gekleidet! mit Handschuhen, mit Fechtel und al- lem Teufel! Sogleich befohl sie der Dorcas, Wilhelm auszuschicken, und eine Sänfte bestellen zu lassen.
Grausames Kind! dachte ich: mußt du mich so den Leuten in dem Hause zum Gespötte ma- chen!
Sie wollen ausgehen, Fräulein?
Ja, mein Herr.
Jch glaube, ich sahe verflucht dumm aus. Ob ich gleich hundert Widerhacken in meinem Her- tzen fühlte, so sagte ich doch sehr demüthig: ich hoffe, sie werden vorher etwas zu sich nehmen.
Wenn sie mir ihre Absichten deutlicher zu er- kennen gegeben hätte, so wäre ich vielleicht wieder so böse geworden, als ich gestern war, und hätte den Anfang zur Rache gemacht. Alles Giftige, was in den Briefen der Fräulein Howe gestan- den hatte, kam mir auf einmal in das Gedächt- niß.
Ja! sagte sie: sie wollte eine Tasse Thee trin- cken. Hiemit legte sie Fechtel und Handschuhe in das Fenster.
Jch war voller Verwirrung. Jch hustete, ich kratzte mich, wo mirs nicht juckete, ich wollte reden, und wußte doch nicht, was ich sagen sollte. Wer ist nun blöde? dachte ich: wer ist nun stoltz? Wie kann ein gebieterisches Frauenzimmer eine blö- de und bescheidende Manns-Person in Furcht setzen! Sie schien mir die Fräulein Howe zu seyn, und ich war der kleinmüthige Hickman.
End-
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gekleidet! mit Handſchuhen, mit Fechtel und al- lem Teufel! Sogleich befohl ſie der Dorcas, Wilhelm auszuſchicken, und eine Saͤnfte beſtellen zu laſſen.
Grauſames Kind! dachte ich: mußt du mich ſo den Leuten in dem Hauſe zum Geſpoͤtte ma- chen!
Sie wollen ausgehen, Fraͤulein?
Ja, mein Herr.
Jch glaube, ich ſahe verflucht dumm aus. Ob ich gleich hundert Widerhacken in meinem Her- tzen fuͤhlte, ſo ſagte ich doch ſehr demuͤthig: ich hoffe, ſie werden vorher etwas zu ſich nehmen.
Wenn ſie mir ihre Abſichten deutlicher zu er- kennen gegeben haͤtte, ſo waͤre ich vielleicht wieder ſo boͤſe geworden, als ich geſtern war, und haͤtte den Anfang zur Rache gemacht. Alles Giftige, was in den Briefen der Fraͤulein Howe geſtan- den hatte, kam mir auf einmal in das Gedaͤcht- niß.
Ja! ſagte ſie: ſie wollte eine Taſſe Thee trin- cken. Hiemit legte ſie Fechtel und Handſchuhe in das Fenſter.
Jch war voller Verwirrung. Jch huſtete, ich kratzte mich, wo mirs nicht juckete, ich wollte reden, und wußte doch nicht, was ich ſagen ſollte. Wer iſt nun bloͤde? dachte ich: wer iſt nun ſtoltz? Wie kann ein gebieteriſches Frauenzimmer eine bloͤ- de und beſcheidende Manns-Perſon in Furcht ſetzen! Sie ſchien mir die Fraͤulein Howe zu ſeyn, und ich war der kleinmuͤthige Hickman.
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gekleidet! mit Handſchuhen, mit Fechtel und al-
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Wilhelm auszuſchicken, und eine Saͤnfte beſtellen
zu laſſen.
Grauſames Kind! dachte ich: mußt du mich
ſo den Leuten in dem Hauſe zum Geſpoͤtte ma-
chen!
Sie wollen ausgehen, Fraͤulein?
Ja, mein Herr.
Jch glaube, ich ſahe verflucht dumm aus.
Ob ich gleich hundert Widerhacken in meinem Her-
tzen fuͤhlte, ſo ſagte ich doch ſehr demuͤthig: ich hoffe,
ſie werden vorher etwas zu ſich nehmen.
Wenn ſie mir ihre Abſichten deutlicher zu er-
kennen gegeben haͤtte, ſo waͤre ich vielleicht wieder
ſo boͤſe geworden, als ich geſtern war, und haͤtte
den Anfang zur Rache gemacht. Alles Giftige,
was in den Briefen der Fraͤulein Howe geſtan-
den hatte, kam mir auf einmal in das Gedaͤcht-
niß.
Ja! ſagte ſie: ſie wollte eine Taſſe Thee trin-
cken. Hiemit legte ſie Fechtel und Handſchuhe
in das Fenſter.
Jch war voller Verwirrung. Jch huſtete,
ich kratzte mich, wo mirs nicht juckete, ich wollte
reden, und wußte doch nicht, was ich ſagen ſollte.
Wer iſt nun bloͤde? dachte ich: wer iſt nun ſtoltz?
Wie kann ein gebieteriſches Frauenzimmer eine bloͤ-
de und beſcheidende Manns-Perſon in Furcht ſetzen!
Sie ſchien mir die Fraͤulein Howe zu ſeyn, und
ich war der kleinmuͤthige Hickman.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/233>, abgerufen am 22.07.2024.
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