Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913."Gewiß, gewiß, ich will nicht leugnen, daß auch dieses vorkommen kann," antwortete Delius kurz. Die Frau des Hauses flüsterte indessen mit dem Maler, er raffte seine Blätter zusammen und verschwand in dem dritten Zimmer. Der Professor zog einige Jünglinge hinter sich her und folgte ihm. Delius war immer noch apathisch und in Gedanken verloren stehen geblieben, der Philosoph suchte nun wieder irgendeine Unterhaltung in Gang zu bringen und sprach von seiner Sommerreise in Italien. Übrigens war auch Maria inzwischen erschienen und gesellte sich zu uns, man gruppierte sich um einen kleinen Tisch, und Sendt erzählte, wie er an einem heißen Tage auf Capri alleine auf den Hügeln umherwanderte, wo sich die Ruinen von dem Schloß des Tiberius befinden. Die Landschaft sei im Mittagssonnenlicht wie verzaubert dagelegen, und plötzlich hätte ein kleiner weißhaariger Mann neben ihm gestanden, der aus den Ruinen hervorgekommen sein mußte -- er trug einen merkwürdigen Mantel und sein bartloses Gesicht zeigte ein ausgesprochen römisches Profil -- Delius begann aufzuhorchen -- "Er hatte eine Blume in der Hand," erzählte Sendt weiter, "und reichte sie mir, wünschte mir guten Tag und verschwand, ohne ein weiteres Wort zu sagen, wieder in dem Gemäuer dicht neben mir, nachdem ich ihm noch einen Obolus in die Hand gedrückt hatte." Delius erkundigte sich eifrig nach dem Schnitt des „Gewiß, gewiß, ich will nicht leugnen, daß auch dieses vorkommen kann,“ antwortete Delius kurz. Die Frau des Hauses flüsterte indessen mit dem Maler, er raffte seine Blätter zusammen und verschwand in dem dritten Zimmer. Der Professor zog einige Jünglinge hinter sich her und folgte ihm. Delius war immer noch apathisch und in Gedanken verloren stehen geblieben, der Philosoph suchte nun wieder irgendeine Unterhaltung in Gang zu bringen und sprach von seiner Sommerreise in Italien. Übrigens war auch Maria inzwischen erschienen und gesellte sich zu uns, man gruppierte sich um einen kleinen Tisch, und Sendt erzählte, wie er an einem heißen Tage auf Capri alleine auf den Hügeln umherwanderte, wo sich die Ruinen von dem Schloß des Tiberius befinden. Die Landschaft sei im Mittagssonnenlicht wie verzaubert dagelegen, und plötzlich hätte ein kleiner weißhaariger Mann neben ihm gestanden, der aus den Ruinen hervorgekommen sein mußte — er trug einen merkwürdigen Mantel und sein bartloses Gesicht zeigte ein ausgesprochen römisches Profil — Delius begann aufzuhorchen — „Er hatte eine Blume in der Hand,“ erzählte Sendt weiter, „und reichte sie mir, wünschte mir guten Tag und verschwand, ohne ein weiteres Wort zu sagen, wieder in dem Gemäuer dicht neben mir, nachdem ich ihm noch einen Obolus in die Hand gedrückt hatte.“ Delius erkundigte sich eifrig nach dem Schnitt des <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <pb facs="#f0067" n="63"/> <p>„Gewiß, gewiß, ich will nicht leugnen, daß auch dieses vorkommen kann,“ antwortete Delius kurz.</p> <p>Die Frau des Hauses flüsterte indessen mit dem Maler, er raffte seine Blätter zusammen und verschwand in dem dritten Zimmer. Der Professor zog einige Jünglinge hinter sich her und folgte ihm.</p> <p>Delius war immer noch apathisch und in Gedanken verloren stehen geblieben, der Philosoph suchte nun wieder irgendeine Unterhaltung in Gang zu bringen und sprach von seiner Sommerreise in Italien. Übrigens war auch Maria inzwischen erschienen und gesellte sich zu uns, man gruppierte sich um einen kleinen Tisch, und Sendt erzählte, wie er an einem heißen Tage auf Capri alleine auf den Hügeln umherwanderte, wo sich die Ruinen von dem Schloß des Tiberius befinden. Die Landschaft sei im Mittagssonnenlicht wie verzaubert dagelegen, und plötzlich hätte ein kleiner weißhaariger Mann neben ihm gestanden, der aus den Ruinen hervorgekommen sein mußte — er trug einen merkwürdigen Mantel und sein bartloses Gesicht zeigte ein ausgesprochen römisches Profil — Delius begann aufzuhorchen — „Er hatte eine Blume in der Hand,“ erzählte Sendt weiter, „und reichte sie mir, wünschte mir guten Tag und verschwand, ohne ein weiteres Wort zu sagen, wieder in dem Gemäuer dicht neben mir, nachdem ich ihm noch einen Obolus in die Hand gedrückt hatte.“</p> <p>Delius erkundigte sich eifrig nach dem Schnitt des </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [63/0067]
„Gewiß, gewiß, ich will nicht leugnen, daß auch dieses vorkommen kann,“ antwortete Delius kurz.
Die Frau des Hauses flüsterte indessen mit dem Maler, er raffte seine Blätter zusammen und verschwand in dem dritten Zimmer. Der Professor zog einige Jünglinge hinter sich her und folgte ihm.
Delius war immer noch apathisch und in Gedanken verloren stehen geblieben, der Philosoph suchte nun wieder irgendeine Unterhaltung in Gang zu bringen und sprach von seiner Sommerreise in Italien. Übrigens war auch Maria inzwischen erschienen und gesellte sich zu uns, man gruppierte sich um einen kleinen Tisch, und Sendt erzählte, wie er an einem heißen Tage auf Capri alleine auf den Hügeln umherwanderte, wo sich die Ruinen von dem Schloß des Tiberius befinden. Die Landschaft sei im Mittagssonnenlicht wie verzaubert dagelegen, und plötzlich hätte ein kleiner weißhaariger Mann neben ihm gestanden, der aus den Ruinen hervorgekommen sein mußte — er trug einen merkwürdigen Mantel und sein bartloses Gesicht zeigte ein ausgesprochen römisches Profil — Delius begann aufzuhorchen — „Er hatte eine Blume in der Hand,“ erzählte Sendt weiter, „und reichte sie mir, wünschte mir guten Tag und verschwand, ohne ein weiteres Wort zu sagen, wieder in dem Gemäuer dicht neben mir, nachdem ich ihm noch einen Obolus in die Hand gedrückt hatte.“
Delius erkundigte sich eifrig nach dem Schnitt des
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