"und daß Sie nicht mit ihr aus dem Ton, als "es ihr beliebte, sprechen würden.
"Entschliessen Sie sich doch, wertheste Fräu- "lein Clärchen, uns eine Wohlthat zu erzeigen: "wir insgesammt wollen Sie alsdenn mit of- "fenen Armen empfangen, und an unsere erfreue- "te Brust drücken. Wenn der eine Freyer nicht "so viel natürlichen Witz, Geschicklichkeit, und "Annehmlichkeit besitzt als der andere, so müssen "Sie dagegen bedencken, daß in keiner Brust ein "gottloseres Hertz schlägt, als das Hertz dieser "mit so vielen Vorzügen begabten Person. Sol- "ten Sie nicht die Liebe aller Jhrer Freunde, "und einen tugendhaften Mann, wenn er gleich "in der Aufführung nicht so artig ist, einem an- "genehmen Ertz-Bösewicht vorziehen? Jhre un- "vergleichlichen Eigenschaften werden machen, "daß der eine Sie anbeten wird: dahingegen "der andere diese Vorzüge selbst besitzt, und Sie "an Jhnen so hoch nicht schätzen wird. Denn "bisweilen sind herrschsüchtige Ehemänner auf "den Verstand ihrer Weiber eifersüchtig. Sie "werden gewiß an dem einen Freyer einen tu- "gendhaften Mann bekommen: und wenn Sie "ihn nicht so hart abgewiesen hätten, so würde "er Jhnen von dem andern Nachrichten gegeben "haben, daß Jhnen die Ohren hätten schallen "mögen.
"Seyn Sie gütig gegen mich, meine aller- "liebste Fräulein Base. Gönnen Sie mir die "Ehre, daß ich bey Jhnen ausrichten möge, was
sonst
Die Geſchichte
„und daß Sie nicht mit ihr aus dem Ton, als „es ihr beliebte, ſprechen wuͤrden.
„Entſchlieſſen Sie ſich doch, wertheſte Fraͤu- „lein Claͤrchen, uns eine Wohlthat zu erzeigen: „wir insgeſammt wollen Sie alsdenn mit of- „fenen Armen empfangen, und an unſere erfreue- „te Bruſt druͤcken. Wenn der eine Freyer nicht „ſo viel natuͤrlichen Witz, Geſchicklichkeit, und „Annehmlichkeit beſitzt als der andere, ſo muͤſſen „Sie dagegen bedencken, daß in keiner Bruſt ein „gottloſeres Hertz ſchlaͤgt, als das Hertz dieſer „mit ſo vielen Vorzuͤgen begabten Perſon. Sol- „ten Sie nicht die Liebe aller Jhrer Freunde, „und einen tugendhaften Mann, wenn er gleich „in der Auffuͤhrung nicht ſo artig iſt, einem an- „genehmen Ertz-Boͤſewicht vorziehen? Jhre un- „vergleichlichen Eigenſchaften werden machen, „daß der eine Sie anbeten wird: dahingegen „der andere dieſe Vorzuͤge ſelbſt beſitzt, und Sie „an Jhnen ſo hoch nicht ſchaͤtzen wird. Denn „bisweilen ſind herrſchſuͤchtige Ehemaͤnner auf „den Verſtand ihrer Weiber eiferſuͤchtig. Sie „werden gewiß an dem einen Freyer einen tu- „gendhaften Mann bekommen: und wenn Sie „ihn nicht ſo hart abgewieſen haͤtten, ſo wuͤrde „er Jhnen von dem andern Nachrichten gegeben „haben, daß Jhnen die Ohren haͤtten ſchallen „moͤgen.
„Seyn Sie guͤtig gegen mich, meine aller- „liebſte Fraͤulein Baſe. Goͤnnen Sie mir die „Ehre, daß ich bey Jhnen ausrichten moͤge, was
ſonſt
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><floatingText><body><p><pbfacs="#f0152"n="146"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#g">Die Geſchichte</hi></hi></fw><lb/>„und daß Sie nicht mit ihr aus dem Ton, als<lb/>„es ihr beliebte, ſprechen wuͤrden.</p><lb/><p>„Entſchlieſſen Sie ſich doch, wertheſte Fraͤu-<lb/>„lein Claͤrchen, uns eine Wohlthat zu erzeigen:<lb/>„wir insgeſammt wollen Sie alsdenn mit of-<lb/>„fenen Armen empfangen, und an unſere erfreue-<lb/>„te Bruſt druͤcken. Wenn der eine Freyer nicht<lb/>„ſo viel natuͤrlichen Witz, Geſchicklichkeit, und<lb/>„Annehmlichkeit beſitzt als der andere, ſo muͤſſen<lb/>„Sie dagegen bedencken, daß in keiner Bruſt ein<lb/>„gottloſeres Hertz ſchlaͤgt, als das Hertz dieſer<lb/>„mit ſo vielen Vorzuͤgen begabten Perſon. Sol-<lb/>„ten Sie nicht die Liebe aller Jhrer Freunde,<lb/>„und einen tugendhaften Mann, wenn er gleich<lb/>„in der Auffuͤhrung nicht ſo artig iſt, einem an-<lb/>„genehmen Ertz-Boͤſewicht vorziehen? Jhre un-<lb/>„vergleichlichen Eigenſchaften werden machen,<lb/>„daß der eine Sie anbeten wird: dahingegen<lb/>„der andere dieſe Vorzuͤge ſelbſt beſitzt, und Sie<lb/>„an Jhnen ſo hoch nicht ſchaͤtzen wird. Denn<lb/>„bisweilen ſind herrſchſuͤchtige Ehemaͤnner auf<lb/>„den Verſtand ihrer Weiber eiferſuͤchtig. Sie<lb/>„werden gewiß an dem einen Freyer einen tu-<lb/>„gendhaften Mann bekommen: und wenn Sie<lb/>„ihn nicht ſo hart abgewieſen haͤtten, ſo wuͤrde<lb/>„er Jhnen von dem andern Nachrichten gegeben<lb/>„haben, daß Jhnen die Ohren haͤtten ſchallen<lb/>„moͤgen.</p><lb/><p>„Seyn Sie guͤtig gegen mich, meine aller-<lb/>„liebſte Fraͤulein Baſe. Goͤnnen Sie mir die<lb/>„Ehre, daß ich bey Jhnen ausrichten moͤge, was<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſonſt</fw><lb/></p></body></floatingText></div></div></body></text></TEI>
[146/0152]
Die Geſchichte
„und daß Sie nicht mit ihr aus dem Ton, als
„es ihr beliebte, ſprechen wuͤrden.
„Entſchlieſſen Sie ſich doch, wertheſte Fraͤu-
„lein Claͤrchen, uns eine Wohlthat zu erzeigen:
„wir insgeſammt wollen Sie alsdenn mit of-
„fenen Armen empfangen, und an unſere erfreue-
„te Bruſt druͤcken. Wenn der eine Freyer nicht
„ſo viel natuͤrlichen Witz, Geſchicklichkeit, und
„Annehmlichkeit beſitzt als der andere, ſo muͤſſen
„Sie dagegen bedencken, daß in keiner Bruſt ein
„gottloſeres Hertz ſchlaͤgt, als das Hertz dieſer
„mit ſo vielen Vorzuͤgen begabten Perſon. Sol-
„ten Sie nicht die Liebe aller Jhrer Freunde,
„und einen tugendhaften Mann, wenn er gleich
„in der Auffuͤhrung nicht ſo artig iſt, einem an-
„genehmen Ertz-Boͤſewicht vorziehen? Jhre un-
„vergleichlichen Eigenſchaften werden machen,
„daß der eine Sie anbeten wird: dahingegen
„der andere dieſe Vorzuͤge ſelbſt beſitzt, und Sie
„an Jhnen ſo hoch nicht ſchaͤtzen wird. Denn
„bisweilen ſind herrſchſuͤchtige Ehemaͤnner auf
„den Verſtand ihrer Weiber eiferſuͤchtig. Sie
„werden gewiß an dem einen Freyer einen tu-
„gendhaften Mann bekommen: und wenn Sie
„ihn nicht ſo hart abgewieſen haͤtten, ſo wuͤrde
„er Jhnen von dem andern Nachrichten gegeben
„haben, daß Jhnen die Ohren haͤtten ſchallen
„moͤgen.
„Seyn Sie guͤtig gegen mich, meine aller-
„liebſte Fraͤulein Baſe. Goͤnnen Sie mir die
„Ehre, daß ich bey Jhnen ausrichten moͤge, was
ſonſt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/152>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.