zur Hand, als ich<lb/>
die verfluchte Nachricht bekam. Weg war der<lb/>
Bube! &#x017F;ie aufzu&#x017F;pu&#x0364;ren, und nicht wieder zu kom-<lb/>
men, noch mein Ange&#x017F;icht zu &#x017F;ehen, <hi rendition="#fr">&#x017F;o, &#x017F;cheint<lb/>
es, hat er &#x017F;ich erkla&#x0364;ret,</hi> bis er einige Zeitung<lb/>
von ihr geho&#x0364;ret ha&#x0364;tte. Alle dien&#x017F;tlo&#x017F;e Buben<lb/>
von &#x017F;einer zahlreichen Bekannt&#x017F;chaft &#x017F;ind unter<lb/>
der Hand benachrichtiget und mit eben dem<lb/>
Werke be&#x017F;cha&#x0364;fftiget.</p><lb/>
          <p>Zu welchem Ende habe ich die&#x017F;en Engel, En-<lb/>
gel muß ich &#x017F;ie doch nennen, in dieß ho&#x0364;lli&#x017F;che<lb/>
Haus gebracht? Hatte ich nicht im Sinne, ihr<lb/>
die verdiente Ehre zu thun? Bey meiner Seele,<lb/>
Belford, das war mein Vor&#x017F;atz &#x2012; Aber du weißt,<lb/>
was ich <hi rendition="#fr">unter gewi&#x017F;&#x017F;er Bedingung</hi> be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en<lb/>
hatte &#x2012; &#x2012; Und nun, ob ich gleich &#x017F;o &#x017F;ehr auf ih-<lb/>
rer Seite war, wer kann mir &#x017F;agen, in was fu&#x0364;r<lb/>
Ha&#x0364;nde &#x017F;ie gefallen &#x017F;eyn mag?</p><lb/>
          <p>Jch bin von Sinnen, ganz von Sinnen,<lb/>
beym Jupiter, wenn ich hieran gedenke! &#x2012; Mit<lb/>
nichts ver&#x017F;ehen, verla&#x017F;&#x017F;en, unbekannt &#x2012; &#x2012; Viel-<lb/>
leicht mag irgend ein Bo&#x0364;&#x017F;ewicht, der a&#x0364;rger i&#x017F;t,<lb/>
als ich &#x017F;elb&#x017F;t, und &#x017F;ie nicht, wie ich, anbetet, ihr<lb/>
u&#x0364;ber den Hals gekommen &#x017F;eyn und &#x017F;ich ihre be-<lb/>
dru&#x0364;ckte Um&#x017F;ta&#x0364;nde zu Nutze gemacht haben &#x2012; &#x2012;<lb/>
Jch will verlohren &#x017F;eyn, Belford, wo eine ganze<lb/>
Hecatombe von <hi rendition="#fr">Un&#x017F;chuldigen,</hi> wie die kleinen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Creatu-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[114/0120] Ungluͤck, bloß weil es Ungluͤck iſt, Vergnuͤgen findet. Keine Geſchenke und Gaben wuͤrden ihn jemals verfuͤhren koͤnnen, in ſeinem Amte treu- los zu ſeyn, wenn nur Bosheit darinn ſeyn ſollte ‒ ‒ Jndeſſen war er mir nicht zur Hand, als ich die verfluchte Nachricht bekam. Weg war der Bube! ſie aufzuſpuͤren, und nicht wieder zu kom- men, noch mein Angeſicht zu ſehen, ſo, ſcheint es, hat er ſich erklaͤret, bis er einige Zeitung von ihr gehoͤret haͤtte. Alle dienſtloſe Buben von ſeiner zahlreichen Bekanntſchaft ſind unter der Hand benachrichtiget und mit eben dem Werke beſchaͤfftiget. Zu welchem Ende habe ich dieſen Engel, En- gel muß ich ſie doch nennen, in dieß hoͤlliſche Haus gebracht? Hatte ich nicht im Sinne, ihr die verdiente Ehre zu thun? Bey meiner Seele, Belford, das war mein Vorſatz ‒ Aber du weißt, was ich unter gewiſſer Bedingung beſchloſſen hatte ‒ ‒ Und nun, ob ich gleich ſo ſehr auf ih- rer Seite war, wer kann mir ſagen, in was fuͤr Haͤnde ſie gefallen ſeyn mag? Jch bin von Sinnen, ganz von Sinnen, beym Jupiter, wenn ich hieran gedenke! ‒ Mit nichts verſehen, verlaſſen, unbekannt ‒ ‒ Viel- leicht mag irgend ein Boͤſewicht, der aͤrger iſt, als ich ſelbſt, und ſie nicht, wie ich, anbetet, ihr uͤber den Hals gekommen ſeyn und ſich ihre be- druͤckte Umſtaͤnde zu Nutze gemacht haben ‒ ‒ Jch will verlohren ſeyn, Belford, wo eine ganze Hecatombe von Unſchuldigen, wie die kleinen Creatu-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/120
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/120>, abgerufen am 17.05.2024.