Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

Mantels, -- ob es nicht vielleicht ein römisches Obergewand gewesen sein könnte?

"Und die Blume -- war es nicht eine kleine, blaue Sternblume?"

"Ja, das stimmt wirklich," antwortete der Philosoph.

"Nun, so ist es zweifellos jene Blume gewesen, welche Tiberius seiner Zeit aus Persien mitgebracht und in seinen Gärten angepflanzt hat."

"Wohl möglich," sagte Sendt, -- "und wenn Sie jetzt behaupten wollen, der Mann sei ein altrömischer Krieger gewesen, so muß ich offen sagen, sein plötzliches Erscheinen und die ganze Begebenheit in der glühenden Mittagssonne war so spukhaft, daß ich es kaum bestreiten würde."

"Sehen Sie," warf nun Frau Hofmann ein und blickte auf den Philosophen, als ob sie ihn endlich überführt hätte, "das war doch sicher ein kosmisches Erlebnis."

Ich erwartete ein erlösendes Mirobuk, aber er sprach es nicht aus, sondern bedeutete mir etwas nervös, daß wir jetzt gehen wollten. Delius schüttelte ihm mit plötzlicher Herzlichkeit die Hand, dann ging er mit kurzen, entschlossenen Schritten auf das dritte Zimmer zu und murmelte unterwegs noch etwas von Tiberius vor sich hin.

Maria schloß sich uns an und wollte durchaus in einer Bar soupieren.

Mantels, — ob es nicht vielleicht ein römisches Obergewand gewesen sein könnte?

„Und die Blume — war es nicht eine kleine, blaue Sternblume?“

„Ja, das stimmt wirklich,“ antwortete der Philosoph.

„Nun, so ist es zweifellos jene Blume gewesen, welche Tiberius seiner Zeit aus Persien mitgebracht und in seinen Gärten angepflanzt hat.“

„Wohl möglich,“ sagte Sendt, — „und wenn Sie jetzt behaupten wollen, der Mann sei ein altrömischer Krieger gewesen, so muß ich offen sagen, sein plötzliches Erscheinen und die ganze Begebenheit in der glühenden Mittagssonne war so spukhaft, daß ich es kaum bestreiten würde.“

„Sehen Sie,“ warf nun Frau Hofmann ein und blickte auf den Philosophen, als ob sie ihn endlich überführt hätte, „das war doch sicher ein kosmisches Erlebnis.“

Ich erwartete ein erlösendes Mirobuk, aber er sprach es nicht aus, sondern bedeutete mir etwas nervös, daß wir jetzt gehen wollten. Delius schüttelte ihm mit plötzlicher Herzlichkeit die Hand, dann ging er mit kurzen, entschlossenen Schritten auf das dritte Zimmer zu und murmelte unterwegs noch etwas von Tiberius vor sich hin.

Maria schloß sich uns an und wollte durchaus in einer Bar soupieren.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="letter" n="2">
          <p><pb facs="#f0068" n="64"/>
Mantels, &#x2014; ob es nicht vielleicht ein römisches Obergewand gewesen sein könnte?</p>
          <p>&#x201E;Und die Blume &#x2014; war es nicht eine kleine, blaue Sternblume?&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Ja, das stimmt wirklich,&#x201C; antwortete der Philosoph.</p>
          <p>&#x201E;Nun, so ist es zweifellos jene Blume gewesen, welche Tiberius seiner Zeit aus Persien mitgebracht und in seinen Gärten angepflanzt hat.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Wohl möglich,&#x201C; sagte Sendt, &#x2014; &#x201E;und wenn Sie jetzt behaupten wollen, der Mann sei ein altrömischer Krieger gewesen, so muß ich offen sagen, sein plötzliches Erscheinen und die ganze Begebenheit in der glühenden Mittagssonne war so spukhaft, daß ich es kaum bestreiten würde.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Sehen Sie,&#x201C; warf nun Frau Hofmann ein und blickte auf den Philosophen, als ob sie ihn endlich überführt hätte, &#x201E;das war doch sicher ein kosmisches Erlebnis.&#x201C;</p>
          <p>Ich erwartete ein erlösendes Mirobuk, aber er sprach es nicht aus, sondern bedeutete mir etwas nervös, daß wir jetzt gehen wollten. Delius schüttelte ihm mit plötzlicher Herzlichkeit die Hand, dann ging er mit kurzen, entschlossenen Schritten auf das dritte Zimmer zu und murmelte unterwegs noch etwas von Tiberius vor sich hin.</p>
          <p>Maria schloß sich uns an und wollte durchaus in einer Bar soupieren.</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[64/0068] Mantels, — ob es nicht vielleicht ein römisches Obergewand gewesen sein könnte? „Und die Blume — war es nicht eine kleine, blaue Sternblume?“ „Ja, das stimmt wirklich,“ antwortete der Philosoph. „Nun, so ist es zweifellos jene Blume gewesen, welche Tiberius seiner Zeit aus Persien mitgebracht und in seinen Gärten angepflanzt hat.“ „Wohl möglich,“ sagte Sendt, — „und wenn Sie jetzt behaupten wollen, der Mann sei ein altrömischer Krieger gewesen, so muß ich offen sagen, sein plötzliches Erscheinen und die ganze Begebenheit in der glühenden Mittagssonne war so spukhaft, daß ich es kaum bestreiten würde.“ „Sehen Sie,“ warf nun Frau Hofmann ein und blickte auf den Philosophen, als ob sie ihn endlich überführt hätte, „das war doch sicher ein kosmisches Erlebnis.“ Ich erwartete ein erlösendes Mirobuk, aber er sprach es nicht aus, sondern bedeutete mir etwas nervös, daß wir jetzt gehen wollten. Delius schüttelte ihm mit plötzlicher Herzlichkeit die Hand, dann ging er mit kurzen, entschlossenen Schritten auf das dritte Zimmer zu und murmelte unterwegs noch etwas von Tiberius vor sich hin. Maria schloß sich uns an und wollte durchaus in einer Bar soupieren.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/68
Zitationshilfe: Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/68>, abgerufen am 29.11.2024.