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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

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täglich eingeflößt hatte. Der junge Mann merkte
seinen Sieg, aber er verbarg seine Freude unter
schmeichelhaften Versicherungen einer uneingeschränk-
ten Verehrung. Er ließ nicht den geringsten An-
spruch blicken, und seine feurigen Lippen, drückten
seine Liebe blos auf Christinens weissen Händen aus,
Endlich fiel es ihr ein sie zurück zu ziehen, aber es
geschah ohne Unwillen, sie schien den übrigen Tag
hindurch ziemlich beruhigt zu seyn, und gieng mit
Victorin und ihrer Kammerfrau spazieren.

Seit einigen Tagen hatte der junge Liebhaber ei-
nen Gang entdeckt, wodurch man zu der kleinen
Sommerwiese kommen konnte: er war sehr enge
zwischen zweyen abhängigen Felsen gelegen, und Vic-
torin hatte sorgfältig die Gesträuche, welche er errei-
chen können, zusammen geflochten, damit sie die
Durchsicht nicht verhindern möchten. Hieher führt'
er Christinen, leitete sie jeden Schritt und stellte sich
als entdeckt' er jetzt erst diesen reizenden Ort, der ei-
nen ganz andern Himmelsstrich darstellte. Die Blu-
men und der Rasen waren, ob es schon im Juli war,
so frisch wie im Frühling. Christine ward über die
Entdeckung dieses neuen Grundstücks entzückt, und
den Morgen drauf trieb man sogleich die kleine Heerde
Schaafe und die Milchkühe dahin zur Weide.

"Dies soll unser Sommeraufenthalt seyn,
sprach Victorin, so lange es den Himmel gefallen
wird uns hier zu lassen."

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taͤglich eingefloͤßt hatte. Der junge Mann merkte
ſeinen Sieg, aber er verbarg ſeine Freude unter
ſchmeichelhaften Verſicherungen einer uneingeſchraͤnk-
ten Verehrung. Er ließ nicht den geringſten An-
ſpruch blicken, und ſeine feurigen Lippen, druͤckten
ſeine Liebe blos auf Chriſtinens weiſſen Haͤnden aus,
Endlich fiel es ihr ein ſie zuruͤck zu ziehen, aber es
geſchah ohne Unwillen, ſie ſchien den uͤbrigen Tag
hindurch ziemlich beruhigt zu ſeyn, und gieng mit
Victorin und ihrer Kammerfrau ſpazieren.

Seit einigen Tagen hatte der junge Liebhaber ei-
nen Gang entdeckt, wodurch man zu der kleinen
Sommerwieſe kommen konnte: er war ſehr enge
zwiſchen zweyen abhaͤngigen Felſen gelegen, und Vic-
torin hatte ſorgfaͤltig die Geſtraͤuche, welche er errei-
chen koͤnnen, zuſammen geflochten, damit ſie die
Durchſicht nicht verhindern moͤchten. Hieher fuͤhrt’
er Chriſtinen, leitete ſie jeden Schritt und ſtellte ſich
als entdeckt’ er jetzt erſt dieſen reizenden Ort, der ei-
nen ganz andern Himmelsſtrich darſtellte. Die Blu-
men und der Raſen waren, ob es ſchon im Juli war,
ſo friſch wie im Fruͤhling. Chriſtine ward uͤber die
Entdeckung dieſes neuen Grundſtuͤcks entzuͤckt, und
den Morgen drauf trieb man ſogleich die kleine Heerde
Schaafe und die Milchkuͤhe dahin zur Weide.

„Dies ſoll unſer Sommeraufenthalt ſeyn,
ſprach Victorin, ſo lange es den Himmel gefallen
wird uns hier zu laſſen.‟

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[69/0077] taͤglich eingefloͤßt hatte. Der junge Mann merkte ſeinen Sieg, aber er verbarg ſeine Freude unter ſchmeichelhaften Verſicherungen einer uneingeſchraͤnk- ten Verehrung. Er ließ nicht den geringſten An- ſpruch blicken, und ſeine feurigen Lippen, druͤckten ſeine Liebe blos auf Chriſtinens weiſſen Haͤnden aus, Endlich fiel es ihr ein ſie zuruͤck zu ziehen, aber es geſchah ohne Unwillen, ſie ſchien den uͤbrigen Tag hindurch ziemlich beruhigt zu ſeyn, und gieng mit Victorin und ihrer Kammerfrau ſpazieren. Seit einigen Tagen hatte der junge Liebhaber ei- nen Gang entdeckt, wodurch man zu der kleinen Sommerwieſe kommen konnte: er war ſehr enge zwiſchen zweyen abhaͤngigen Felſen gelegen, und Vic- torin hatte ſorgfaͤltig die Geſtraͤuche, welche er errei- chen koͤnnen, zuſammen geflochten, damit ſie die Durchſicht nicht verhindern moͤchten. Hieher fuͤhrt’ er Chriſtinen, leitete ſie jeden Schritt und ſtellte ſich als entdeckt’ er jetzt erſt dieſen reizenden Ort, der ei- nen ganz andern Himmelsſtrich darſtellte. Die Blu- men und der Raſen waren, ob es ſchon im Juli war, ſo friſch wie im Fruͤhling. Chriſtine ward uͤber die Entdeckung dieſes neuen Grundſtuͤcks entzuͤckt, und den Morgen drauf trieb man ſogleich die kleine Heerde Schaafe und die Milchkuͤhe dahin zur Weide. „Dies ſoll unſer Sommeraufenthalt ſeyn, ſprach Victorin, ſo lange es den Himmel gefallen wird uns hier zu laſſen.‟ Jndeß E 3

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Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/77>, abgerufen am 23.11.2024.