Du machst mir noch den Einwurff: Dolemann sey nicht geschickt einen solchen Brief zu schreiben. - - Kannst du denn nicht dencken, daß ich ihm die Mühe erspart, und da ich London so gut kenne ei- nen Brief vorgeschrieben habe, den er abschreiben mußte?
Was sagst du nun von mir, Belford?
Was meinest du, wenn ich dir das Amt, dich nach Zimmern zu erkundigen, zu Anfang zuge- dacht habe? und die Fräulein hat dich verworfen? ohne eintzige Ursache verworfen, als weil ich dich werth schätze? Was sagst du nun von der Fräulein?
Nie muß es einem an Gelegenheit, an Räncken mangeln. Was für ein Ober-Schelm ist dein Freund! komm Belford, siehe mir zu, ich will auf- schwellen. Jch bin schon so groß als ein Elephan- te. Habe ich nicht Ursache, dem Monde einen Stoß mit meinen Rüssel zu geben? Gott erbarme sich seiner armseeligen Geschöpfe. Wundre dich nicht, wenn ich dich von Hertzen verachte; denn wer sich selbst recht erhöhen will, der muß andere nothwendig verachten.
Davon, daß Dolemann einen Winck in dem Hause der Witwe gegeben hat, als wären wir verheyrathet, will ich guten Gebrauch machen. Jch will dir aber nicht alles auf einmahl erzählen; und ich habe dieses Stück noch nicht genug durchge- dacht. Wenn man sich nach den Bewegungen ei- nes wachsamen Feindes richten muß, so kann man nicht zum voraus sagen, was man thun wird.
Die
Du machſt mir noch den Einwurff: Dolemann ſey nicht geſchickt einen ſolchen Brief zu ſchreiben. ‒ ‒ Kannſt du denn nicht dencken, daß ich ihm die Muͤhe erſpart, und da ich London ſo gut kenne ei- nen Brief vorgeſchrieben habe, den er abſchreiben mußte?
Was ſagſt du nun von mir, Belford?
Was meineſt du, wenn ich dir das Amt, dich nach Zimmern zu erkundigen, zu Anfang zuge- dacht habe? und die Fraͤulein hat dich verworfen? ohne eintzige Urſache verworfen, als weil ich dich werth ſchaͤtze? Was ſagſt du nun von der Fraͤulein?
Nie muß es einem an Gelegenheit, an Raͤncken mangeln. Was fuͤr ein Ober-Schelm iſt dein Freund! komm Belford, ſiehe mir zu, ich will auf- ſchwellen. Jch bin ſchon ſo groß als ein Elephan- te. Habe ich nicht Urſache, dem Monde einen Stoß mit meinen Ruͤſſel zu geben? Gott erbarme ſich ſeiner armſeeligen Geſchoͤpfe. Wundre dich nicht, wenn ich dich von Hertzen verachte; denn wer ſich ſelbſt recht erhoͤhen will, der muß andere nothwendig verachten.
Davon, daß Dolemann einen Winck in dem Hauſe der Witwe gegeben hat, als waͤren wir verheyrathet, will ich guten Gebrauch machen. Jch will dir aber nicht alles auf einmahl erzaͤhlen; und ich habe dieſes Stuͤck noch nicht genug durchge- dacht. Wenn man ſich nach den Bewegungen ei- nes wachſamen Feindes richten muß, ſo kann man nicht zum voraus ſagen, was man thun wird.
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Du machſt mir noch den Einwurff: Dolemann
ſey nicht geſchickt einen ſolchen Brief zu ſchreiben.
‒ ‒ Kannſt du denn nicht dencken, daß ich ihm die
Muͤhe erſpart, und da ich London ſo gut kenne ei-
nen Brief vorgeſchrieben habe, den er abſchreiben
mußte?
Was ſagſt du nun von mir, Belford?
Was meineſt du, wenn ich dir das Amt, dich
nach Zimmern zu erkundigen, zu Anfang zuge-
dacht habe? und die Fraͤulein hat dich verworfen?
ohne eintzige Urſache verworfen, als weil ich dich
werth ſchaͤtze? Was ſagſt du nun von der Fraͤulein?
Nie muß es einem an Gelegenheit, an Raͤncken
mangeln. Was fuͤr ein Ober-Schelm iſt dein
Freund! komm Belford, ſiehe mir zu, ich will auf-
ſchwellen. Jch bin ſchon ſo groß als ein Elephan-
te. Habe ich nicht Urſache, dem Monde einen
Stoß mit meinen Ruͤſſel zu geben? Gott erbarme
ſich ſeiner armſeeligen Geſchoͤpfe. Wundre dich
nicht, wenn ich dich von Hertzen verachte; denn
wer ſich ſelbſt recht erhoͤhen will, der muß andere
nothwendig verachten.
Davon, daß Dolemann einen Winck in dem
Hauſe der Witwe gegeben hat, als waͤren wir
verheyrathet, will ich guten Gebrauch machen.
Jch will dir aber nicht alles auf einmahl erzaͤhlen;
und ich habe dieſes Stuͤck noch nicht genug durchge-
dacht. Wenn man ſich nach den Bewegungen ei-
nes wachſamen Feindes richten muß, ſo kann man
nicht zum voraus ſagen, was man thun wird.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/313>, abgerufen am 27.11.2024.
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