als andere zu verspotten. Allein ich bitte euch, Arabelle, haltet euch den Spiegel einmahl vor, und sehet, wie schlecht euch die Kleidung anstehet, die ihr mir so unbarmhertzig anlegen wollt.
Fy! Fy! Fräulein Clärchen; sagte meine Ba- se noch einmahl.
Sie würden auch zu meiner Schwester Fy! ge- sagt haben, wenn sie ihren unerträglichen Spott über mich mit angehört hätten.
Lassen sie uns gehen! (sagte meine Schwester) Sie mag von ihrem eigenen Gifft schwellen bis sie berstet. Sie findet mich auf dem Sinne, daß die- ses das letzte mahl ist, daß ich ihr nahe komme.
Jch antwortete: es ist so leicht euch mit euren eigenen Waffen zu überwinden, wenn ich nieder- trächtig genug seyn wollte, eurem bösen Exempel zu folgen, daß ich mich wundere, daß ihr mich rei- tzet. Weil ihr aber doch hinunter gehen wollt, Arabelle, (denn sie ging nach der Thür zu) so ver- gebt mir vorher: ich will euch auch vergeben. Jhr habt gedoppelte Ursache dieses zu thun: weil ihr älter seyd als ich, und weil ihr mich in meinem Ungück so muthwillig betrübt habet. Seyd ihr glücklich! das wünsche ich, wenn mein Glück gleich verschertzt seyn sollte. Habt nie die Hälfte von meinem Leyden auszustehen! Es sey eur Trost, daß ihr keine Schwester habt, die euch vergelten kann, was ihr mir gethan habt. Und so seegne euch GOtt.
O du bist ein - - Sie sagte nicht was ich wäre, sondern flog weg.
Jch fiel vor meiner Base nieder, und umfassete
ihre
Die Geſchichte
als andere zu verſpotten. Allein ich bitte euch, Arabelle, haltet euch den Spiegel einmahl vor, und ſehet, wie ſchlecht euch die Kleidung anſtehet, die ihr mir ſo unbarmhertzig anlegen wollt.
Fy! Fy! Fraͤulein Claͤrchen; ſagte meine Ba- ſe noch einmahl.
Sie wuͤrden auch zu meiner Schweſter Fy! ge- ſagt haben, wenn ſie ihren unertraͤglichen Spott uͤber mich mit angehoͤrt haͤtten.
Laſſen ſie uns gehen! (ſagte meine Schweſter) Sie mag von ihrem eigenen Gifft ſchwellen bis ſie berſtet. Sie findet mich auf dem Sinne, daß die- ſes das letzte mahl iſt, daß ich ihr nahe komme.
Jch antwortete: es iſt ſo leicht euch mit euren eigenen Waffen zu uͤberwinden, wenn ich nieder- traͤchtig genug ſeyn wollte, eurem boͤſen Exempel zu folgen, daß ich mich wundere, daß ihr mich rei- tzet. Weil ihr aber doch hinunter gehen wollt, Arabelle, (denn ſie ging nach der Thuͤr zu) ſo ver- gebt mir vorher: ich will euch auch vergeben. Jhr habt gedoppelte Urſache dieſes zu thun: weil ihr aͤlter ſeyd als ich, und weil ihr mich in meinem Unguͤck ſo muthwillig betruͤbt habet. Seyd ihr gluͤcklich! das wuͤnſche ich, wenn mein Gluͤck gleich verſchertzt ſeyn ſollte. Habt nie die Haͤlfte von meinem Leyden auszuſtehen! Es ſey eur Troſt, daß ihr keine Schweſter habt, die euch vergelten kann, was ihr mir gethan habt. Und ſo ſeegne euch GOtt.
O du biſt ein ‒ ‒ Sie ſagte nicht was ich waͤre, ſondern flog weg.
Jch fiel vor meiner Baſe nieder, und umfaſſete
ihre
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Die Geſchichte
als andere zu verſpotten. Allein ich bitte euch,
Arabelle, haltet euch den Spiegel einmahl vor,
und ſehet, wie ſchlecht euch die Kleidung anſtehet,
die ihr mir ſo unbarmhertzig anlegen wollt.
Fy! Fy! Fraͤulein Claͤrchen; ſagte meine Ba-
ſe noch einmahl.
Sie wuͤrden auch zu meiner Schweſter Fy! ge-
ſagt haben, wenn ſie ihren unertraͤglichen Spott
uͤber mich mit angehoͤrt haͤtten.
Laſſen ſie uns gehen! (ſagte meine Schweſter)
Sie mag von ihrem eigenen Gifft ſchwellen bis ſie
berſtet. Sie findet mich auf dem Sinne, daß die-
ſes das letzte mahl iſt, daß ich ihr nahe komme.
Jch antwortete: es iſt ſo leicht euch mit euren
eigenen Waffen zu uͤberwinden, wenn ich nieder-
traͤchtig genug ſeyn wollte, eurem boͤſen Exempel
zu folgen, daß ich mich wundere, daß ihr mich rei-
tzet. Weil ihr aber doch hinunter gehen wollt,
Arabelle, (denn ſie ging nach der Thuͤr zu) ſo ver-
gebt mir vorher: ich will euch auch vergeben. Jhr
habt gedoppelte Urſache dieſes zu thun: weil ihr
aͤlter ſeyd als ich, und weil ihr mich in meinem
Unguͤck ſo muthwillig betruͤbt habet. Seyd ihr
gluͤcklich! das wuͤnſche ich, wenn mein Gluͤck gleich
verſchertzt ſeyn ſollte. Habt nie die Haͤlfte von
meinem Leyden auszuſtehen! Es ſey eur Troſt,
daß ihr keine Schweſter habt, die euch vergelten
kann, was ihr mir gethan habt. Und ſo ſeegne
euch GOtt.
O du biſt ein ‒ ‒ Sie ſagte nicht was ich waͤre,
ſondern flog weg.
Jch fiel vor meiner Baſe nieder, und umfaſſete
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 516. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/536>, abgerufen am 25.11.2024.
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