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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

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anfangs ohne Aufmerksamkeit anzunehmen oder sie
vielleicht für Schlingen anzusehen geschienen hatten,
endlich von Dankbegierde gerührt. Sie sahen wohl
ein, daß sie den Tagemenschen nicht Früchte ei-
nes Landes verehren konnten, das diese inne hätten
und bebauten. Sie gingen daher und holten ihnen
von weitenher einheimische Producte. Sie nahmen
Ziegen und wilde Kühe, banden solche und führ-
ten sie vor das Thor der Hauptstadt Christine-
ville.
Man gerieth, als man das erstemal am Mor-
gen dies fand, darüber in äußerste Verwundrung.
Victorin, der des Nachts herumflog und mit sei-
nen beiden Söhnen die mühsame Sorgfalt, für
die Sicherheit seines Volks zu wachen, theilte, wuste
sehr wohl, daß es Geschenke der Nachtmenschen
waren. Jhres geringen Werths ungeachtet, war
er von Freude durchdrungen; doch wollt' er nichts
davon sagen. Er ließ sie nehmen und im Tri-
umph aufführen. Am Abend muste das für die
Nachtmenschen bestimmte vermehrt werden und er
befahl den Vornehmsten der Nation, aufzulauren,
um die Urheber dieser Freundschaftsbezeigung zu
entdecken. Gegen zwei Uhr nach Mitternacht sah
man die Nachtmenschen mit einem Freudengeschrei
neue Geschenke bringen. Alle Nachtweiber, wel-
che vormals die Personen des gescheiterten Schifs
gechlicht hatten, begleiteten die Aeltesten, worunter
auch der gute Herr und der Vater des Victorin,
ihrer hohen Jahre ungeachtet sich befanden. Man
fragte die Weiber, was dies Geschrei bedeute? Die-
se liefen ihren Landsleuten entgegen, mischten sich

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anfangs ohne Aufmerkſamkeit anzunehmen oder ſie
vielleicht fuͤr Schlingen anzuſehen geſchienen hatten,
endlich von Dankbegierde geruͤhrt. Sie ſahen wohl
ein, daß ſie den Tagemenſchen nicht Fruͤchte ei-
nes Landes verehren konnten, das dieſe inne haͤtten
und bebauten. Sie gingen daher und holten ihnen
von weitenher einheimiſche Producte. Sie nahmen
Ziegen und wilde Kuͤhe, banden ſolche und fuͤhr-
ten ſie vor das Thor der Hauptſtadt Chriſtine-
ville.
Man gerieth, als man das erſtemal am Mor-
gen dies fand, daruͤber in aͤußerſte Verwundrung.
Victorin, der des Nachts herumflog und mit ſei-
nen beiden Soͤhnen die muͤhſame Sorgfalt, fuͤr
die Sicherheit ſeines Volks zu wachen, theilte, wuſte
ſehr wohl, daß es Geſchenke der Nachtmenſchen
waren. Jhres geringen Werths ungeachtet, war
er von Freude durchdrungen; doch wollt’ er nichts
davon ſagen. Er ließ ſie nehmen und im Tri-
umph auffuͤhren. Am Abend muſte das fuͤr die
Nachtmenſchen beſtimmte vermehrt werden und er
befahl den Vornehmſten der Nation, aufzulauren,
um die Urheber dieſer Freundſchaftsbezeigung zu
entdecken. Gegen zwei Uhr nach Mitternacht ſah
man die Nachtmenſchen mit einem Freudengeſchrei
neue Geſchenke bringen. Alle Nachtweiber, wel-
che vormals die Perſonen des geſcheiterten Schifs
gechlicht hatten, begleiteten die Aelteſten, worunter
auch der gute Herr und der Vater des Victorin,
ihrer hohen Jahre ungeachtet ſich befanden. Man
fragte die Weiber, was dies Geſchrei bedeute? Die-
ſe liefen ihren Landsleuten entgegen, miſchten ſich

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[169/0177] anfangs ohne Aufmerkſamkeit anzunehmen oder ſie vielleicht fuͤr Schlingen anzuſehen geſchienen hatten, endlich von Dankbegierde geruͤhrt. Sie ſahen wohl ein, daß ſie den Tagemenſchen nicht Fruͤchte ei- nes Landes verehren konnten, das dieſe inne haͤtten und bebauten. Sie gingen daher und holten ihnen von weitenher einheimiſche Producte. Sie nahmen Ziegen und wilde Kuͤhe, banden ſolche und fuͤhr- ten ſie vor das Thor der Hauptſtadt Chriſtine- ville. Man gerieth, als man das erſtemal am Mor- gen dies fand, daruͤber in aͤußerſte Verwundrung. Victorin, der des Nachts herumflog und mit ſei- nen beiden Soͤhnen die muͤhſame Sorgfalt, fuͤr die Sicherheit ſeines Volks zu wachen, theilte, wuſte ſehr wohl, daß es Geſchenke der Nachtmenſchen waren. Jhres geringen Werths ungeachtet, war er von Freude durchdrungen; doch wollt’ er nichts davon ſagen. Er ließ ſie nehmen und im Tri- umph auffuͤhren. Am Abend muſte das fuͤr die Nachtmenſchen beſtimmte vermehrt werden und er befahl den Vornehmſten der Nation, aufzulauren, um die Urheber dieſer Freundſchaftsbezeigung zu entdecken. Gegen zwei Uhr nach Mitternacht ſah man die Nachtmenſchen mit einem Freudengeſchrei neue Geſchenke bringen. Alle Nachtweiber, wel- che vormals die Perſonen des geſcheiterten Schifs gechlicht hatten, begleiteten die Aelteſten, worunter auch der gute Herr und der Vater des Victorin, ihrer hohen Jahre ungeachtet ſich befanden. Man fragte die Weiber, was dies Geſchrei bedeute? Die- ſe liefen ihren Landsleuten entgegen, miſchten ſich un- L 5

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Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/177>, abgerufen am 23.11.2024.