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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749.

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Nachbar zu bekümmern, als sich selbst zu prüfen
und zu bessern.

Noch eins erlauben Sie mir hinzu zu thun, ob
ich es gleich ungern schreibe. Sie sagen sehr viel
richtiges von den allzu klugen Frauens, und ich
gebe Jhnen gern zu, daß ein Mann an einer solchen
Frau leicht so viel zu dulden haben mag, als er Nu-
tzen und Vortheil von ihr hat: allein vielleicht wäre
die Lady Hartley etwas besser davon gekommen,
wenn Sie Jhre Feder nicht eben in Galle getunckt
hätten, weil Sie an Jhre Frau Mutter gedachten.



Der ein und viertzigste Brief.
Eine abermahlige Fortsetzung des vorigen von der
Fräulein Cl. Harlowe.

Nun noch ein Paar Worte, mein Schatz, von
dem Verbot, nicht an mich zu schreiben. Jch
habe mich nicht unterstanden vorhin anders als
gleichsam im Vorbeygehen dieses Verbotes zu er-
wähnen, weil ich sahe, daß meine Lehre meine ei-
genen Handlungen und die Briefe die ich schrieb
verdammen würde.

Sie verbieten mir, Jhnen diesen Briefwechsel
zu widerrathen. Herr Hickmann, sagen Sie,
billiget ihn, und ist so gütig selbst auf einige Weise
der Briefträger zu werden. Allein dieses thut mir
noch kein Genügen.

Jch bin gantz ungeschickt, Gewissens-Fragen zu
beantworten. Das Vergnügen, das ich empfinde,

wenn



Nachbar zu bekuͤmmern, als ſich ſelbſt zu pruͤfen
und zu beſſern.

Noch eins erlauben Sie mir hinzu zu thun, ob
ich es gleich ungern ſchreibe. Sie ſagen ſehr viel
richtiges von den allzu klugen Frauens, und ich
gebe Jhnen gern zu, daß ein Mann an einer ſolchen
Frau leicht ſo viel zu dulden haben mag, als er Nu-
tzen und Vortheil von ihr hat: allein vielleicht waͤre
die Lady Hartley etwas beſſer davon gekommen,
wenn Sie Jhre Feder nicht eben in Galle getunckt
haͤtten, weil Sie an Jhre Frau Mutter gedachten.



Der ein und viertzigſte Brief.
Eine abermahlige Fortſetzung des vorigen von der
Fraͤulein Cl. Harlowe.

Nun noch ein Paar Worte, mein Schatz, von
dem Verbot, nicht an mich zu ſchreiben. Jch
habe mich nicht unterſtanden vorhin anders als
gleichſam im Vorbeygehen dieſes Verbotes zu er-
waͤhnen, weil ich ſahe, daß meine Lehre meine ei-
genen Handlungen und die Briefe die ich ſchrieb
verdammen wuͤrde.

Sie verbieten mir, Jhnen dieſen Briefwechſel
zu widerrathen. Herr Hickmann, ſagen Sie,
billiget ihn, und iſt ſo guͤtig ſelbſt auf einige Weiſe
der Brieftraͤger zu werden. Allein dieſes thut mir
noch kein Genuͤgen.

Jch bin gantz ungeſchickt, Gewiſſens-Fragen zu
beantworten. Das Vergnuͤgen, das ich empfinde,

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[324/0338] Nachbar zu bekuͤmmern, als ſich ſelbſt zu pruͤfen und zu beſſern. Noch eins erlauben Sie mir hinzu zu thun, ob ich es gleich ungern ſchreibe. Sie ſagen ſehr viel richtiges von den allzu klugen Frauens, und ich gebe Jhnen gern zu, daß ein Mann an einer ſolchen Frau leicht ſo viel zu dulden haben mag, als er Nu- tzen und Vortheil von ihr hat: allein vielleicht waͤre die Lady Hartley etwas beſſer davon gekommen, wenn Sie Jhre Feder nicht eben in Galle getunckt haͤtten, weil Sie an Jhre Frau Mutter gedachten. Der ein und viertzigſte Brief. Eine abermahlige Fortſetzung des vorigen von der Fraͤulein Cl. Harlowe. Nun noch ein Paar Worte, mein Schatz, von dem Verbot, nicht an mich zu ſchreiben. Jch habe mich nicht unterſtanden vorhin anders als gleichſam im Vorbeygehen dieſes Verbotes zu er- waͤhnen, weil ich ſahe, daß meine Lehre meine ei- genen Handlungen und die Briefe die ich ſchrieb verdammen wuͤrde. Sie verbieten mir, Jhnen dieſen Briefwechſel zu widerrathen. Herr Hickmann, ſagen Sie, billiget ihn, und iſt ſo guͤtig ſelbſt auf einige Weiſe der Brieftraͤger zu werden. Allein dieſes thut mir noch kein Genuͤgen. Jch bin gantz ungeſchickt, Gewiſſens-Fragen zu beantworten. Das Vergnuͤgen, das ich empfinde, wenn

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/338>, abgerufen am 21.11.2024.