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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748.

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Die Geschichte
vielen Kummer! du liebes gutes Kind/
mache mir nicht so vielen Kummer!
sagte
sie mit ausgehaltener Hand, und stand gleich-
fals stille.

"Was kan ich thun? Was ist mir noch
"möglich weiter zu thun?"

Gehe wieder hinein/ Kind! Gehe wie-
der in die
Stube/ mein liebes Kind! da-
[mi]t dein Vater euch nur beysammen fin-
den möge.

"Soll das geschehen, um ihm eine falsche
"Hoffnung zu machen? um Herrn Solmes
"Hoffnung zu machen?

Sie wieß mich mit der Hand von sich, und
sagte mit einem zornigen Gesichte: hartnäckige/
verkehrte/ ungehorsame Clarissa
Harlowe!
so folge denn deinem Kopfe/ und gehe hin
wo du hin willst. Allein unterstehe dich
nicht wieder ohne Erlaubniß herunter zu
kommen: (ich befehle es dir!) so lange dein
Vater seinen Entschluß deinetwegen noch
nicht kund gemacht hat.

Sie verließ mich in grossem Unwillen, und ich
ging mit einem schweren Hertzen, und mit eben
so schweren Füssen die Treppe hinauf.



Mein Vater ist nach Hause gekommen, und
hat meinen Bruden mitgebracht. Ob es gleich
spät ist, so sitzen sie doch noch alle beysammen
und haben sich eingeschlossen: es geht keine Thür
auf, und keine Seele kommt aus der Stube

Wen

Die Geſchichte
vielen Kummer! du liebes gutes Kind/
mache mir nicht ſo vielen Kummer!
ſagte
ſie mit ausgehaltener Hand, und ſtand gleich-
fals ſtille.

„Was kan ich thun? Was iſt mir noch
„moͤglich weiter zu thun?„

Gehe wieder hinein/ Kind! Gehe wie-
der in die
Stube/ mein liebes Kind! da-
[mi]t dein Vater euch nur beyſammen fin-
den moͤge.

„Soll das geſchehen, um ihm eine falſche
„Hoffnung zu machen? um Herrn Solmes
„Hoffnung zu machen?

Sie wieß mich mit der Hand von ſich, und
ſagte mit einem zornigen Geſichte: hartnaͤckige/
verkehrte/ ungehorſame Clariſſa
Harlowe!
ſo folge denn deinem Kopfe/ und gehe hin
wo du hin willſt. Allein unterſtehe dich
nicht wieder ohne Erlaubniß herunter zu
kommen: (ich befehle es dir!) ſo lange dein
Vater ſeinen Entſchluß deinetwegen noch
nicht kund gemacht hat.

Sie verließ mich in groſſem Unwillen, und ich
ging mit einem ſchweren Hertzen, und mit eben
ſo ſchweren Fuͤſſen die Treppe hinauf.



Mein Vater iſt nach Hauſe gekommen, und
hat meinen Bruden mitgebracht. Ob es gleich
ſpaͤt iſt, ſo ſitzen ſie doch noch alle beyſammen
und haben ſich eingeſchloſſen: es geht keine Thuͤr
auf, und keine Seele kommt aus der Stube

Wen
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[244/0264] Die Geſchichte vielen Kummer! du liebes gutes Kind/ mache mir nicht ſo vielen Kummer! ſagte ſie mit ausgehaltener Hand, und ſtand gleich- fals ſtille. „Was kan ich thun? Was iſt mir noch „moͤglich weiter zu thun?„ Gehe wieder hinein/ Kind! Gehe wie- der in die Stube/ mein liebes Kind! da- mit dein Vater euch nur beyſammen fin- den moͤge. „Soll das geſchehen, um ihm eine falſche „Hoffnung zu machen? um Herrn Solmes „Hoffnung zu machen? Sie wieß mich mit der Hand von ſich, und ſagte mit einem zornigen Geſichte: hartnaͤckige/ verkehrte/ ungehorſame Clariſſa Harlowe! ſo folge denn deinem Kopfe/ und gehe hin wo du hin willſt. Allein unterſtehe dich nicht wieder ohne Erlaubniß herunter zu kommen: (ich befehle es dir!) ſo lange dein Vater ſeinen Entſchluß deinetwegen noch nicht kund gemacht hat. Sie verließ mich in groſſem Unwillen, und ich ging mit einem ſchweren Hertzen, und mit eben ſo ſchweren Fuͤſſen die Treppe hinauf. Mein Vater iſt nach Hauſe gekommen, und hat meinen Bruden mitgebracht. Ob es gleich ſpaͤt iſt, ſo ſitzen ſie doch noch alle beyſammen und haben ſich eingeſchloſſen: es geht keine Thuͤr auf, und keine Seele kommt aus der Stube Wen

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/264>, abgerufen am 22.11.2024.