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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

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großen Flusses, des einzigen auf der ganzen Jnsel.
Ein Geräusch machte die fliegenden Menschen vorsich-
tig, weil sie nicht wußten, was für eine Gattung
von Geschöpfen sie antreffen würden. Jndem sie,
bei dieser Ungewißheit, ihre Flügel immer in Bereit-
schaft hielten, bemerkte Alexander am Eingange der
Höhle, kleine Thierchen, beinah großen Ratten ähn-
lich, welche die fliegenden Menschen ansahen, dann
zurück trabten, in stärkerer Anzahl wieder kamen,
abermals gleich umkehrten, und so unaufhörlich fort-
fuhren. Als er, bei ihrer einstmaligen Entfernung
näher trat, glaubt er in ihnen Biber zu entdecken,
die dort eine herrliche Republik errichtet hatten. Jhr
Pelz und Schweif war denselben völlig ähnlich. Er
theilte seinem Vater und seinem ältesten Bruder diese
Entdeckung mit, und sie versteckten sich alle drei am
Ufer des Flusses, indem sie sich auf den Bauch leg-
ten. So erhaschte Alexander einen von diesen Bi-
bern, als sie aus der Höhle nach dem Wasser gehen
wollten. Aber wie groß war sein Erstaunen an die-
sem Thiere eine der menschlichen so nahkommende
Bildung und in seiner Bewegung alle Merkmale eines
vernünftigen Wesens zu finden! Es war ein Weib-
chen, das sich nicht nur alsbald todt stellte, sondern,
weil es sahe, daß ihm dies nichts hülfe, auch mit
demüthig zusammengefalteten Händen und einem ge-
linden anhaltenden, aber vieltönichten Geschrei, das
vermuthlich die Sprache der Nation war, gleichsam
Mitleid zu erwecken suchte. Alexander gab ihr, um
sie nicht länger leiden zu lassen, Brodfrucht zu essen,
und trug sie an den Eingang der Höhle, worin er

Wasser



großen Fluſſes, des einzigen auf der ganzen Jnſel.
Ein Geraͤuſch machte die fliegenden Menſchen vorſich-
tig, weil ſie nicht wußten, was fuͤr eine Gattung
von Geſchoͤpfen ſie antreffen wuͤrden. Jndem ſie,
bei dieſer Ungewißheit, ihre Fluͤgel immer in Bereit-
ſchaft hielten, bemerkte Alexander am Eingange der
Hoͤhle, kleine Thierchen, beinah großen Ratten aͤhn-
lich, welche die fliegenden Menſchen anſahen, dann
zuruͤck trabten, in ſtaͤrkerer Anzahl wieder kamen,
abermals gleich umkehrten, und ſo unaufhoͤrlich fort-
fuhren. Als er, bei ihrer einſtmaligen Entfernung
naͤher trat, glaubt er in ihnen Biber zu entdecken,
die dort eine herrliche Republik errichtet hatten. Jhr
Pelz und Schweif war denſelben voͤllig aͤhnlich. Er
theilte ſeinem Vater und ſeinem aͤlteſten Bruder dieſe
Entdeckung mit, und ſie verſteckten ſich alle drei am
Ufer des Fluſſes, indem ſie ſich auf den Bauch leg-
ten. So erhaſchte Alexander einen von dieſen Bi-
bern, als ſie aus der Hoͤhle nach dem Waſſer gehen
wollten. Aber wie groß war ſein Erſtaunen an die-
ſem Thiere eine der menſchlichen ſo nahkommende
Bildung und in ſeiner Bewegung alle Merkmale eines
vernuͤnftigen Weſens zu finden! Es war ein Weib-
chen, das ſich nicht nur alsbald todt ſtellte, ſondern,
weil es ſahe, daß ihm dies nichts huͤlfe, auch mit
demuͤthig zuſammengefalteten Haͤnden und einem ge-
linden anhaltenden, aber vieltoͤnichten Geſchrei, das
vermuthlich die Sprache der Nation war, gleichſam
Mitleid zu erwecken ſuchte. Alexander gab ihr, um
ſie nicht laͤnger leiden zu laſſen, Brodfrucht zu eſſen,
und trug ſie an den Eingang der Hoͤhle, worin er

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[207/0215] großen Fluſſes, des einzigen auf der ganzen Jnſel. Ein Geraͤuſch machte die fliegenden Menſchen vorſich- tig, weil ſie nicht wußten, was fuͤr eine Gattung von Geſchoͤpfen ſie antreffen wuͤrden. Jndem ſie, bei dieſer Ungewißheit, ihre Fluͤgel immer in Bereit- ſchaft hielten, bemerkte Alexander am Eingange der Hoͤhle, kleine Thierchen, beinah großen Ratten aͤhn- lich, welche die fliegenden Menſchen anſahen, dann zuruͤck trabten, in ſtaͤrkerer Anzahl wieder kamen, abermals gleich umkehrten, und ſo unaufhoͤrlich fort- fuhren. Als er, bei ihrer einſtmaligen Entfernung naͤher trat, glaubt er in ihnen Biber zu entdecken, die dort eine herrliche Republik errichtet hatten. Jhr Pelz und Schweif war denſelben voͤllig aͤhnlich. Er theilte ſeinem Vater und ſeinem aͤlteſten Bruder dieſe Entdeckung mit, und ſie verſteckten ſich alle drei am Ufer des Fluſſes, indem ſie ſich auf den Bauch leg- ten. So erhaſchte Alexander einen von dieſen Bi- bern, als ſie aus der Hoͤhle nach dem Waſſer gehen wollten. Aber wie groß war ſein Erſtaunen an die- ſem Thiere eine der menſchlichen ſo nahkommende Bildung und in ſeiner Bewegung alle Merkmale eines vernuͤnftigen Weſens zu finden! Es war ein Weib- chen, das ſich nicht nur alsbald todt ſtellte, ſondern, weil es ſahe, daß ihm dies nichts huͤlfe, auch mit demuͤthig zuſammengefalteten Haͤnden und einem ge- linden anhaltenden, aber vieltoͤnichten Geſchrei, das vermuthlich die Sprache der Nation war, gleichſam Mitleid zu erwecken ſuchte. Alexander gab ihr, um ſie nicht laͤnger leiden zu laſſen, Brodfrucht zu eſſen, und trug ſie an den Eingang der Hoͤhle, worin er Waſſer

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Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/215>, abgerufen am 25.11.2024.