möchten. Darum entschloß ich mich, zu schrei- ben, damit mein Brief ein Zeichen meiner Auf- richtigkeit seyn möchte. Denn ich bin kein Lo- velace, sondern ein ehrlicher guter Engländer. Jch hoffe also, Sie werden sich nicht weigern, die- sen Antrag mit ein Paar Zeilen zu beantworten: und seyn Sie versichert, daß ich dieses für eine große Ehre ansehen, und stoltz darüber seyn werde. Was kann ich mehr sagen? Sie sind Jhr eigener Herr, so wie ich: und Sie sollten auch immer Jhr eigener Herr oder Frau im Hause bleiben. Mercken sie das. Denn eine so kluge Frau muß etwas in dem Hause zu sagen haben.
Mein Brief ist zwar lang gerathen, allein die Sache erforderte es so, denn ich wollte nicht gern 2 Briefe schreiben, wenn einer die Sache verrichten kann. Darum wollte ich Jhnen auf einmahl mein gantzes Hertz schreiben.
Jch habe schon 2 Monath im Sinne gehabt, an sie zu schreiben: ich wußte aber nicht, wie ich den Brief anfangen sollte, weil ich in dergleichen Dingen keine Erfahrung habe. Und nun seyn Sie gütig gegen
Jhren gehorsamsten Liebhaber und ergebensten Diener Ant. Harlowe.
Das ist ein Liebes-Brief! Wenn ich künftig diesem häßlichen Liebhaber meiner Mutter, der meiner so anzüglich in seinem Briefe gedencket,
nicht
moͤchten. Darum entſchloß ich mich, zu ſchrei- ben, damit mein Brief ein Zeichen meiner Auf- richtigkeit ſeyn moͤchte. Denn ich bin kein Lo- velace, ſondern ein ehrlicher guter Englaͤnder. Jch hoffe alſo, Sie werden ſich nicht weigern, die- ſen Antrag mit ein Paar Zeilen zu beantworten: und ſeyn Sie verſichert, daß ich dieſes fuͤr eine große Ehre anſehen, und ſtoltz daruͤber ſeyn werde. Was kann ich mehr ſagen? Sie ſind Jhr eigener Herr, ſo wie ich: und Sie ſollten auch immer Jhr eigener Herr oder Frau im Hauſe bleiben. Mercken ſie das. Denn eine ſo kluge Frau muß etwas in dem Hauſe zu ſagen haben.
Mein Brief iſt zwar lang gerathen, allein die Sache erforderte es ſo, denn ich wollte nicht gern 2 Briefe ſchreiben, wenn einer die Sache verrichten kann. Darum wollte ich Jhnen auf einmahl mein gantzes Hertz ſchreiben.
Jch habe ſchon 2 Monath im Sinne gehabt, an ſie zu ſchreiben: ich wußte aber nicht, wie ich den Brief anfangen ſollte, weil ich in dergleichen Dingen keine Erfahrung habe. Und nun ſeyn Sie guͤtig gegen
Jhren gehorſamſten Liebhaber und ergebenſten Diener Ant. Harlowe.
Das iſt ein Liebes-Brief! Wenn ich kuͤnftig dieſem haͤßlichen Liebhaber meiner Mutter, der meiner ſo anzuͤglich in ſeinem Briefe gedencket,
nicht
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><floatingText><body><p><pbfacs="#f0177"n="171"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
moͤchten. Darum entſchloß ich mich, zu ſchrei-<lb/>
ben, damit mein Brief ein Zeichen meiner Auf-<lb/>
richtigkeit ſeyn moͤchte. Denn ich bin kein <hirendition="#fr">Lo-<lb/>
velace,</hi>ſondern ein ehrlicher guter Englaͤnder.<lb/>
Jch hoffe alſo, Sie werden ſich nicht weigern, die-<lb/>ſen Antrag mit ein Paar Zeilen zu beantworten:<lb/>
und ſeyn Sie verſichert, daß ich dieſes fuͤr eine<lb/>
große Ehre anſehen, und ſtoltz daruͤber ſeyn werde.<lb/>
Was kann ich mehr ſagen? Sie ſind Jhr eigener<lb/>
Herr, ſo wie ich: und Sie ſollten auch immer<lb/>
Jhr eigener Herr oder Frau im Hauſe bleiben.<lb/>
Mercken ſie das. Denn eine ſo kluge Frau muß<lb/>
etwas in dem Hauſe zu ſagen haben.</p><lb/><p>Mein Brief iſt zwar lang gerathen, allein<lb/>
die Sache erforderte es ſo, denn ich wollte nicht<lb/>
gern 2 Briefe ſchreiben, wenn einer die Sache<lb/>
verrichten kann. Darum wollte ich Jhnen auf<lb/>
einmahl mein gantzes Hertz ſchreiben.</p><lb/><p>Jch habe ſchon 2 Monath im Sinne gehabt,<lb/>
an ſie zu ſchreiben: ich wußte aber nicht, wie ich<lb/>
den Brief anfangen ſollte, weil ich in dergleichen<lb/>
Dingen keine Erfahrung habe. Und nun ſeyn<lb/>
Sie guͤtig gegen</p><lb/><closer><salute><hirendition="#et">Jhren gehorſamſten Liebhaber<lb/>
und ergebenſten Diener<lb/><hirendition="#fr">Ant. Harlowe.</hi></hi></salute></closer></body></floatingText><lb/><p>Das iſt ein Liebes-Brief! Wenn ich kuͤnftig<lb/>
dieſem haͤßlichen Liebhaber meiner Mutter, der<lb/>
meiner ſo anzuͤglich in ſeinem Briefe gedencket,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">nicht</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[171/0177]
moͤchten. Darum entſchloß ich mich, zu ſchrei-
ben, damit mein Brief ein Zeichen meiner Auf-
richtigkeit ſeyn moͤchte. Denn ich bin kein Lo-
velace, ſondern ein ehrlicher guter Englaͤnder.
Jch hoffe alſo, Sie werden ſich nicht weigern, die-
ſen Antrag mit ein Paar Zeilen zu beantworten:
und ſeyn Sie verſichert, daß ich dieſes fuͤr eine
große Ehre anſehen, und ſtoltz daruͤber ſeyn werde.
Was kann ich mehr ſagen? Sie ſind Jhr eigener
Herr, ſo wie ich: und Sie ſollten auch immer
Jhr eigener Herr oder Frau im Hauſe bleiben.
Mercken ſie das. Denn eine ſo kluge Frau muß
etwas in dem Hauſe zu ſagen haben.
Mein Brief iſt zwar lang gerathen, allein
die Sache erforderte es ſo, denn ich wollte nicht
gern 2 Briefe ſchreiben, wenn einer die Sache
verrichten kann. Darum wollte ich Jhnen auf
einmahl mein gantzes Hertz ſchreiben.
Jch habe ſchon 2 Monath im Sinne gehabt,
an ſie zu ſchreiben: ich wußte aber nicht, wie ich
den Brief anfangen ſollte, weil ich in dergleichen
Dingen keine Erfahrung habe. Und nun ſeyn
Sie guͤtig gegen
Jhren gehorſamſten Liebhaber
und ergebenſten Diener
Ant. Harlowe.
Das iſt ein Liebes-Brief! Wenn ich kuͤnftig
dieſem haͤßlichen Liebhaber meiner Mutter, der
meiner ſo anzuͤglich in ſeinem Briefe gedencket,
nicht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/177>, abgerufen am 23.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.