bes Kind, nun darf ich ihnen doch Glück dazu wünschen, daß sich alles so gut und so erwünscht anläßt! Jch ergriff ihre Hand, und liebkosete und küssete sie.
Als ich aber weiter reden wollte, so sagte sie: nun sehen sie, Herr Lovelace, in was für Ver- wirrung sie sich selbst dadurch gesetzet haben, daß sie nicht bey der Wahrheit geblieben sind. Sie haben auf eine erlaubte und gut-gemeynte Frage keine rechte Antwort geben können, obgleich alles er- wünschte, dazu sie mir Glück wünschen, von der Beantwortung dieser Frage abhängt.
Sie wissen, (sagte ich) was für ge gründete, was für recht zärtliche Ursachen ich hatte, vorzu- geben, daß wir Eheleute wären. Sie sehen, daß ich mir diesen Vorwand nicht zu Nutze gemacht habe; und daß auch keine andere üble Folgen daraus entstanden sind. Jhr Ouckle selbst ver- langet weiter nichts, als eine hinlängliche Ver- sicherung hievon - - - -
Kein Wort mehr hievon, Herr Lovelace. Jch will mich nicht allein in die Gefahr setzen, mit meinen Anverwandten nicht versöhnet zu wer- den, ob mir gleich an dieser Aussöhnung sehr vieles gelegen ist, sondern ich will auch diese Aussöhnung schlechterdings verschertzen, ehe ich eine solche Un- wahrheit noch ferner bekräftigen helfen sollte.
Mein liebstes Kind! - - Soll man mich da- für ansehen - - -
Man soll sie für das ansehen, was sie sind: und ich will von meines Onckels Freunden für kei-
ne
Z 4
bes Kind, nun darf ich ihnen doch Gluͤck dazu wuͤnſchen, daß ſich alles ſo gut und ſo erwuͤnſcht anlaͤßt! Jch ergriff ihre Hand, und liebkoſete und kuͤſſete ſie.
Als ich aber weiter reden wollte, ſo ſagte ſie: nun ſehen ſie, Herr Lovelace, in was fuͤr Ver- wirrung ſie ſich ſelbſt dadurch geſetzet haben, daß ſie nicht bey der Wahrheit geblieben ſind. Sie haben auf eine erlaubte und gut-gemeynte Frage keine rechte Antwort geben koͤnnen, obgleich alles er- wuͤnſchte, dazu ſie mir Gluͤck wuͤnſchen, von der Beantwortung dieſer Frage abhaͤngt.
Sie wiſſen, (ſagte ich) was fuͤr ge gruͤndete, was fuͤr recht zaͤrtliche Urſachen ich hatte, vorzu- geben, daß wir Eheleute waͤren. Sie ſehen, daß ich mir dieſen Vorwand nicht zu Nutze gemacht habe; und daß auch keine andere uͤble Folgen daraus entſtanden ſind. Jhr Ouckle ſelbſt ver- langet weiter nichts, als eine hinlaͤngliche Ver- ſicherung hievon ‒ ‒ ‒ ‒
Kein Wort mehr hievon, Herr Lovelace. Jch will mich nicht allein in die Gefahr ſetzen, mit meinen Anverwandten nicht verſoͤhnet zu wer- den, ob mir gleich an dieſer Ausſoͤhnung ſehr vieles gelegen iſt, ſondern ich will auch dieſe Ausſoͤhnung ſchlechterdings verſchertzen, ehe ich eine ſolche Un- wahrheit noch ferner bekraͤftigen helfen ſollte.
Mein liebſtes Kind! ‒ ‒ Soll man mich da- fuͤr anſehen ‒ ‒ ‒
Man ſoll ſie fuͤr das anſehen, was ſie ſind: und ich will von meines Onckels Freunden fuͤr kei-
ne
Z 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0365"n="359"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
bes Kind, nun darf ich ihnen doch Gluͤck dazu<lb/>
wuͤnſchen, daß ſich alles ſo gut und ſo erwuͤnſcht<lb/>
anlaͤßt! Jch ergriff ihre Hand, und liebkoſete<lb/>
und kuͤſſete ſie.</p><lb/><p>Als ich aber weiter reden wollte, ſo ſagte ſie:<lb/>
nun ſehen ſie, Herr <hirendition="#fr">Lovelace,</hi> in was fuͤr Ver-<lb/>
wirrung ſie ſich ſelbſt dadurch geſetzet haben, daß ſie<lb/>
nicht bey der Wahrheit geblieben ſind. Sie haben<lb/>
auf eine erlaubte und gut-gemeynte Frage keine<lb/>
rechte Antwort geben koͤnnen, obgleich alles er-<lb/>
wuͤnſchte, dazu ſie mir Gluͤck wuͤnſchen, von der<lb/>
Beantwortung dieſer Frage abhaͤngt.</p><lb/><p>Sie wiſſen, (ſagte ich) was fuͤr ge gruͤndete,<lb/>
was fuͤr recht zaͤrtliche Urſachen ich hatte, vorzu-<lb/>
geben, daß wir Eheleute waͤren. Sie ſehen, daß<lb/>
ich mir dieſen Vorwand nicht zu Nutze gemacht<lb/>
habe; und daß auch keine andere uͤble Folgen<lb/>
daraus entſtanden ſind. Jhr Ouckle ſelbſt ver-<lb/>
langet weiter nichts, als eine hinlaͤngliche Ver-<lb/>ſicherung hievon ‒‒‒‒</p><lb/><p>Kein Wort mehr hievon, Herr <hirendition="#fr">Lovelace.</hi><lb/>
Jch will mich nicht allein in die Gefahr ſetzen,<lb/>
mit meinen Anverwandten nicht verſoͤhnet zu wer-<lb/>
den, ob mir gleich an dieſer Ausſoͤhnung ſehr vieles<lb/>
gelegen iſt, ſondern ich will auch dieſe Ausſoͤhnung<lb/>ſchlechterdings verſchertzen, ehe ich eine ſolche Un-<lb/>
wahrheit noch ferner bekraͤftigen helfen ſollte.</p><lb/><p>Mein liebſtes Kind! ‒‒ Soll man mich da-<lb/>
fuͤr anſehen ‒‒‒</p><lb/><p>Man ſoll ſie fuͤr das anſehen, was ſie ſind:<lb/>
und ich will von meines Onckels Freunden fuͤr kei-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Z 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">ne</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[359/0365]
bes Kind, nun darf ich ihnen doch Gluͤck dazu
wuͤnſchen, daß ſich alles ſo gut und ſo erwuͤnſcht
anlaͤßt! Jch ergriff ihre Hand, und liebkoſete
und kuͤſſete ſie.
Als ich aber weiter reden wollte, ſo ſagte ſie:
nun ſehen ſie, Herr Lovelace, in was fuͤr Ver-
wirrung ſie ſich ſelbſt dadurch geſetzet haben, daß ſie
nicht bey der Wahrheit geblieben ſind. Sie haben
auf eine erlaubte und gut-gemeynte Frage keine
rechte Antwort geben koͤnnen, obgleich alles er-
wuͤnſchte, dazu ſie mir Gluͤck wuͤnſchen, von der
Beantwortung dieſer Frage abhaͤngt.
Sie wiſſen, (ſagte ich) was fuͤr ge gruͤndete,
was fuͤr recht zaͤrtliche Urſachen ich hatte, vorzu-
geben, daß wir Eheleute waͤren. Sie ſehen, daß
ich mir dieſen Vorwand nicht zu Nutze gemacht
habe; und daß auch keine andere uͤble Folgen
daraus entſtanden ſind. Jhr Ouckle ſelbſt ver-
langet weiter nichts, als eine hinlaͤngliche Ver-
ſicherung hievon ‒ ‒ ‒ ‒
Kein Wort mehr hievon, Herr Lovelace.
Jch will mich nicht allein in die Gefahr ſetzen,
mit meinen Anverwandten nicht verſoͤhnet zu wer-
den, ob mir gleich an dieſer Ausſoͤhnung ſehr vieles
gelegen iſt, ſondern ich will auch dieſe Ausſoͤhnung
ſchlechterdings verſchertzen, ehe ich eine ſolche Un-
wahrheit noch ferner bekraͤftigen helfen ſollte.
Mein liebſtes Kind! ‒ ‒ Soll man mich da-
fuͤr anſehen ‒ ‒ ‒
Man ſoll ſie fuͤr das anſehen, was ſie ſind:
und ich will von meines Onckels Freunden fuͤr kei-
ne
Z 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/365>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.