drohet? und dem armen Solmes? Was hat ihm Solmes gethan? darf er um eine Person nicht anhalten, zu der er Lust hat? Ach wenn mich die Meinigen nur in diesem eintzigen Stü- cke nach meinen Einsichten handeln liessen. Jch habe ja dem Menschen nicht die geringste Hoff- nung gegeben, darauf er seine Drohungen grün- den könnte. Wenn mir Herr Solmes nur halb erträglich wäre, so möchte es sich vielleicht zeigen, daß jener hitzige Kopf sich selbst dadurch geschadet hätte, daß er Herrn Solmes Gele- genheit giebt um meinet willen etwas zu leiden, und sich dadurch um mich verdient zu machen. Mein Bruder geht mit mir um, als wenn ich eine einfältige Närrin wäre: allein Herr Love- lace soll finden - - doch ich will ihm selbst mei- ne Meinung schreiben, und denn werden Sie alles von ihm auf eine mir anständigere Weise erfahren.
Erlauben Sie mir noch, daß ich Jhnen mel- den muß, daß ich es mir selbst in meinen kühlern Stunden anziehe, wenn Sie, die ich für mich selbst und für mein Hertz ansehe, gegen meinen Bruder allerhand empfindliche Anmerckungen machen, und nachtheilige Vergleichungen zwi- schen ihm und Lovelace anstellen, er mag auch sonst seyn, wer er will. Er ist zwar nicht Jhr Bruder: allein vergessen Sie nicht, daß Sie an seine Schwester schreiben. Jn der That, sie tuncken Jhre Feder in lauter Galle, wenn Sie aufgebracht sind. Wenn ich einige Ausdrücke
lese,
Die Geſchichte
drohet? und dem armen Solmes? Was hat ihm Solmes gethan? darf er um eine Perſon nicht anhalten, zu der er Luſt hat? Ach wenn mich die Meinigen nur in dieſem eintzigen Stuͤ- cke nach meinen Einſichten handeln lieſſen. Jch habe ja dem Menſchen nicht die geringſte Hoff- nung gegeben, darauf er ſeine Drohungen gruͤn- den koͤnnte. Wenn mir Herr Solmes nur halb ertraͤglich waͤre, ſo moͤchte es ſich vielleicht zeigen, daß jener hitzige Kopf ſich ſelbſt dadurch geſchadet haͤtte, daß er Herrn Solmes Gele- genheit giebt um meinet willen etwas zu leiden, und ſich dadurch um mich verdient zu machen. Mein Bruder geht mit mir um, als wenn ich eine einfaͤltige Naͤrrin waͤre: allein Herr Love- lace ſoll finden ‒ ‒ doch ich will ihm ſelbſt mei- ne Meinung ſchreiben, und denn werden Sie alles von ihm auf eine mir anſtaͤndigere Weiſe erfahren.
Erlauben Sie mir noch, daß ich Jhnen mel- den muß, daß ich es mir ſelbſt in meinen kuͤhlern Stunden anziehe, wenn Sie, die ich fuͤr mich ſelbſt und fuͤr mein Hertz anſehe, gegen meinen Bruder allerhand empfindliche Anmerckungen machen, und nachtheilige Vergleichungen zwi- ſchen ihm und Lovelace anſtellen, er mag auch ſonſt ſeyn, wer er will. Er iſt zwar nicht Jhr Bruder: allein vergeſſen Sie nicht, daß Sie an ſeine Schweſter ſchreiben. Jn der That, ſie tuncken Jhre Feder in lauter Galle, wenn Sie aufgebracht ſind. Wenn ich einige Ausdruͤcke
leſe,
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Die Geſchichte
drohet? und dem armen Solmes? Was hat
ihm Solmes gethan? darf er um eine Perſon
nicht anhalten, zu der er Luſt hat? Ach wenn
mich die Meinigen nur in dieſem eintzigen Stuͤ-
cke nach meinen Einſichten handeln lieſſen. Jch
habe ja dem Menſchen nicht die geringſte Hoff-
nung gegeben, darauf er ſeine Drohungen gruͤn-
den koͤnnte. Wenn mir Herr Solmes nur
halb ertraͤglich waͤre, ſo moͤchte es ſich vielleicht
zeigen, daß jener hitzige Kopf ſich ſelbſt dadurch
geſchadet haͤtte, daß er Herrn Solmes Gele-
genheit giebt um meinet willen etwas zu leiden,
und ſich dadurch um mich verdient zu machen.
Mein Bruder geht mit mir um, als wenn ich
eine einfaͤltige Naͤrrin waͤre: allein Herr Love-
lace ſoll finden ‒ ‒ doch ich will ihm ſelbſt mei-
ne Meinung ſchreiben, und denn werden Sie
alles von ihm auf eine mir anſtaͤndigere Weiſe
erfahren.
Erlauben Sie mir noch, daß ich Jhnen mel-
den muß, daß ich es mir ſelbſt in meinen kuͤhlern
Stunden anziehe, wenn Sie, die ich fuͤr mich
ſelbſt und fuͤr mein Hertz anſehe, gegen meinen
Bruder allerhand empfindliche Anmerckungen
machen, und nachtheilige Vergleichungen zwi-
ſchen ihm und Lovelace anſtellen, er mag auch
ſonſt ſeyn, wer er will. Er iſt zwar nicht Jhr
Bruder: allein vergeſſen Sie nicht, daß Sie an
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aufgebracht ſind. Wenn ich einige Ausdruͤcke
leſe,
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/94>, abgerufen am 16.07.2024.
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