Sie schlurfte den Thee mit freyen Augen. Sie sahe als eine hochmüthige und herrschsüchtige Königin um sich, die sich ihrer Vorzüge bewußt ist, und von der man einen jeden Blick für eine Gnade annimmt.
Jch schlurfte wie ein Unterthan. Lippen und Hände zitterten mir: ich schmeckte das nicht, was ich in der Angst hinunter schluckte.
Jch - - ich - - denn schlurfte ich noch ein- mahl zu, und zog Athem und Thee zugleich hin- ter, ob ich mir gleich den Mund verbrannte. - - Jch hoffete, Fräulein - -
Dorcas trat eben herein. Jst die Sänfte gehohlet, Dorcas? sagte sie.
Was für eine verfluchte Grobheit, mir so in die Rede zu fallen. Jch mußte warten bis die Magd ihrer stoltzen Fräulein geantwortet hatte.
Wilhelm hohlt eine, gnädige Frau.
Es kostete mir eine gantze Minute, ehe ich wieder anfangen konnte. Und doch konnte ich nichts vorbringen, als daß ich gehoffet hätte, ge- hoffet hätte, gehoffet hätte, sie früher zu sprechen.
Was für Wetter ist es, Dorcas? sagte sie, und bekümmerte sich so wenig um mich, als wenn ich gar nicht zugegen gewesen wäre.
Etwas trübe. Die Sonne hat sich verkro- chen. Vor einer halben Stunde war es besser.
Mir
Endlich dachte ich, ich will den Anfang ma- chen.
Sie eine Taſſe: ich eine Taſſe.
Sie ſchlurfte den Thee mit freyen Augen. Sie ſahe als eine hochmuͤthige und herrſchſuͤchtige Koͤnigin um ſich, die ſich ihrer Vorzuͤge bewußt iſt, und von der man einen jeden Blick fuͤr eine Gnade annimmt.
Jch ſchlurfte wie ein Unterthan. Lippen und Haͤnde zitterten mir: ich ſchmeckte das nicht, was ich in der Angſt hinunter ſchluckte.
Jch ‒ ‒ ich ‒ ‒ denn ſchlurfte ich noch ein- mahl zu, und zog Athem und Thee zugleich hin- ter, ob ich mir gleich den Mund verbrannte. ‒ ‒ Jch hoffete, Fraͤulein ‒ ‒
Dorcas trat eben herein. Jſt die Saͤnfte gehohlet, Dorcas? ſagte ſie.
Was fuͤr eine verfluchte Grobheit, mir ſo in die Rede zu fallen. Jch mußte warten bis die Magd ihrer ſtoltzen Fraͤulein geantwortet hatte.
Wilhelm hohlt eine, gnaͤdige Frau.
Es koſtete mir eine gantze Minute, ehe ich wieder anfangen konnte. Und doch konnte ich nichts vorbringen, als daß ich gehoffet haͤtte, ge- hoffet haͤtte, gehoffet haͤtte, ſie fruͤher zu ſprechen.
Was fuͤr Wetter iſt es, Dorcas? ſagte ſie, und bekuͤmmerte ſich ſo wenig um mich, als wenn ich gar nicht zugegen geweſen waͤre.
Etwas truͤbe. Die Sonne hat ſich verkro- chen. Vor einer halben Stunde war es beſſer.
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Endlich dachte ich, ich will den Anfang ma-
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Sie eine Taſſe: ich eine Taſſe.
Sie ſchlurfte den Thee mit freyen Augen.
Sie ſahe als eine hochmuͤthige und herrſchſuͤchtige
Koͤnigin um ſich, die ſich ihrer Vorzuͤge bewußt
iſt, und von der man einen jeden Blick fuͤr eine
Gnade annimmt.
Jch ſchlurfte wie ein Unterthan. Lippen und
Haͤnde zitterten mir: ich ſchmeckte das nicht, was
ich in der Angſt hinunter ſchluckte.
Jch ‒ ‒ ich ‒ ‒ denn ſchlurfte ich noch ein-
mahl zu, und zog Athem und Thee zugleich hin-
ter, ob ich mir gleich den Mund verbrannte. ‒ ‒
Jch hoffete, Fraͤulein ‒ ‒
Dorcas trat eben herein. Jſt die Saͤnfte
gehohlet, Dorcas? ſagte ſie.
Was fuͤr eine verfluchte Grobheit, mir ſo in
die Rede zu fallen. Jch mußte warten bis die
Magd ihrer ſtoltzen Fraͤulein geantwortet hatte.
Wilhelm hohlt eine, gnaͤdige Frau.
Es koſtete mir eine gantze Minute, ehe ich
wieder anfangen konnte. Und doch konnte ich
nichts vorbringen, als daß ich gehoffet haͤtte, ge-
hoffet haͤtte, gehoffet haͤtte, ſie fruͤher zu ſprechen.
Was fuͤr Wetter iſt es, Dorcas? ſagte ſie,
und bekuͤmmerte ſich ſo wenig um mich, als wenn
ich gar nicht zugegen geweſen waͤre.
Etwas truͤbe. Die Sonne hat ſich verkro-
chen. Vor einer halben Stunde war es beſſer.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/234>, abgerufen am 22.07.2024.
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