Die Frist werdet ihr nicht erhalten. Macht euch bereit, diesen Abend wegzureisen. Uebergebt die Schlüssel. Gebt sie mir, ich will sie eurer Mutter bringen.
Entschuldigt mich, mein Bruder. Jch thue es gewiß nicht!
Jhr müßt es gewiß thun! Jn keinem eintzi- gen Stücke nachzugeben! Fräulein Clärchen.
Jn diesem nicht.
Habt ihr etwas, das eure Mutter nicht se- hen soll.
Nein nichts! wenn ich nur meiner Mutter selbst aufwarten darf.
Jch will Nachricht davon geben.
Er ging hinaus, Fräulein Dorthgen kam bald darauf herein, und sagte: es thut mir leid, daß ich eine solche Botschaft ausrichten soll. Jh- re Frau Mutter bestehet darauf, daß sie alle Schlüssel, zur Stube, Büchervorrath und Schubladen schicken sollen.
Sagen sie meiner Mutter, daß sie ihrem Be- fehl zu Dienste stehen, und daß ich ihr keine Bedingungen vorschreiben will: wenn sie aber nichts verdächtiges findet, so bitte ich mir nur einige Tage Frist aus. Versuchen sie es, Dorth- gen (das liebe Kind stutzte aus Mitleiden) versuchen sie es, ob sie durch ihr freundliches Bitten etwas gutes für mich auswircken kön- nen.
Sie meinte noch mehr, und sagte; es ist be- trübt, betrübt genug, daß es so gehet.
Sie
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der Clariſſa.
Die Friſt werdet ihr nicht erhalten. Macht euch bereit, dieſen Abend wegzureiſen. Uebergebt die Schluͤſſel. Gebt ſie mir, ich will ſie eurer Mutter bringen.
Entſchuldigt mich, mein Bruder. Jch thue es gewiß nicht!
Jhr muͤßt es gewiß thun! Jn keinem eintzi- gen Stuͤcke nachzugeben! Fraͤulein Claͤrchen.
Jn dieſem nicht.
Habt ihr etwas, das eure Mutter nicht ſe- hen ſoll.
Nein nichts! wenn ich nur meiner Mutter ſelbſt aufwarten darf.
Jch will Nachricht davon geben.
Er ging hinaus, Fraͤulein Dorthgen kam bald darauf herein, und ſagte: es thut mir leid, daß ich eine ſolche Botſchaft ausrichten ſoll. Jh- re Frau Mutter beſtehet darauf, daß ſie alle Schluͤſſel, zur Stube, Buͤchervorrath und Schubladen ſchicken ſollen.
Sagen ſie meiner Mutter, daß ſie ihrem Be- fehl zu Dienſte ſtehen, und daß ich ihr keine Bedingungen vorſchreiben will: wenn ſie aber nichts verdaͤchtiges findet, ſo bitte ich mir nur einige Tage Friſt aus. Verſuchen ſie es, Dorth- gen (das liebe Kind ſtutzte aus Mitleiden) verſuchen ſie es, ob ſie durch ihr freundliches Bitten etwas gutes fuͤr mich auswircken koͤn- nen.
Sie meinte noch mehr, und ſagte; es iſt be- truͤbt, betruͤbt genug, daß es ſo gehet.
Sie
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der Clariſſa.
Die Friſt werdet ihr nicht erhalten. Macht
euch bereit, dieſen Abend wegzureiſen. Uebergebt
die Schluͤſſel. Gebt ſie mir, ich will ſie eurer
Mutter bringen.
Entſchuldigt mich, mein Bruder. Jch thue
es gewiß nicht!
Jhr muͤßt es gewiß thun! Jn keinem eintzi-
gen Stuͤcke nachzugeben! Fraͤulein Claͤrchen.
Jn dieſem nicht.
Habt ihr etwas, das eure Mutter nicht ſe-
hen ſoll.
Nein nichts! wenn ich nur meiner Mutter
ſelbſt aufwarten darf.
Jch will Nachricht davon geben.
Er ging hinaus, Fraͤulein Dorthgen kam
bald darauf herein, und ſagte: es thut mir leid,
daß ich eine ſolche Botſchaft ausrichten ſoll. Jh-
re Frau Mutter beſtehet darauf, daß ſie alle
Schluͤſſel, zur Stube, Buͤchervorrath und
Schubladen ſchicken ſollen.
Sagen ſie meiner Mutter, daß ſie ihrem Be-
fehl zu Dienſte ſtehen, und daß ich ihr keine
Bedingungen vorſchreiben will: wenn ſie aber
nichts verdaͤchtiges findet, ſo bitte ich mir nur
einige Tage Friſt aus. Verſuchen ſie es, Dorth-
gen (das liebe Kind ſtutzte aus Mitleiden)
verſuchen ſie es, ob ſie durch ihr freundliches
Bitten etwas gutes fuͤr mich auswircken koͤn-
nen.
Sie meinte noch mehr, und ſagte; es iſt be-
truͤbt, betruͤbt genug, daß es ſo gehet.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/345>, abgerufen am 23.11.2024.
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