Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.er ebenso strahlend bemerkte, ja, ihm auch, denn Heinz sei sein Vetter, und sie ständen sich sehr nahe. Eigentlich kann es mir ja ziemlich gleichgültig sein, -- für einen bedeutenden Menschen halte ich mich wirklich selber nicht, aber ich verstehe und begreife vielleicht doch mehr, als Heinz annimmt. Sonst würde der Philosoph sich wohl auch schwerlich so viel Mühe mit mir geben -- er selbst steht den Dingen ja sehr skeptisch gegenüber, aber ich habe mehr und mehr das Gefühl, daß es sich hier doch um große Ideen und tiefe Lebenserkenntnis handelt. Es sind unter diesen Menschen zweifellos einige ungewöhnliche Intelligenzen, und sie wollen das Leben auf eine ganz neue und schönere Art gestalten. Und wenn ihnen das gelänge, wäre es immerhin etwas Großes -- ich würde mich auch, soweit es in meiner Kraft steht, gerne daran beteiligen. Ich liebe wohl das Konventionelle in allen äußeren Dingen und möchte nicht gerne darauf verzichten, aber wer weiß, ob nicht doch ein Fond von Heidentum in mir steckt. -- Zum mindesten scheint mir, ich bin jetzt doch auf dem Wege, in das geistige Leben dieses Vororts einzudringen und seinen inneren Zusammenhängen näher zu kommen. Die letzte Woche bin ich ganz im Eckhaus geblieben. Susanna verurteilte mich dazu; sie meinte, ich müsse etwas aufgeheitert und von meinen Grübeleien abgelenkt werden. er ebenso strahlend bemerkte, ja, ihm auch, denn Heinz sei sein Vetter, und sie ständen sich sehr nahe. Eigentlich kann es mir ja ziemlich gleichgültig sein, — für einen bedeutenden Menschen halte ich mich wirklich selber nicht, aber ich verstehe und begreife vielleicht doch mehr, als Heinz annimmt. Sonst würde der Philosoph sich wohl auch schwerlich so viel Mühe mit mir geben — er selbst steht den Dingen ja sehr skeptisch gegenüber, aber ich habe mehr und mehr das Gefühl, daß es sich hier doch um große Ideen und tiefe Lebenserkenntnis handelt. Es sind unter diesen Menschen zweifellos einige ungewöhnliche Intelligenzen, und sie wollen das Leben auf eine ganz neue und schönere Art gestalten. Und wenn ihnen das gelänge, wäre es immerhin etwas Großes — ich würde mich auch, soweit es in meiner Kraft steht, gerne daran beteiligen. Ich liebe wohl das Konventionelle in allen äußeren Dingen und möchte nicht gerne darauf verzichten, aber wer weiß, ob nicht doch ein Fond von Heidentum in mir steckt. — Zum mindesten scheint mir, ich bin jetzt doch auf dem Wege, in das geistige Leben dieses Vororts einzudringen und seinen inneren Zusammenhängen näher zu kommen. Die letzte Woche bin ich ganz im Eckhaus geblieben. Susanna verurteilte mich dazu; sie meinte, ich müsse etwas aufgeheitert und von meinen Grübeleien abgelenkt werden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <p><pb facs="#f0087" n="83"/> er ebenso strahlend bemerkte, ja, ihm auch, denn Heinz sei sein Vetter, und sie ständen sich sehr nahe.</p> <p>Eigentlich kann es mir ja ziemlich gleichgültig sein, — für einen bedeutenden Menschen halte ich mich wirklich selber nicht, aber ich verstehe und begreife vielleicht doch mehr, als Heinz annimmt. Sonst würde der Philosoph sich wohl auch schwerlich so viel Mühe mit mir geben — er selbst steht den Dingen ja sehr skeptisch gegenüber, aber ich habe mehr und mehr das Gefühl, daß es sich hier doch um große Ideen und tiefe Lebenserkenntnis handelt. Es sind unter diesen Menschen zweifellos einige ungewöhnliche Intelligenzen, und sie wollen das Leben auf eine ganz neue und schönere Art gestalten. Und wenn ihnen das gelänge, wäre es immerhin etwas Großes — ich würde mich auch, soweit es in meiner Kraft steht, gerne daran beteiligen. Ich liebe wohl das Konventionelle in allen äußeren Dingen und möchte nicht gerne darauf verzichten, aber wer weiß, ob nicht doch ein Fond von Heidentum in mir steckt. — Zum mindesten scheint mir, ich bin jetzt doch auf dem Wege, in das geistige Leben dieses Vororts einzudringen und seinen inneren Zusammenhängen näher zu kommen.</p> <p>Die letzte Woche bin ich ganz im Eckhaus geblieben. Susanna verurteilte mich dazu; sie meinte, ich müsse etwas aufgeheitert und von meinen Grübeleien abgelenkt werden.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [83/0087]
er ebenso strahlend bemerkte, ja, ihm auch, denn Heinz sei sein Vetter, und sie ständen sich sehr nahe.
Eigentlich kann es mir ja ziemlich gleichgültig sein, — für einen bedeutenden Menschen halte ich mich wirklich selber nicht, aber ich verstehe und begreife vielleicht doch mehr, als Heinz annimmt. Sonst würde der Philosoph sich wohl auch schwerlich so viel Mühe mit mir geben — er selbst steht den Dingen ja sehr skeptisch gegenüber, aber ich habe mehr und mehr das Gefühl, daß es sich hier doch um große Ideen und tiefe Lebenserkenntnis handelt. Es sind unter diesen Menschen zweifellos einige ungewöhnliche Intelligenzen, und sie wollen das Leben auf eine ganz neue und schönere Art gestalten. Und wenn ihnen das gelänge, wäre es immerhin etwas Großes — ich würde mich auch, soweit es in meiner Kraft steht, gerne daran beteiligen. Ich liebe wohl das Konventionelle in allen äußeren Dingen und möchte nicht gerne darauf verzichten, aber wer weiß, ob nicht doch ein Fond von Heidentum in mir steckt. — Zum mindesten scheint mir, ich bin jetzt doch auf dem Wege, in das geistige Leben dieses Vororts einzudringen und seinen inneren Zusammenhängen näher zu kommen.
Die letzte Woche bin ich ganz im Eckhaus geblieben. Susanna verurteilte mich dazu; sie meinte, ich müsse etwas aufgeheitert und von meinen Grübeleien abgelenkt werden.
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