ist dieses schlimmste, das mir ewig verborgen blei- ben soll?
O Lovelace, wenn du doch eben jetzt kämest, da ich mit diesen schwartzen Gedancken umgehe! Jetzt könntest du in mein Hertz sehen, und über die Fol- gen deiner Grausamkeit dein vergnügtes Hohn-Ge- lächter anstellen.
Jch mußte vorhin die Feder niederlegen.
Sie haben einen Versuch gethan, was durch die Frau Norton bey meiner Mutter auszurichten stehe?
Was geschehen ist, kann nicht ungeschehen wer- den: allein ich wünschte, daß Sie in einer Sache, die so wichtig ist und mich betrift, nichts ohne mei- nen Rath gethan haben möchten. Vergeben Sie mir: so sehr ich die erhabene und edle Freundschaft bewundere, die Sie bey aller Gelegenheit auf eine so brennende Art gegen mich bezeigen; so setzt mich doch auch diese Freundschaft bisweilen in Furcht.
Doch ich will auf das dencken, was mir noch be- vorstehet. Sie glauben, daß ich die Seinige noth- wendig werden muß, und daß ich ihn ohne Verle- tzung meiner Ehre weder mit noch wider seinen Wil- len verlassen kann. Jch soll mich also in meine Um- stände schicken, so gut es möglich ist.
Er ging diesen Morgen aus, und wollte nicht in dem Hause speisen, es wäre denn (wie er mir sagen lies) daß ich ihm erlaubte, in meiner Gesellschaft zu speisen.
Jch
E 3
iſt dieſes ſchlimmſte, das mir ewig verborgen blei- ben ſoll?
O Lovelace, wenn du doch eben jetzt kaͤmeſt, da ich mit dieſen ſchwartzen Gedancken umgehe! Jetzt koͤnnteſt du in mein Hertz ſehen, und uͤber die Fol- gen deiner Grauſamkeit dein vergnuͤgtes Hohn-Ge- laͤchter anſtellen.
Jch mußte vorhin die Feder niederlegen.
Sie haben einen Verſuch gethan, was durch die Frau Norton bey meiner Mutter auszurichten ſtehe?
Was geſchehen iſt, kann nicht ungeſchehen wer- den: allein ich wuͤnſchte, daß Sie in einer Sache, die ſo wichtig iſt und mich betrift, nichts ohne mei- nen Rath gethan haben moͤchten. Vergeben Sie mir: ſo ſehr ich die erhabene und edle Freundſchaft bewundere, die Sie bey aller Gelegenheit auf eine ſo brennende Art gegen mich bezeigen; ſo ſetzt mich doch auch dieſe Freundſchaft bisweilen in Furcht.
Doch ich will auf das dencken, was mir noch be- vorſtehet. Sie glauben, daß ich die Seinige noth- wendig werden muß, und daß ich ihn ohne Verle- tzung meiner Ehre weder mit noch wider ſeinen Wil- len verlaſſen kann. Jch ſoll mich alſo in meine Um- ſtaͤnde ſchicken, ſo gut es moͤglich iſt.
Er ging dieſen Morgen aus, und wollte nicht in dem Hauſe ſpeiſen, es waͤre denn (wie er mir ſagen lies) daß ich ihm erlaubte, in meiner Geſellſchaft zu ſpeiſen.
Jch
E 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0075"n="69"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
iſt dieſes ſchlimmſte, das mir ewig verborgen blei-<lb/>
ben ſoll?</p><lb/><p>O <hirendition="#fr">Lovelace,</hi> wenn du doch eben jetzt kaͤmeſt, da<lb/>
ich mit dieſen ſchwartzen Gedancken umgehe! Jetzt<lb/>
koͤnnteſt du in mein Hertz ſehen, und uͤber die Fol-<lb/>
gen deiner Grauſamkeit dein vergnuͤgtes Hohn-Ge-<lb/>
laͤchter anſtellen.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Jch mußte vorhin die Feder niederlegen.</p><lb/><p>Sie haben einen Verſuch gethan, was durch die<lb/>
Frau <hirendition="#fr">Norton</hi> bey meiner Mutter auszurichten<lb/>ſtehe?</p><lb/><p>Was geſchehen iſt, kann nicht ungeſchehen wer-<lb/>
den: allein ich wuͤnſchte, daß Sie in einer Sache,<lb/>
die ſo wichtig iſt und mich betrift, nichts ohne mei-<lb/>
nen Rath gethan haben moͤchten. Vergeben Sie<lb/>
mir: ſo ſehr ich die erhabene und edle Freundſchaft<lb/>
bewundere, die Sie bey aller Gelegenheit auf eine<lb/>ſo brennende Art gegen mich bezeigen; ſo ſetzt mich<lb/>
doch auch dieſe Freundſchaft bisweilen in Furcht.</p><lb/><p>Doch ich will auf das dencken, was mir noch be-<lb/>
vorſtehet. Sie glauben, daß ich die Seinige noth-<lb/>
wendig werden muß, und daß ich ihn ohne Verle-<lb/>
tzung meiner Ehre weder mit noch wider ſeinen Wil-<lb/>
len verlaſſen kann. Jch ſoll mich alſo in meine Um-<lb/>ſtaͤnde ſchicken, ſo gut es moͤglich iſt.</p><lb/><p>Er ging dieſen Morgen aus, und wollte nicht in<lb/>
dem Hauſe ſpeiſen, es waͤre denn (wie er mir ſagen<lb/>
lies) daß ich ihm erlaubte, in meiner Geſellſchaft<lb/>
zu ſpeiſen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">E 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">Jch</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[69/0075]
iſt dieſes ſchlimmſte, das mir ewig verborgen blei-
ben ſoll?
O Lovelace, wenn du doch eben jetzt kaͤmeſt, da
ich mit dieſen ſchwartzen Gedancken umgehe! Jetzt
koͤnnteſt du in mein Hertz ſehen, und uͤber die Fol-
gen deiner Grauſamkeit dein vergnuͤgtes Hohn-Ge-
laͤchter anſtellen.
Jch mußte vorhin die Feder niederlegen.
Sie haben einen Verſuch gethan, was durch die
Frau Norton bey meiner Mutter auszurichten
ſtehe?
Was geſchehen iſt, kann nicht ungeſchehen wer-
den: allein ich wuͤnſchte, daß Sie in einer Sache,
die ſo wichtig iſt und mich betrift, nichts ohne mei-
nen Rath gethan haben moͤchten. Vergeben Sie
mir: ſo ſehr ich die erhabene und edle Freundſchaft
bewundere, die Sie bey aller Gelegenheit auf eine
ſo brennende Art gegen mich bezeigen; ſo ſetzt mich
doch auch dieſe Freundſchaft bisweilen in Furcht.
Doch ich will auf das dencken, was mir noch be-
vorſtehet. Sie glauben, daß ich die Seinige noth-
wendig werden muß, und daß ich ihn ohne Verle-
tzung meiner Ehre weder mit noch wider ſeinen Wil-
len verlaſſen kann. Jch ſoll mich alſo in meine Um-
ſtaͤnde ſchicken, ſo gut es moͤglich iſt.
Er ging dieſen Morgen aus, und wollte nicht in
dem Hauſe ſpeiſen, es waͤre denn (wie er mir ſagen
lies) daß ich ihm erlaubte, in meiner Geſellſchaft
zu ſpeiſen.
Jch
E 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/75>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.