Jch sage nochmals: auf meine Lebens-Zeit. Jst das eine Kleinigkeit, darin ich etwan nach- geben kan? Soll ich nicht meine Lebens-Zeit mit dem Menschen zubringen? Will es ein anderer an meiner Stelle thun! Jst es denn unbillig, wenn ich ein Wort dazu sagen will, ob ich mit ihm ver- gnügt leben kan oder nicht?
Wenn ich bey ihm misvergnügt bin, kan ich es wol jemand klagen, ohne unverständig zu han- deln? Und bey wem würde ich gegen einen Mann Hülfe suchen können, ohne mich selbst tiefer in das Unglück zu stürtzen? Würde nicht die unüberwind- liche Abneigung, die ich bisher gegen ihn öffentlich bezeuget habe, alle Härte rechtfertigen, mit der er mir begegnen könte, so bald ich die seinige wäre, wenn ich mich ihm gleich zu Füssen würfe. Und solte ich je die seinige werden, so müste es gewiß aus Furcht und nicht aus Liebe geschehen.
Jch widerhole es nochmals: es ist dis nicht eine Kleinigkeit, darin ich nachgeben kan. Es betrifft meine gantze Lebens-Zeit. Warum soll ich mein gantzes Leben unglücklich zubringen? War- um soll ich alles Trostes beraubt werden, den ein- tzigen ausgenommen, den mir die Hoffnung ge- ben würde, daß mein elendes Leben nicht lange währen könte?
Der Ehestand ist ein so heiliges, ein so unwie- derrufliches Bündniß, daß einer jungen Person mit Recht eine Furcht ankommen muß, wenn sie auch bey besserer Hoffnung ernsthaft daran gedencket. Das Eigenthum eines Fremden werden: in eine
frem-
der Clariſſa.
Jch ſage nochmals: auf meine Lebens-Zeit. Jſt das eine Kleinigkeit, darin ich etwan nach- geben kan? Soll ich nicht meine Lebens-Zeit mit dem Menſchen zubringen? Will es ein anderer an meiner Stelle thun! Jſt es denn unbillig, wenn ich ein Wort dazu ſagen will, ob ich mit ihm ver- gnuͤgt leben kan oder nicht?
Wenn ich bey ihm misvergnuͤgt bin, kan ich es wol jemand klagen, ohne unverſtaͤndig zu han- deln? Und bey wem wuͤrde ich gegen einen Mann Huͤlfe ſuchen koͤnnen, ohne mich ſelbſt tiefer in das Ungluͤck zu ſtuͤrtzen? Wuͤrde nicht die unuͤberwind- liche Abneigung, die ich bisher gegen ihn oͤffentlich bezeuget habe, alle Haͤrte rechtfertigen, mit der er mir begegnen koͤnte, ſo bald ich die ſeinige waͤre, wenn ich mich ihm gleich zu Fuͤſſen wuͤrfe. Und ſolte ich je die ſeinige werden, ſo muͤſte es gewiß aus Furcht und nicht aus Liebe geſchehen.
Jch widerhole es nochmals: es iſt dis nicht eine Kleinigkeit, darin ich nachgeben kan. Es betrifft meine gantze Lebens-Zeit. Warum ſoll ich mein gantzes Leben ungluͤcklich zubringen? War- um ſoll ich alles Troſtes beraubt werden, den ein- tzigen ausgenommen, den mir die Hoffnung ge- ben wuͤrde, daß mein elendes Leben nicht lange waͤhren koͤnte?
Der Eheſtand iſt ein ſo heiliges, ein ſo unwie- derrufliches Buͤndniß, daß einer jungen Perſon mit Recht eine Furcht ankommen muß, wenn ſie auch bey beſſerer Hoffnung ernſthaft daran gedencket. Das Eigenthum eines Fremden werden: in eine
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der Clariſſa.
Jch ſage nochmals: auf meine Lebens-Zeit.
Jſt das eine Kleinigkeit, darin ich etwan nach-
geben kan? Soll ich nicht meine Lebens-Zeit mit
dem Menſchen zubringen? Will es ein anderer an
meiner Stelle thun! Jſt es denn unbillig, wenn
ich ein Wort dazu ſagen will, ob ich mit ihm ver-
gnuͤgt leben kan oder nicht?
Wenn ich bey ihm misvergnuͤgt bin, kan ich
es wol jemand klagen, ohne unverſtaͤndig zu han-
deln? Und bey wem wuͤrde ich gegen einen Mann
Huͤlfe ſuchen koͤnnen, ohne mich ſelbſt tiefer in das
Ungluͤck zu ſtuͤrtzen? Wuͤrde nicht die unuͤberwind-
liche Abneigung, die ich bisher gegen ihn oͤffentlich
bezeuget habe, alle Haͤrte rechtfertigen, mit der er
mir begegnen koͤnte, ſo bald ich die ſeinige waͤre,
wenn ich mich ihm gleich zu Fuͤſſen wuͤrfe. Und
ſolte ich je die ſeinige werden, ſo muͤſte es gewiß
aus Furcht und nicht aus Liebe geſchehen.
Jch widerhole es nochmals: es iſt dis nicht
eine Kleinigkeit, darin ich nachgeben kan. Es
betrifft meine gantze Lebens-Zeit. Warum ſoll ich
mein gantzes Leben ungluͤcklich zubringen? War-
um ſoll ich alles Troſtes beraubt werden, den ein-
tzigen ausgenommen, den mir die Hoffnung ge-
ben wuͤrde, daß mein elendes Leben nicht lange
waͤhren koͤnte?
Der Eheſtand iſt ein ſo heiliges, ein ſo unwie-
derrufliches Buͤndniß, daß einer jungen Perſon mit
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/363>, abgerufen am 23.11.2024.
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