entschuldiget, daß sie seiner Geburt und Stande alle Höflichkeit schuldig wären, und daß sie nicht gleich Ursachen mit meinem Vater hätten, ihm das Haus zu verbieten.
Sie sehen, daß ich mich einiger Entschuldigun- gen nicht bedient habe, die ich wohl hätte gebrau- chen können.
Es schien daß mein Bruder eben losbrechen wollte: und mein Vater nahm das Gesicht an, das gemeiniglich einen nahen Sturm verkündigt. Seine Brüder flisterten einander einige Worte in die Ohren. Meine Schwester hub beyde Hände auf, über mein grosses Verbrechen Klage zu füh- ren. Jch bat, daß man mich nur völlig hören möchte: und meine Mutter sagte: so laßt denn das Kind (dis war noch ihr gütiges Wort) ausreden!
Jch redete hierauf weiter: ich hoffte, es wäre nichts ungebührliches geschehen. Es würde sich für mich nicht geschickt haben, der Frau oder der Fräulein Howe vorzuschreiben, von wem sie Be- such annehmen sollten. Frau Howe habe stets ihre Lust an dem schertzhaften Wortwechsel ihrer Tochter und des Herrn Lovelace gehabt. Jch hätte ja ihren Gast mit keinem Rechte für einen ausgeben können, der um meinet willen kä- me: und nichts anders als dieses würde ich doch gethan haben, wenn ich mich geweigert hätte in ihre Gesellschaft zu kommen, so oft er sich mit darin befunden hätte. Jch hätte ihn über dieses nie anders gesprochen als in Gegenwart der
bey-
Die Geſchichte
entſchuldiget, daß ſie ſeiner Geburt und Stande alle Hoͤflichkeit ſchuldig waͤren, und daß ſie nicht gleich Urſachen mit meinem Vater haͤtten, ihm das Haus zu verbieten.
Sie ſehen, daß ich mich einiger Entſchuldigun- gen nicht bedient habe, die ich wohl haͤtte gebrau- chen koͤnnen.
Es ſchien daß mein Bruder eben losbrechen wollte: und mein Vater nahm das Geſicht an, das gemeiniglich einen nahen Sturm verkuͤndigt. Seine Bruͤder fliſterten einander einige Worte in die Ohren. Meine Schweſter hub beyde Haͤnde auf, uͤber mein groſſes Verbrechen Klage zu fuͤh- ren. Jch bat, daß man mich nur voͤllig hoͤren moͤchte: und meine Mutter ſagte: ſo laßt denn das Kind (dis war noch ihr guͤtiges Wort) ausreden!
Jch redete hierauf weiter: ich hoffte, es waͤre nichts ungebuͤhrliches geſchehen. Es wuͤrde ſich fuͤr mich nicht geſchickt haben, der Frau oder der Fraͤulein Howe vorzuſchreiben, von wem ſie Be- ſuch annehmen ſollten. Frau Howe habe ſtets ihre Luſt an dem ſchertzhaften Wortwechſel ihrer Tochter und des Herrn Lovelace gehabt. Jch haͤtte ja ihren Gaſt mit keinem Rechte fuͤr einen ausgeben koͤnnen, der um meinet willen kaͤ- me: und nichts anders als dieſes wuͤrde ich doch gethan haben, wenn ich mich geweigert haͤtte in ihre Geſellſchaft zu kommen, ſo oft er ſich mit darin befunden haͤtte. Jch haͤtte ihn uͤber dieſes nie anders geſprochen als in Gegenwart der
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[64/0084]
Die Geſchichte
entſchuldiget, daß ſie ſeiner Geburt und Stande
alle Hoͤflichkeit ſchuldig waͤren, und daß ſie nicht
gleich Urſachen mit meinem Vater haͤtten, ihm
das Haus zu verbieten.
Sie ſehen, daß ich mich einiger Entſchuldigun-
gen nicht bedient habe, die ich wohl haͤtte gebrau-
chen koͤnnen.
Es ſchien daß mein Bruder eben losbrechen
wollte: und mein Vater nahm das Geſicht an,
das gemeiniglich einen nahen Sturm verkuͤndigt.
Seine Bruͤder fliſterten einander einige Worte in
die Ohren. Meine Schweſter hub beyde Haͤnde
auf, uͤber mein groſſes Verbrechen Klage zu fuͤh-
ren. Jch bat, daß man mich nur voͤllig hoͤren
moͤchte: und meine Mutter ſagte: ſo laßt denn
das Kind (dis war noch ihr guͤtiges Wort)
ausreden!
Jch redete hierauf weiter: ich hoffte, es waͤre
nichts ungebuͤhrliches geſchehen. Es wuͤrde ſich
fuͤr mich nicht geſchickt haben, der Frau oder der
Fraͤulein Howe vorzuſchreiben, von wem ſie Be-
ſuch annehmen ſollten. Frau Howe habe ſtets
ihre Luſt an dem ſchertzhaften Wortwechſel ihrer
Tochter und des Herrn Lovelace gehabt. Jch
haͤtte ja ihren Gaſt mit keinem Rechte fuͤr einen
ausgeben koͤnnen, der um meinet willen kaͤ-
me: und nichts anders als dieſes wuͤrde
ich doch gethan haben, wenn ich mich geweigert
haͤtte in ihre Geſellſchaft zu kommen, ſo oft er ſich
mit darin befunden haͤtte. Jch haͤtte ihn uͤber
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/84>, abgerufen am 27.11.2024.
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