Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite



Schimpf, den sie der Natur anthun. Wagt es nur
anzufangen! Jch der fliegende Mann, befehle euch,
euch gegen einander zu erklären, eure Beschwerden
einander vorzulegen, und Genugthuung zu fodern,
wie es vernünftige Wesen thun müssen. Diejenige
Nation, welche sich nicht was Recht ist gefallen läßt,
soll sogleich durch die Verachtung der ganzen Welt ge-
brandmarkt werden: ergreift sie zuerst die Waffen;
so sollen alle übrige Völker, sie, als ein wildes
Thier zurück treiben, bis sie ihre Vernunft wieder
erlangt. --"

Gut! mein Sohn, bleiben sie dabey! schrie der
alte Herr ausser sich vor Freuden, den Gemahl seiner
Tochter als Schiedsrichter der Nationen, ia sogar
der Kriegsheere zu sehn. --

Jch der fliegende Mann, fuhr Victorin fort,
will für diesmal das Amt eines Schiedsrichters zwi-
schen euch übernehmen, fertigt zweckmässige kurze
und deutliche ganz der Wahrheit angemeßne Aufsätze
ab; legt sie auf diesen Felsen hier; ich will sie abho-
len, und euch meine Entscheidung darüber sagen.

Sehn sie, mein Herr und Vater, dies ist die
Anrede, welche ich in voraus gefertigt, und die ich
vielleicht einmal halten werde.

Sie ist sehr schön, mein Sohn! und ich würde
mich besonders freuen, wenn du dem Vaterlande ge-
gen die verdammten Engländer dientest: aber das
wichtigste und das nothwendigste ist die Errichtung
deines Königreichs in den Südländern. Der Haupt-

mann



Schimpf, den ſie der Natur anthun. Wagt es nur
anzufangen! Jch der fliegende Mann, befehle euch,
euch gegen einander zu erklaͤren, eure Beſchwerden
einander vorzulegen, und Genugthuung zu fodern,
wie es vernuͤnftige Weſen thun muͤſſen. Diejenige
Nation, welche ſich nicht was Recht iſt gefallen laͤßt,
ſoll ſogleich durch die Verachtung der ganzen Welt ge-
brandmarkt werden: ergreift ſie zuerſt die Waffen;
ſo ſollen alle uͤbrige Voͤlker, ſie, als ein wildes
Thier zuruͤck treiben, bis ſie ihre Vernunft wieder
erlangt. —‟

Gut! mein Sohn, bleiben ſie dabey! ſchrie der
alte Herr auſſer ſich vor Freuden, den Gemahl ſeiner
Tochter als Schiedsrichter der Nationen, ia ſogar
der Kriegsheere zu ſehn. —

Jch der fliegende Mann, fuhr Victorin fort,
will fuͤr diesmal das Amt eines Schiedsrichters zwi-
ſchen euch uͤbernehmen, fertigt zweckmaͤſſige kurze
und deutliche ganz der Wahrheit angemeßne Aufſaͤtze
ab; legt ſie auf dieſen Felſen hier; ich will ſie abho-
len, und euch meine Entſcheidung daruͤber ſagen.

Sehn ſie, mein Herr und Vater, dies iſt die
Anrede, welche ich in voraus gefertigt, und die ich
vielleicht einmal halten werde.

Sie iſt ſehr ſchoͤn, mein Sohn! und ich wuͤrde
mich beſonders freuen, wenn du dem Vaterlande ge-
gen die verdammten Englaͤnder dienteſt: aber das
wichtigſte und das nothwendigſte iſt die Errichtung
deines Koͤnigreichs in den Suͤdlaͤndern. Der Haupt-

mann
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0117" n="109"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Schimpf, den &#x017F;ie der Natur anthun. Wagt es nur<lb/>
anzufangen! Jch der fliegende Mann, befehle euch,<lb/>
euch gegen einander zu erkla&#x0364;ren, eure Be&#x017F;chwerden<lb/>
einander vorzulegen, und Genugthuung zu fodern,<lb/>
wie es vernu&#x0364;nftige We&#x017F;en thun mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Diejenige<lb/>
Nation, welche &#x017F;ich nicht was Recht i&#x017F;t gefallen la&#x0364;ßt,<lb/>
&#x017F;oll &#x017F;ogleich durch die Verachtung der ganzen Welt ge-<lb/>
brandmarkt werden: ergreift &#x017F;ie zuer&#x017F;t die Waffen;<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ollen alle u&#x0364;brige Vo&#x0364;lker, &#x017F;ie, als ein wildes<lb/>
Thier zuru&#x0364;ck treiben, bis &#x017F;ie ihre Vernunft wieder<lb/>
erlangt. &#x2014;&#x201F;</p><lb/>
        <p>Gut! mein Sohn, bleiben &#x017F;ie dabey! &#x017F;chrie der<lb/>
alte Herr au&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ich vor Freuden, den Gemahl &#x017F;einer<lb/>
Tochter als Schiedsrichter der Nationen, ia &#x017F;ogar<lb/>
der Kriegsheere zu &#x017F;ehn. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Jch der fliegende Mann, fuhr Victorin fort,<lb/>
will fu&#x0364;r diesmal das Amt eines Schiedsrichters zwi-<lb/>
&#x017F;chen euch u&#x0364;bernehmen, fertigt zweckma&#x0364;&#x017F;&#x017F;ige kurze<lb/>
und deutliche ganz der Wahrheit angemeßne Auf&#x017F;a&#x0364;tze<lb/>
ab; legt &#x017F;ie auf die&#x017F;en Fel&#x017F;en hier; ich will &#x017F;ie abho-<lb/>
len, und euch meine Ent&#x017F;cheidung daru&#x0364;ber &#x017F;agen.</p><lb/>
        <p>Sehn &#x017F;ie, mein Herr und Vater, dies i&#x017F;t die<lb/>
Anrede, welche ich in voraus gefertigt, und die ich<lb/>
vielleicht einmal halten werde.</p><lb/>
        <p>Sie i&#x017F;t &#x017F;ehr &#x017F;cho&#x0364;n, mein Sohn! und ich wu&#x0364;rde<lb/>
mich be&#x017F;onders freuen, wenn du dem Vaterlande ge-<lb/>
gen die verdammten Engla&#x0364;nder diente&#x017F;t: aber das<lb/>
wichtig&#x017F;te und das nothwendig&#x017F;te i&#x017F;t die Errichtung<lb/>
deines Ko&#x0364;nigreichs in den Su&#x0364;dla&#x0364;ndern. Der Haupt-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mann</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[109/0117] Schimpf, den ſie der Natur anthun. Wagt es nur anzufangen! Jch der fliegende Mann, befehle euch, euch gegen einander zu erklaͤren, eure Beſchwerden einander vorzulegen, und Genugthuung zu fodern, wie es vernuͤnftige Weſen thun muͤſſen. Diejenige Nation, welche ſich nicht was Recht iſt gefallen laͤßt, ſoll ſogleich durch die Verachtung der ganzen Welt ge- brandmarkt werden: ergreift ſie zuerſt die Waffen; ſo ſollen alle uͤbrige Voͤlker, ſie, als ein wildes Thier zuruͤck treiben, bis ſie ihre Vernunft wieder erlangt. —‟ Gut! mein Sohn, bleiben ſie dabey! ſchrie der alte Herr auſſer ſich vor Freuden, den Gemahl ſeiner Tochter als Schiedsrichter der Nationen, ia ſogar der Kriegsheere zu ſehn. — Jch der fliegende Mann, fuhr Victorin fort, will fuͤr diesmal das Amt eines Schiedsrichters zwi- ſchen euch uͤbernehmen, fertigt zweckmaͤſſige kurze und deutliche ganz der Wahrheit angemeßne Aufſaͤtze ab; legt ſie auf dieſen Felſen hier; ich will ſie abho- len, und euch meine Entſcheidung daruͤber ſagen. Sehn ſie, mein Herr und Vater, dies iſt die Anrede, welche ich in voraus gefertigt, und die ich vielleicht einmal halten werde. Sie iſt ſehr ſchoͤn, mein Sohn! und ich wuͤrde mich beſonders freuen, wenn du dem Vaterlande ge- gen die verdammten Englaͤnder dienteſt: aber das wichtigſte und das nothwendigſte iſt die Errichtung deines Koͤnigreichs in den Suͤdlaͤndern. Der Haupt- mann

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/117
Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/117>, abgerufen am 23.11.2024.