Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748.

Bild:
<< vorherige Seite
der Clarissa.
Hochzuehrende Frau Mutter/

"Da ich Jhnen bekant habe, daß ich Briefe
"von Herrn Lovelace erhalten habe, in denen
"er von nichts als Rache redete, und daß ich sie
"blos um Unglück zu vermeiden beantwortet ha-
"be; und da ich Jhnen meine Antworten in Ab-
"schrift gezeiget habe, deren Jnhalt sie zwar
"nicht misbilligten, allein dennoch für nöthig
"hielten, mir den fernern Brief-Wechsel mit
"ihm zu verbieten: so halte ich meine Schuldig-
"keit zu seyn, zu berichten, daß mir seit der Zeit
"noch ein Brief von ihm zu Händen gekommen
"ist, in welchem er mich sehr ernstlich und nach-
"drücklich bittet, daß ich ihm erlauben möchte
"meinen Vater, oder Sie, oder meine Onckles
"in Begleichtung des Lord M. auf eine friedfer-
"tige Weise zu besuchen. Und dieses ist es, worü-
"ber ich mir Jhre Befehle ausbitten muß.

"Jch gestehe, wenn mir nicht der Brief-
"Wechsel von neuen untersagt, und Hannichen
"so schleunig aus dem Hause geschaffet wäre, so
"würde ich desto weniger Bedencken getragen
"haben zu antworten, und ihm die Antwort so
"bald als möglich durch sie zuzuschicken, um ihm
"diesen Besuch zu widerrathen, weil ich fürchte,
"daß etwas bey solcher Gelegenheit vorgehen
"könte, daran ich nicht ohne zittern gedencken
"kan.

"Jch kan nicht umhin Jhnen meinen Kum-
"mer zu bezeugen, daß alle Strafe und alle üble
"Nachrede auf mich kommt, da ich doch, wie ich

mei-
R 4
der Clariſſa.
Hochzuehrende Frau Mutter/

„Da ich Jhnen bekant habe, daß ich Briefe
„von Herrn Lovelace erhalten habe, in denen
„er von nichts als Rache redete, und daß ich ſie
„blos um Ungluͤck zu vermeiden beantwortet ha-
„be; und da ich Jhnen meine Antworten in Ab-
„ſchrift gezeiget habe, deren Jnhalt ſie zwar
„nicht misbilligten, allein dennoch fuͤr noͤthig
„hielten, mir den fernern Brief-Wechſel mit
„ihm zu verbieten: ſo halte ich meine Schuldig-
„keit zu ſeyn, zu berichten, daß mir ſeit der Zeit
„noch ein Brief von ihm zu Haͤnden gekommen
„iſt, in welchem er mich ſehr ernſtlich und nach-
„druͤcklich bittet, daß ich ihm erlauben moͤchte
„meinen Vater, oder Sie, oder meine Onckles
„in Begleichtung des Lord M. auf eine friedfer-
„tige Weiſe zu beſuchen. Und dieſes iſt es, woruͤ-
„ber ich mir Jhre Befehle ausbitten muß.

„Jch geſtehe, wenn mir nicht der Brief-
„Wechſel von neuen unterſagt, und Hannichen
„ſo ſchleunig aus dem Hauſe geſchaffet waͤre, ſo
„wuͤrde ich deſto weniger Bedencken getragen
„haben zu antworten, und ihm die Antwort ſo
„bald als moͤglich durch ſie zuzuſchicken, um ihm
„dieſen Beſuch zu widerrathen, weil ich fuͤrchte,
„daß etwas bey ſolcher Gelegenheit vorgehen
„koͤnte, daran ich nicht ohne zittern gedencken
„kan.

„Jch kan nicht umhin Jhnen meinen Kum-
„mer zu bezeugen, daß alle Strafe und alle uͤble
„Nachrede auf mich kommt, da ich doch, wie ich

mei-
R 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0283" n="263"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">der Clari&#x017F;&#x017F;a.</hi> </hi> </fw><lb/>
          <floatingText>
            <body>
              <salute> <hi rendition="#et">H<hi rendition="#fr">ochzuehrende Frau Mutter/</hi></hi> </salute><lb/>
              <p>&#x201E;Da ich Jhnen bekant habe, daß ich Briefe<lb/>
&#x201E;von Herrn <hi rendition="#fr">Lovelace</hi> erhalten habe, in denen<lb/>
&#x201E;er von nichts als Rache redete, und daß ich &#x017F;ie<lb/>
&#x201E;blos um Unglu&#x0364;ck zu vermeiden beantwortet ha-<lb/>
&#x201E;be; und da ich Jhnen meine Antworten in Ab-<lb/>
&#x201E;&#x017F;chrift gezeiget habe, deren Jnhalt &#x017F;ie zwar<lb/>
&#x201E;nicht misbilligten, allein dennoch fu&#x0364;r no&#x0364;thig<lb/>
&#x201E;hielten, mir den fernern Brief-Wech&#x017F;el mit<lb/>
&#x201E;ihm zu verbieten: &#x017F;o halte ich meine Schuldig-<lb/>
&#x201E;keit zu &#x017F;eyn, zu berichten, daß mir &#x017F;eit der Zeit<lb/>
&#x201E;noch ein Brief von ihm zu Ha&#x0364;nden gekommen<lb/>
&#x201E;i&#x017F;t, in welchem er mich &#x017F;ehr ern&#x017F;tlich und nach-<lb/>
&#x201E;dru&#x0364;cklich bittet, daß ich ihm erlauben mo&#x0364;chte<lb/>
&#x201E;meinen Vater, oder Sie, oder meine Onckles<lb/>
&#x201E;in Begleichtung des Lord <hi rendition="#fr">M.</hi> auf eine friedfer-<lb/>
&#x201E;tige Wei&#x017F;e zu be&#x017F;uchen. Und die&#x017F;es i&#x017F;t es, woru&#x0364;-<lb/>
&#x201E;ber ich mir Jhre Befehle ausbitten muß.</p><lb/>
              <p>&#x201E;Jch ge&#x017F;tehe, wenn mir nicht der Brief-<lb/>
&#x201E;Wech&#x017F;el von neuen unter&#x017F;agt, und H<hi rendition="#fr">annichen</hi><lb/>
&#x201E;&#x017F;o &#x017F;chleunig aus dem Hau&#x017F;e ge&#x017F;chaffet wa&#x0364;re, &#x017F;o<lb/>
&#x201E;wu&#x0364;rde ich de&#x017F;to weniger Bedencken getragen<lb/>
&#x201E;haben zu antworten, und ihm die Antwort &#x017F;o<lb/>
&#x201E;bald als mo&#x0364;glich durch &#x017F;ie zuzu&#x017F;chicken, um ihm<lb/>
&#x201E;die&#x017F;en Be&#x017F;uch zu widerrathen, weil ich fu&#x0364;rchte,<lb/>
&#x201E;daß etwas bey &#x017F;olcher Gelegenheit vorgehen<lb/>
&#x201E;ko&#x0364;nte, daran ich nicht ohne zittern gedencken<lb/>
&#x201E;kan.</p><lb/>
              <p>&#x201E;Jch kan nicht umhin Jhnen meinen Kum-<lb/>
&#x201E;mer zu bezeugen, daß alle Strafe und alle u&#x0364;ble<lb/>
&#x201E;Nachrede auf mich kommt, da ich doch, wie ich<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R 4</fw><fw place="bottom" type="catch">mei-</fw><lb/></p>
            </body>
          </floatingText>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[263/0283] der Clariſſa. Hochzuehrende Frau Mutter/ „Da ich Jhnen bekant habe, daß ich Briefe „von Herrn Lovelace erhalten habe, in denen „er von nichts als Rache redete, und daß ich ſie „blos um Ungluͤck zu vermeiden beantwortet ha- „be; und da ich Jhnen meine Antworten in Ab- „ſchrift gezeiget habe, deren Jnhalt ſie zwar „nicht misbilligten, allein dennoch fuͤr noͤthig „hielten, mir den fernern Brief-Wechſel mit „ihm zu verbieten: ſo halte ich meine Schuldig- „keit zu ſeyn, zu berichten, daß mir ſeit der Zeit „noch ein Brief von ihm zu Haͤnden gekommen „iſt, in welchem er mich ſehr ernſtlich und nach- „druͤcklich bittet, daß ich ihm erlauben moͤchte „meinen Vater, oder Sie, oder meine Onckles „in Begleichtung des Lord M. auf eine friedfer- „tige Weiſe zu beſuchen. Und dieſes iſt es, woruͤ- „ber ich mir Jhre Befehle ausbitten muß. „Jch geſtehe, wenn mir nicht der Brief- „Wechſel von neuen unterſagt, und Hannichen „ſo ſchleunig aus dem Hauſe geſchaffet waͤre, ſo „wuͤrde ich deſto weniger Bedencken getragen „haben zu antworten, und ihm die Antwort ſo „bald als moͤglich durch ſie zuzuſchicken, um ihm „dieſen Beſuch zu widerrathen, weil ich fuͤrchte, „daß etwas bey ſolcher Gelegenheit vorgehen „koͤnte, daran ich nicht ohne zittern gedencken „kan. „Jch kan nicht umhin Jhnen meinen Kum- „mer zu bezeugen, daß alle Strafe und alle uͤble „Nachrede auf mich kommt, da ich doch, wie ich mei- R 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/283
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/283>, abgerufen am 19.05.2024.