Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913."Warum will man denn nicht zugeben, daß er es ist?" fragte ich nachher, als wir eine Weile allein saßen. "Weil gewöhnliche Sterbliche nicht wissen dürfen, daß er wirklich vorhanden ist." Der Professor kam mit einer Dame, zog sie auf einen Stuhl nieder und sagte bewundernd: "Ist sie nicht unglaublich schön?" Susanna flüsterte ihm ins Ohr: "Um Gottes willen -- sie ist furchtbar --" Er erschrak, betrachtete sie von der Seite und fragte leise zurück: "Wirklich?" Das wiederholte sich noch ein paarmal im Laufe des Abends -- er brachte immer neue Wesen und wollte, daß man sie schön fände. (Manchmal waren sie auch ganz nett.) Später mischte ich mich in das Gewühl, ich traf Willy, der nach Maria suchte. Schließlich sahen wir sie mit Heinz und seinen Freunden. "Ja, dann ist es umsonst," sagte Willy betrübt. "Die Enormen geben sie nicht her -- sehen Sie, der dort ist Hallwig, -- er ist entschieden ein ungewöhnlicher Mensch; ich möchte ihn schon lange kennen lernen, aber er hält sich vollständig zurück und verkehrt nicht mit belanglosen Leuten, wie ich und Sie -- nehmen Sie es nicht übel, Herr Dame -- --" "O gewiß nicht, und Maria?" "Maria ist eben ,enorm' -- sie ist heidnisch, und Götter wohnen in ihrer Brust. -- Damit haben Sie „Warum will man denn nicht zugeben, daß er es ist?“ fragte ich nachher, als wir eine Weile allein saßen. „Weil gewöhnliche Sterbliche nicht wissen dürfen, daß er wirklich vorhanden ist.“ Der Professor kam mit einer Dame, zog sie auf einen Stuhl nieder und sagte bewundernd: „Ist sie nicht unglaublich schön?“ Susanna flüsterte ihm ins Ohr: „Um Gottes willen — sie ist furchtbar —“ Er erschrak, betrachtete sie von der Seite und fragte leise zurück: „Wirklich?“ Das wiederholte sich noch ein paarmal im Laufe des Abends — er brachte immer neue Wesen und wollte, daß man sie schön fände. (Manchmal waren sie auch ganz nett.) Später mischte ich mich in das Gewühl, ich traf Willy, der nach Maria suchte. Schließlich sahen wir sie mit Heinz und seinen Freunden. „Ja, dann ist es umsonst,“ sagte Willy betrübt. „Die Enormen geben sie nicht her — sehen Sie, der dort ist Hallwig, — er ist entschieden ein ungewöhnlicher Mensch; ich möchte ihn schon lange kennen lernen, aber er hält sich vollständig zurück und verkehrt nicht mit belanglosen Leuten, wie ich und Sie — nehmen Sie es nicht übel, Herr Dame — —“ „O gewiß nicht, und Maria?“ „Maria ist eben ‚enorm‘ — sie ist heidnisch, und Götter wohnen in ihrer Brust. — Damit haben Sie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <pb facs="#f0057" n="53"/> <p>„Warum will man denn nicht zugeben, daß er es ist?“ fragte ich nachher, als wir eine Weile allein saßen.</p> <p>„Weil gewöhnliche Sterbliche nicht wissen dürfen, daß er wirklich vorhanden ist.“</p> <p>Der Professor kam mit einer Dame, zog sie auf einen Stuhl nieder und sagte bewundernd:</p> <p>„Ist sie nicht unglaublich schön?“</p> <p>Susanna flüsterte ihm ins Ohr: „Um Gottes willen — sie ist furchtbar —“</p> <p>Er erschrak, betrachtete sie von der Seite und fragte leise zurück: „Wirklich?“</p> <p>Das wiederholte sich noch ein paarmal im Laufe des Abends — er brachte immer neue Wesen und wollte, daß man sie schön fände. (Manchmal waren sie auch ganz nett.) Später mischte ich mich in das Gewühl, ich traf Willy, der nach Maria suchte. Schließlich sahen wir sie mit Heinz und seinen Freunden.</p> <p>„Ja, dann ist es umsonst,“ sagte Willy betrübt. „Die Enormen geben sie nicht her — sehen Sie, der dort ist Hallwig, — er ist entschieden ein ungewöhnlicher Mensch; ich möchte ihn schon lange kennen lernen, aber er hält sich vollständig zurück und verkehrt nicht mit belanglosen Leuten, wie ich und Sie — nehmen Sie es nicht übel, Herr Dame — —“</p> <p>„O gewiß nicht, und Maria?“</p> <p>„Maria ist eben ‚enorm‘ — sie ist heidnisch, und Götter wohnen in ihrer Brust. — Damit haben Sie </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [53/0057]
„Warum will man denn nicht zugeben, daß er es ist?“ fragte ich nachher, als wir eine Weile allein saßen.
„Weil gewöhnliche Sterbliche nicht wissen dürfen, daß er wirklich vorhanden ist.“
Der Professor kam mit einer Dame, zog sie auf einen Stuhl nieder und sagte bewundernd:
„Ist sie nicht unglaublich schön?“
Susanna flüsterte ihm ins Ohr: „Um Gottes willen — sie ist furchtbar —“
Er erschrak, betrachtete sie von der Seite und fragte leise zurück: „Wirklich?“
Das wiederholte sich noch ein paarmal im Laufe des Abends — er brachte immer neue Wesen und wollte, daß man sie schön fände. (Manchmal waren sie auch ganz nett.) Später mischte ich mich in das Gewühl, ich traf Willy, der nach Maria suchte. Schließlich sahen wir sie mit Heinz und seinen Freunden.
„Ja, dann ist es umsonst,“ sagte Willy betrübt. „Die Enormen geben sie nicht her — sehen Sie, der dort ist Hallwig, — er ist entschieden ein ungewöhnlicher Mensch; ich möchte ihn schon lange kennen lernen, aber er hält sich vollständig zurück und verkehrt nicht mit belanglosen Leuten, wie ich und Sie — nehmen Sie es nicht übel, Herr Dame — —“
„O gewiß nicht, und Maria?“
„Maria ist eben ‚enorm‘ — sie ist heidnisch, und Götter wohnen in ihrer Brust. — Damit haben Sie
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