ich auf eine vergnügtere Weise anwenden können, bey seinen Verwanten meinen Besuch abzustatten, und von ihnen Besuch anzunehmen. Mit der Fräulein Howe, mit wem ich beliebte, würde ich einen angenehmen Umgang haben können. Eben hiedurch würde die Aussöhnung mit meinen Anverwanten, die mir so sehr am Hertzen liege, am besten befördert werden.
Jch dachte eben an Jhren Rath, und er mach- te einen starcken Eindruck bey mir. Seine Gründe, und die Betrachtung meiner eigenen Umstände, hätten bey nahe ein Ja erzwingen können. Al- lein was sollte ich sagen? Jch hätte einen Vor- mund nöthig gehabt. Jch konnte mich nicht über- winden, so zu handeln, als wenn auf einmahl al- les das, was man jüngferliche Zärtlichkeit nen- net, vergessen seyn sollte. Es that mir Leyd, daß diese so bald am Ende seyn sollte.
Er sahe, daß ich seinen Antrag nicht übel nahm, Jch ward zwar feuer-roth, das weiß ich gewiß: und sahe so aus, als wenn ich nicht wüßte wozu ich greiffen sollte.
An Muthe fehlt es ihm nicht. Verlangt er, daß ich sein allererstes gnädiges Wort bey den Haren ergreiffen soll? Jch schwieg stille! Pflegt nicht das dreiste Geschlecht hieraus ein Ja zu machen? Jch war nicht lange aus meines Vaters Hause weg. Jch hatte ihm vor Empfang Jhrer Briefe in meinen Briefen gemeldet, daß ich ihn nicht ver- langte, ehe er nicht gleichsam eine Probe-Zeit ausgestanden hätte. Wie konnte ich bey einem so
unver-
ich auf eine vergnuͤgtere Weiſe anwenden koͤnnen, bey ſeinen Verwanten meinen Beſuch abzuſtatten, und von ihnen Beſuch anzunehmen. Mit der Fraͤulein Howe, mit wem ich beliebte, wuͤrde ich einen angenehmen Umgang haben koͤnnen. Eben hiedurch wuͤrde die Ausſoͤhnung mit meinen Anverwanten, die mir ſo ſehr am Hertzen liege, am beſten befoͤrdert werden.
Jch dachte eben an Jhren Rath, und er mach- te einen ſtarcken Eindruck bey mir. Seine Gruͤnde, und die Betrachtung meiner eigenen Umſtaͤnde, haͤtten bey nahe ein Ja erzwingen koͤnnen. Al- lein was ſollte ich ſagen? Jch haͤtte einen Vor- mund noͤthig gehabt. Jch konnte mich nicht uͤber- winden, ſo zu handeln, als wenn auf einmahl al- les das, was man juͤngferliche Zaͤrtlichkeit nen- net, vergeſſen ſeyn ſollte. Es that mir Leyd, daß dieſe ſo bald am Ende ſeyn ſollte.
Er ſahe, daß ich ſeinen Antrag nicht uͤbel nahm, Jch ward zwar feuer-roth, das weiß ich gewiß: und ſahe ſo aus, als wenn ich nicht wuͤßte wozu ich greiffen ſollte.
An Muthe fehlt es ihm nicht. Verlangt er, daß ich ſein allererſtes gnaͤdiges Wort bey den Haren ergreiffen ſoll? Jch ſchwieg ſtille! Pflegt nicht das dreiſte Geſchlecht hieraus ein Ja zu machen? Jch war nicht lange aus meines Vaters Hauſe weg. Jch hatte ihm vor Empfang Jhrer Briefe in meinen Briefen gemeldet, daß ich ihn nicht ver- langte, ehe er nicht gleichſam eine Probe-Zeit ausgeſtanden haͤtte. Wie konnte ich bey einem ſo
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ich auf eine vergnuͤgtere Weiſe anwenden koͤnnen,
bey ſeinen Verwanten meinen Beſuch abzuſtatten,
und von ihnen Beſuch anzunehmen. Mit der
Fraͤulein Howe, mit wem ich beliebte, wuͤrde
ich einen angenehmen Umgang haben koͤnnen.
Eben hiedurch wuͤrde die Ausſoͤhnung mit meinen
Anverwanten, die mir ſo ſehr am Hertzen liege,
am beſten befoͤrdert werden.
Jch dachte eben an Jhren Rath, und er mach-
te einen ſtarcken Eindruck bey mir. Seine Gruͤnde,
und die Betrachtung meiner eigenen Umſtaͤnde,
haͤtten bey nahe ein Ja erzwingen koͤnnen. Al-
lein was ſollte ich ſagen? Jch haͤtte einen Vor-
mund noͤthig gehabt. Jch konnte mich nicht uͤber-
winden, ſo zu handeln, als wenn auf einmahl al-
les das, was man juͤngferliche Zaͤrtlichkeit nen-
net, vergeſſen ſeyn ſollte. Es that mir Leyd, daß
dieſe ſo bald am Ende ſeyn ſollte.
Er ſahe, daß ich ſeinen Antrag nicht uͤbel nahm,
Jch ward zwar feuer-roth, das weiß ich gewiß:
und ſahe ſo aus, als wenn ich nicht wuͤßte wozu ich
greiffen ſollte.
An Muthe fehlt es ihm nicht. Verlangt er, daß
ich ſein allererſtes gnaͤdiges Wort bey den Haren
ergreiffen ſoll? Jch ſchwieg ſtille! Pflegt nicht das
dreiſte Geſchlecht hieraus ein Ja zu machen? Jch
war nicht lange aus meines Vaters Hauſe weg.
Jch hatte ihm vor Empfang Jhrer Briefe in
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langte, ehe er nicht gleichſam eine Probe-Zeit
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/169>, abgerufen am 24.11.2024.
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