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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749.

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mit Kummer und Sorgen sehr frühzeitig bekannt
zu machen. Sie müssen sich nicht verwundern,
wenn der Nahme eines Vaters einen tieffen Ein-
druck bey einem Kinde macht, das wegen seiner jun-
gen Jahre den Schutz der Eltern noch nöthig hat,
und nie ungehorsam gewesen ist, ehe es sie kennen
lernte.

Er wandte sich nach dem Fenster zu. (Freuen
Sie sich mit mir, daß er nicht ein gantz fühlloses
Hertz hat, da ich ihm bestimmet zu seyn scheine.)
Man konnte an ihm mercken, was in seinem Ge-
müthe vorging, ob er sich gleich bemühete, es zu
unterdrücken, und zu verbergen. Er wandte sich
wieder zu mir, allein er mußte das Gesicht von neu-
en wegkehren, und sagte etwas von Engeln und
Englisch. Endlich erhielt er ein Hertz, das sei-
nen Wünschen gemäß war, und nahete sich mir von
neuen. Er sagte: weil der Lord M. das Podagra
hätte, so fürchtete er, daß die Einladung desselben
zu unserer Hochzeit einen längeren Aufschub verur-
sachen möchte, als ihm erträglich sey. Er wünschte,
daß er nichts davon gesagt hätte.

Sie werden von selbst glauben, daß ich nicht
ein Wort antworten konnte. So viel zärtliche Liebe
auf den Lippen! Ein so gelassenes, so gehorsa-
mes und vernünftiges Hertz gegen einen Onckle,
den er vorhin immer verachtet hatte! Warum hat
mich mein Schicksal an einen solchen Menschen ver-
schleudert? dachte ich bey mir selbst.

Er hielt innen, als wenn er mit sich selbst zu strei-
ten hätte. Nachdem er ein paar mahl in der Stu-

be



mit Kummer und Sorgen ſehr fruͤhzeitig bekannt
zu machen. Sie muͤſſen ſich nicht verwundern,
wenn der Nahme eines Vaters einen tieffen Ein-
druck bey einem Kinde macht, das wegen ſeiner jun-
gen Jahre den Schutz der Eltern noch noͤthig hat,
und nie ungehorſam geweſen iſt, ehe es ſie kennen
lernte.

Er wandte ſich nach dem Fenſter zu. (Freuen
Sie ſich mit mir, daß er nicht ein gantz fuͤhlloſes
Hertz hat, da ich ihm beſtimmet zu ſeyn ſcheine.)
Man konnte an ihm mercken, was in ſeinem Ge-
muͤthe vorging, ob er ſich gleich bemuͤhete, es zu
unterdruͤcken, und zu verbergen. Er wandte ſich
wieder zu mir, allein er mußte das Geſicht von neu-
en wegkehren, und ſagte etwas von Engeln und
Engliſch. Endlich erhielt er ein Hertz, das ſei-
nen Wuͤnſchen gemaͤß war, und nahete ſich mir von
neuen. Er ſagte: weil der Lord M. das Podagra
haͤtte, ſo fuͤrchtete er, daß die Einladung deſſelben
zu unſerer Hochzeit einen laͤngeren Aufſchub verur-
ſachen moͤchte, als ihm ertraͤglich ſey. Er wuͤnſchte,
daß er nichts davon geſagt haͤtte.

Sie werden von ſelbſt glauben, daß ich nicht
ein Wort antworten konnte. So viel zaͤrtliche Liebe
auf den Lippen! Ein ſo gelaſſenes, ſo gehorſa-
mes und vernuͤnftiges Hertz gegen einen Onckle,
den er vorhin immer verachtet hatte! Warum hat
mich mein Schickſal an einen ſolchen Menſchen ver-
ſchleudert? dachte ich bey mir ſelbſt.

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ten haͤtte. Nachdem er ein paar mahl in der Stu-

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[95/0101] mit Kummer und Sorgen ſehr fruͤhzeitig bekannt zu machen. Sie muͤſſen ſich nicht verwundern, wenn der Nahme eines Vaters einen tieffen Ein- druck bey einem Kinde macht, das wegen ſeiner jun- gen Jahre den Schutz der Eltern noch noͤthig hat, und nie ungehorſam geweſen iſt, ehe es ſie kennen lernte. Er wandte ſich nach dem Fenſter zu. (Freuen Sie ſich mit mir, daß er nicht ein gantz fuͤhlloſes Hertz hat, da ich ihm beſtimmet zu ſeyn ſcheine.) Man konnte an ihm mercken, was in ſeinem Ge- muͤthe vorging, ob er ſich gleich bemuͤhete, es zu unterdruͤcken, und zu verbergen. Er wandte ſich wieder zu mir, allein er mußte das Geſicht von neu- en wegkehren, und ſagte etwas von Engeln und Engliſch. Endlich erhielt er ein Hertz, das ſei- nen Wuͤnſchen gemaͤß war, und nahete ſich mir von neuen. Er ſagte: weil der Lord M. das Podagra haͤtte, ſo fuͤrchtete er, daß die Einladung deſſelben zu unſerer Hochzeit einen laͤngeren Aufſchub verur- ſachen moͤchte, als ihm ertraͤglich ſey. Er wuͤnſchte, daß er nichts davon geſagt haͤtte. Sie werden von ſelbſt glauben, daß ich nicht ein Wort antworten konnte. So viel zaͤrtliche Liebe auf den Lippen! Ein ſo gelaſſenes, ſo gehorſa- mes und vernuͤnftiges Hertz gegen einen Onckle, den er vorhin immer verachtet hatte! Warum hat mich mein Schickſal an einen ſolchen Menſchen ver- ſchleudert? dachte ich bey mir ſelbſt. Er hielt innen, als wenn er mit ſich ſelbſt zu ſtrei- ten haͤtte. Nachdem er ein paar mahl in der Stu- be

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/101>, abgerufen am 24.11.2024.