Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.-- und für gänzlich ungefährlich in bezug auf Frauen, man könne jedes junge Mädchen unbesorgt mit mir auf Reisen schicken. Ich weiß nicht, ob man das kann. In den Kreisen, wo ich aufgewachsen bin, ist es nicht üblich, und ich hatte bisher auch noch nie das Verlangen, junge Mädchen mit auf Reisen zu nehmen. Also, was sollen solche Bemerkungen? -- Die Frau, die ich suche -- die steht auf einem ganz anderen Blatt -- und wenn ich sie einmal finde -- -- -- Dieser Konstantin ist wohl das indiskreteste Wesen, das man sich vorstellen kann, er erzählt alles wieder, was er sieht, hört, miterlebt, und es hat den Anschein, als ob seine Freunde ihn alles hören, sehen und miterleben lassen. Susanna behauptet, sie merkten es gar nicht oder fänden es enorm, daß er gar nicht begriffe, was Diskretion sei. Man bewundere nur die Anmut und heidnische Schamlosigkeit, mit der er seine oder anderer Erlebnisse zum besten gebe. Nun, ich will gerne einräumen, daß der Junge viel Charme hat, ich mag ihn recht gerne. Aber trotzdem berührt es mich nicht gerade angenehm, wenn er mir mit strahlender Miene erzählt, daß andere Leute mich für einen Dummkopf halten. Ich wurde sogar etwas ärgerlich und sagte, daß Heinzens böse Zunge mir schon von der Schulzeit her bekannt wäre -- worauf — und für gänzlich ungefährlich in bezug auf Frauen, man könne jedes junge Mädchen unbesorgt mit mir auf Reisen schicken. Ich weiß nicht, ob man das kann. In den Kreisen, wo ich aufgewachsen bin, ist es nicht üblich, und ich hatte bisher auch noch nie das Verlangen, junge Mädchen mit auf Reisen zu nehmen. Also, was sollen solche Bemerkungen? — Die Frau, die ich suche — die steht auf einem ganz anderen Blatt — und wenn ich sie einmal finde — — — Dieser Konstantin ist wohl das indiskreteste Wesen, das man sich vorstellen kann, er erzählt alles wieder, was er sieht, hört, miterlebt, und es hat den Anschein, als ob seine Freunde ihn alles hören, sehen und miterleben lassen. Susanna behauptet, sie merkten es gar nicht oder fänden es enorm, daß er gar nicht begriffe, was Diskretion sei. Man bewundere nur die Anmut und heidnische Schamlosigkeit, mit der er seine oder anderer Erlebnisse zum besten gebe. Nun, ich will gerne einräumen, daß der Junge viel Charme hat, ich mag ihn recht gerne. Aber trotzdem berührt es mich nicht gerade angenehm, wenn er mir mit strahlender Miene erzählt, daß andere Leute mich für einen Dummkopf halten. Ich wurde sogar etwas ärgerlich und sagte, daß Heinzens böse Zunge mir schon von der Schulzeit her bekannt wäre — worauf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <p><pb facs="#f0086" n="82"/> — und für gänzlich ungefährlich in bezug auf Frauen, man könne jedes junge Mädchen unbesorgt mit mir auf Reisen schicken.</p> <p>Ich weiß nicht, ob man das kann. In den Kreisen, wo ich aufgewachsen bin, ist es nicht üblich, und ich hatte bisher auch noch nie das Verlangen, junge Mädchen mit auf Reisen zu nehmen. Also, was sollen solche Bemerkungen? — Die Frau, die ich suche — die steht auf einem ganz anderen Blatt — und wenn ich sie einmal finde — — —</p> <p>Dieser Konstantin ist wohl das indiskreteste Wesen, das man sich vorstellen kann, er erzählt alles wieder, was er sieht, hört, miterlebt, und es hat den Anschein, als ob seine Freunde ihn alles hören, sehen und miterleben lassen.</p> <p>Susanna behauptet, sie merkten es gar nicht oder fänden es enorm, daß er gar nicht begriffe, was Diskretion sei. Man bewundere nur die Anmut und heidnische Schamlosigkeit, mit der er seine oder anderer Erlebnisse zum besten gebe.</p> <p>Nun, ich will gerne einräumen, daß der Junge viel Charme hat, ich mag ihn recht gerne. Aber trotzdem berührt es mich nicht gerade angenehm, wenn er mir mit strahlender Miene erzählt, daß andere Leute mich für einen Dummkopf halten. Ich wurde sogar etwas ärgerlich und sagte, daß Heinzens böse Zunge mir schon von der Schulzeit her bekannt wäre — worauf </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [82/0086]
— und für gänzlich ungefährlich in bezug auf Frauen, man könne jedes junge Mädchen unbesorgt mit mir auf Reisen schicken.
Ich weiß nicht, ob man das kann. In den Kreisen, wo ich aufgewachsen bin, ist es nicht üblich, und ich hatte bisher auch noch nie das Verlangen, junge Mädchen mit auf Reisen zu nehmen. Also, was sollen solche Bemerkungen? — Die Frau, die ich suche — die steht auf einem ganz anderen Blatt — und wenn ich sie einmal finde — — —
Dieser Konstantin ist wohl das indiskreteste Wesen, das man sich vorstellen kann, er erzählt alles wieder, was er sieht, hört, miterlebt, und es hat den Anschein, als ob seine Freunde ihn alles hören, sehen und miterleben lassen.
Susanna behauptet, sie merkten es gar nicht oder fänden es enorm, daß er gar nicht begriffe, was Diskretion sei. Man bewundere nur die Anmut und heidnische Schamlosigkeit, mit der er seine oder anderer Erlebnisse zum besten gebe.
Nun, ich will gerne einräumen, daß der Junge viel Charme hat, ich mag ihn recht gerne. Aber trotzdem berührt es mich nicht gerade angenehm, wenn er mir mit strahlender Miene erzählt, daß andere Leute mich für einen Dummkopf halten. Ich wurde sogar etwas ärgerlich und sagte, daß Heinzens böse Zunge mir schon von der Schulzeit her bekannt wäre — worauf
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