Fretchville. Jch hatte mit dem Capitain Men- nell geredet, und ihn gebeten, mehr in die Witwe zu dringen. (Sie hatte Mitleiden mit Frau Fretchville. Eine abermahlige glückliche Folge des Horchens!) Jch hatte an meinen Onckle ge- schrieben, und wartete auf Antwort. Jch erhielt Erlaubniß, den Abend bey ihr zu speisen, und bat sie, meinen Brief durchzusehen, und mir zu sagen, wo ich etwas verbessern sollte. Sie versprach, mir eine vollständigere Antwort zu geben, so bald sie von Fräulein Howe Briefe erhalten hätte.
Jch bat sie, mit mir auf den Sonnabend nach dem Schau-Spiel zu fahren. Sie machte mir ei- nige Einwendungen, wie ich zum Voraus gedacht hatte, die von ihres Bruders Anschlägen und von der Hitze hergenommen waren. Allein sie that dieses auf eine solche Art, als wenn sie sich fürch- tete, mich zu beleidigen. (Abermahls eine Wir- ckung von dem Horchen.) Sie überwand aber doch diese Schwierigkeiten, und entschloß sich, mit mir zu fahren.
Der Freytag vergieng eben so glücklich.
Das sind einmahl zwey glückliche Tage für uns beide! Warum kann ich nicht alle Tage so ver- gnügt und glücklich machen. Es hat fast das Ansehen, als wenn dieses bey mir stünde. Jst es nicht wunderlich, daß ich ein Vergnügen daran finde, ein Frauenzimmer zu plagen, das ich doch so zärtlich liebe. Jch muß in meinem Gemüthe etwas gleiches mit der Fräulein Howe haben, die auch ihre Freude daran hat, wenn sie einen Mann
plagen
Fretchville. Jch hatte mit dem Capitain Men- nell geredet, und ihn gebeten, mehr in die Witwe zu dringen. (Sie hatte Mitleiden mit Frau Fretchville. Eine abermahlige gluͤckliche Folge des Horchens!) Jch hatte an meinen Onckle ge- ſchrieben, und wartete auf Antwort. Jch erhielt Erlaubniß, den Abend bey ihr zu ſpeiſen, und bat ſie, meinen Brief durchzuſehen, und mir zu ſagen, wo ich etwas verbeſſern ſollte. Sie verſprach, mir eine vollſtaͤndigere Antwort zu geben, ſo bald ſie von Fraͤulein Howe Briefe erhalten haͤtte.
Jch bat ſie, mit mir auf den Sonnabend nach dem Schau-Spiel zu fahren. Sie machte mir ei- nige Einwendungen, wie ich zum Voraus gedacht hatte, die von ihres Bruders Anſchlaͤgen und von der Hitze hergenommen waren. Allein ſie that dieſes auf eine ſolche Art, als wenn ſie ſich fuͤrch- tete, mich zu beleidigen. (Abermahls eine Wir- ckung von dem Horchen.) Sie uͤberwand aber doch dieſe Schwierigkeiten, und entſchloß ſich, mit mir zu fahren.
Der Freytag vergieng eben ſo gluͤcklich.
Das ſind einmahl zwey gluͤckliche Tage fuͤr uns beide! Warum kann ich nicht alle Tage ſo ver- gnuͤgt und gluͤcklich machen. Es hat faſt das Anſehen, als wenn dieſes bey mir ſtuͤnde. Jſt es nicht wunderlich, daß ich ein Vergnuͤgen daran finde, ein Frauenzimmer zu plagen, das ich doch ſo zaͤrtlich liebe. Jch muß in meinem Gemuͤthe etwas gleiches mit der Fraͤulein Howe haben, die auch ihre Freude daran hat, wenn ſie einen Mann
plagen
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Fretchville. Jch hatte mit dem Capitain Men-
nell geredet, und ihn gebeten, mehr in die Witwe
zu dringen. (Sie hatte Mitleiden mit Frau
Fretchville. Eine abermahlige gluͤckliche Folge
des Horchens!) Jch hatte an meinen Onckle ge-
ſchrieben, und wartete auf Antwort. Jch erhielt
Erlaubniß, den Abend bey ihr zu ſpeiſen, und bat
ſie, meinen Brief durchzuſehen, und mir zu ſagen,
wo ich etwas verbeſſern ſollte. Sie verſprach,
mir eine vollſtaͤndigere Antwort zu geben, ſo bald
ſie von Fraͤulein Howe Briefe erhalten haͤtte.
Jch bat ſie, mit mir auf den Sonnabend nach
dem Schau-Spiel zu fahren. Sie machte mir ei-
nige Einwendungen, wie ich zum Voraus gedacht
hatte, die von ihres Bruders Anſchlaͤgen und von
der Hitze hergenommen waren. Allein ſie that
dieſes auf eine ſolche Art, als wenn ſie ſich fuͤrch-
tete, mich zu beleidigen. (Abermahls eine Wir-
ckung von dem Horchen.) Sie uͤberwand aber
doch dieſe Schwierigkeiten, und entſchloß ſich, mit
mir zu fahren.
Der Freytag vergieng eben ſo gluͤcklich.
Das ſind einmahl zwey gluͤckliche Tage fuͤr
uns beide! Warum kann ich nicht alle Tage ſo ver-
gnuͤgt und gluͤcklich machen. Es hat faſt das
Anſehen, als wenn dieſes bey mir ſtuͤnde. Jſt es
nicht wunderlich, daß ich ein Vergnuͤgen daran
finde, ein Frauenzimmer zu plagen, das ich doch
ſo zaͤrtlich liebe. Jch muß in meinem Gemuͤthe
etwas gleiches mit der Fraͤulein Howe haben, die
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/160>, abgerufen am 22.07.2024.
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