Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.Ich der HErr dein GOtt bin ein starcker Eyfferer / der da heimsuchet der Väter Missethat an den Kindern biß, in das dritte und vierte Gelid: Und dannoch spricht GOtt Ezech. 18. v. 20. Welche Seele sündiget/ dieselbe soll sterben / der Sohn wird die Missethat des Vaters nicht tragen &c. Wie kan man nun diese widrige Sprüche im rechtmässigen Verstand vereinigen/ ohne auctorität und Verdolmetschung des Pabstes? Antwort. Welcher ist dan der Pabst/ so diese Sprüche zum ersten im rechten Verstand und Dolmetschung der Kirchen hat fürgetragen? ich glaube keiner. Im übrigen seynd diese beyde Sprüche an sich selbsten richtig und klar gnug; Dan im ersten Spruch redet GOtt von der zeitlichen Straffe/ womit GOtt wegen der Ubertretung und Missethat der Elteren heimsucht ihre Kinder ihnen zum Schrecken und heilsamer Warnung/ wie dis zu sehen ist 4. Reg. 20. v. 18. an den Kindern des Königs Ezechiae: wie auch an dem Aussatz der Kindern Giezi wegen der Ubertretung ihres Vaters 4. Reg. 5. v. 27. Im andern Spruch aber redet GOtt von der Straffe des ewigen Tods/ womit Gott in Ewigkeit allein verfahret gegen den Ubertreter selbsten: wie dis der Text klar gnug ausweiset/ daß man also des Pabstes Brillen gar nicht bedörffe. VII. Die Schrifft spricht Ex. 20. v. 15. Du solt nicht stehlen: Und dannoch prov. 6. v. 30. sagt sie: Es ist nicht eine so grosse Sünde/ wan iemand stihlet: dan er stihlet/ daß er will die hungrige Seele ersättigen. Antwort. Im letzten Spruch sagt Salomon nur: aus Noht stehlen seye nicht ein so grosse Sünde als der Ehebruch: wie dis der Text ausweiset: Und verstehets sich schon ohne Erklärung/ und Rahtschlag des Pabstes. VIII. Spricht doch die Schrifft Deut. 6. v. 13. Du solt den HErrn deinen GOtt förchten / und ihm allein dienen/ und bey seinem Nahmen schweren: Und dannoch spricht Christus Matt. 5. v. 34. Ich sage euch daß ihr gar nicht schweren sollt. Antwort. Christus will/ man solle gar nicht freventlich ohne erhebliche Ursach stets den Eydschwur in dem Mund führen/ wie am gemelten Ort die Schrifft gelehrten und Pharisäer darfür hielten/ wan man durch die Creaturen Himmel und Erd &c. schwüre/ solches hätte nichts zu bedeuten. Sonsten aus erheblichen Ursachen hat auch S. Paulus geschworen 2. Cor. I. v. 23. da er spricht: Ich ruffe Gott an zum Zeugen auf meine Seele &c. IX. Die Schrifft sagt I. Reg. 10. v. 23. Da Saul zum König gesetzet wurd/ war er Haubts länger/ als alles Volck: Und dannoch sagt die Schrifft daselbst I. Reg. 13. v. I. Saul war ein jährig Kind von der Zeit da er war ein König worden. Antwort. Saul war nur ein Jahr alt in seiner Regierung/ und geführtem Regiment/ da er von dem Naas der Ammoniter König den Sieg hatte erhalten/ und also nach hierdurch erworbener Gnade und Gunst des Volcks wiedrum von dem Samuel wurde zum König gesalbet / und seinen Königlichen Stand der Gebühr nach einrichtete: wie solches die Schrifft daselbst meldet/ I. Reg. II. v. 15. aber an Natürlichen Jahren war Saul älter als ein Jahr/ da er das Königliche Regiment auf solche Weise antrate. Dis Geheimnüß ist ja so groß nicht/ daß man um die Erörterung desselben genöhtiget wäre nach Rom zum Pabst zu appelliren. X. Spricht doch die Schrifft daselbst von eben demselbigen Saul I. Reg. 13. v. I. Zwey Jahr regierte Saul über Israel: Und dannoch sagt die Schrifft act. 13. v. 21. Saul habe regieret viertzig Jahr. Antwort. Viertzig Jahr lang hat sich erstrecket die Zeit der gantzen Regie- Ich der HErr dein GOtt bin ein starcker Eyfferer / der da heimsuchet der Väter Missethat an den Kindern biß, in das dritte und vierte Gelid: Und dannoch spricht GOtt Ezech. 18. v. 20. Welche Seele sündiget/ dieselbe soll sterben / der Sohn wird die Missethat des Vaters nicht tragen &c. Wie kan man nun diese widrige Sprüche im rechtmässigen Verstand vereinigen/ ohne auctorität und Verdolmetschung des Pabstes? Antwort. Welcher ist dan der Pabst/ so diese Sprüche zum ersten im rechten Verstand und Dolmetschung der Kirchen hat fürgetragen? ich glaube keiner. Im übrigen seynd diese beyde Sprüche an sich selbsten richtig und klar gnug; Dan im ersten Spruch redet GOtt von der zeitlichen Straffe/ womit GOtt wegen der Ubertretung und Missethat der Elteren heimsucht ihre Kinder ihnen zum Schrecken und heilsamer Warnung/ wie dis zu sehen ist 4. Reg. 20. v. 18. an den Kindern des Königs Ezechiae: wie auch an dem Aussatz der Kindern Giezi wegen der Ubertretung ihres Vaters 4. Reg. 5. v. 27. Im andern Spruch aber redet GOtt von der Straffe des ewigen Tods/ womit Gott in Ewigkeit allein verfahret gegen den Ubertreter selbsten: wie dis der Text klar gnug ausweiset/ daß man also des Pabstes Brillen gar nicht bedörffe. VII. Die Schrifft spricht Ex. 20. v. 15. Du solt nicht stehlen: Und dannoch prov. 6. v. 30. sagt sie: Es ist nicht eine so grosse Sünde/ wan iemand stihlet: dan er stihlet/ daß er will die hungrige Seele ersättigen. Antwort. Im letzten Spruch sagt Salomon nur: aus Noht stehlen seye nicht ein so grosse Sünde als der Ehebruch: wie dis der Text ausweiset: Und verstehets sich schon ohne Erklärung/ und Rahtschlag des Pabstes. VIII. Spricht doch die Schrifft Deut. 6. v. 13. Du solt den HErrn deinen GOtt förchten / und ihm allein dienen/ und bey seinem Nahmen schweren: Und dannoch spricht Christus Matt. 5. v. 34. Ich sage euch daß ihr gar nicht schweren sollt. Antwort. Christus will/ man solle gar nicht freventlich ohne erhebliche Ursach stets den Eydschwur in dem Mund führen/ wie am gemelten Ort die Schrifft gelehrten und Pharisäer darfür hielten/ wan man durch die Creaturen Himmel und Erd &c. schwüre/ solches hätte nichts zu bedeuten. Sonsten aus erheblichen Ursachen hat auch S. Paulus geschworen 2. Cor. I. v. 23. da er spricht: Ich ruffe Gott an zum Zeugen auf meine Seele &c. IX. Die Schrifft sagt I. Reg. 10. v. 23. Da Saul zum König gesetzet wurd/ war er Haubts länger/ als alles Volck: Und dannoch sagt die Schrifft daselbst I. Reg. 13. v. I. Saul war ein jährig Kind von der Zeit da er war ein König worden. Antwort. Saul war nur ein Jahr alt in seiner Regierung/ und geführtem Regiment/ da er von dem Naas der Ammoniter König den Sieg hatte erhalten/ und also nach hierdurch erworbener Gnade und Gunst des Volcks wiedrum von dem Samuel wurde zum König gesalbet / und seinen Königlichen Stand der Gebühr nach einrichtete: wie solches die Schrifft daselbst meldet/ I. Reg. II. v. 15. aber an Natürlichen Jahren war Saul älter als ein Jahr/ da er das Königliche Regiment auf solche Weise antrate. Dis Geheimnüß ist ja so groß nicht/ daß man um die Erörterung desselben genöhtiget wäre nach Rom zum Pabst zu appelliren. X. Spricht doch die Schrifft daselbst von eben demselbigen Saul I. Reg. 13. v. I. Zwey Jahr regierte Saul über Israel: Und dannoch sagt die Schrifft act. 13. v. 21. Saul habe regieret viertzig Jahr. Antwort. Viertzig Jahr lang hat sich erstrecket die Zeit der gantzen Regie- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0099" n="79"/> Ich der HErr dein GOtt bin ein starcker Eyfferer / der da heimsuchet der Väter Missethat an den Kindern biß, in das dritte und vierte Gelid: Und dannoch spricht GOtt Ezech. 18. v. 20. Welche Seele sündiget/ dieselbe soll sterben / der Sohn wird die Missethat des Vaters nicht tragen &c. Wie kan man nun diese widrige Sprüche im rechtmässigen Verstand vereinigen/ ohne auctorität und Verdolmetschung des Pabstes?</p> <p>Antwort. Welcher ist dan der Pabst/ so diese Sprüche zum ersten im rechten Verstand und Dolmetschung der Kirchen hat fürgetragen? ich glaube keiner. Im übrigen seynd diese beyde Sprüche an sich selbsten richtig und klar gnug; Dan im ersten Spruch redet GOtt von der zeitlichen Straffe/ womit GOtt wegen der Ubertretung und Missethat der Elteren heimsucht ihre Kinder ihnen zum Schrecken und heilsamer Warnung/ wie dis zu sehen ist 4. Reg. 20. v. 18. an den Kindern des Königs Ezechiae: wie auch an dem Aussatz der Kindern Giezi wegen der Ubertretung ihres Vaters 4. Reg. 5. v. 27. Im andern Spruch aber redet GOtt von der Straffe des ewigen Tods/ womit Gott in Ewigkeit allein verfahret gegen den Ubertreter selbsten: wie dis der Text klar gnug ausweiset/ daß man also des Pabstes Brillen gar nicht bedörffe.</p> <p>VII. Die Schrifft spricht Ex. 20. v. 15. Du solt nicht stehlen: Und dannoch prov. 6. v. 30. sagt sie: Es ist nicht eine so grosse Sünde/ wan iemand stihlet: dan er stihlet/ daß er will die hungrige Seele ersättigen.</p> <p>Antwort. Im letzten Spruch sagt Salomon nur: aus Noht stehlen seye nicht ein so grosse Sünde als der Ehebruch: wie dis der Text ausweiset: Und verstehets sich schon ohne Erklärung/ und Rahtschlag des Pabstes.</p> <p>VIII. Spricht doch die Schrifft Deut. 6. v. 13. Du solt den HErrn deinen GOtt förchten / und ihm allein dienen/ und bey seinem Nahmen schweren: Und dannoch spricht Christus Matt. 5. v. 34. Ich sage euch daß ihr gar nicht schweren sollt.</p> <p>Antwort. Christus will/ man solle gar nicht freventlich ohne erhebliche Ursach stets den Eydschwur in dem Mund führen/ wie am gemelten Ort die Schrifft gelehrten und Pharisäer darfür hielten/ wan man durch die Creaturen Himmel und Erd &c. schwüre/ solches hätte nichts zu bedeuten. Sonsten aus erheblichen Ursachen hat auch S. Paulus geschworen 2. Cor. I. v. 23. da er spricht: Ich ruffe Gott an zum Zeugen auf meine Seele &c.</p> <p>IX. Die Schrifft sagt I. Reg. 10. v. 23. Da Saul zum König gesetzet wurd/ war er Haubts länger/ als alles Volck: Und dannoch sagt die Schrifft daselbst I. Reg. 13. v. I. Saul war ein jährig Kind von der Zeit da er war ein König worden.</p> <p>Antwort. Saul war nur ein Jahr alt in seiner Regierung/ und geführtem Regiment/ da er von dem Naas der Ammoniter König den Sieg hatte erhalten/ und also nach hierdurch erworbener Gnade und Gunst des Volcks wiedrum von dem Samuel wurde zum König gesalbet / und seinen Königlichen Stand der Gebühr nach einrichtete: wie solches die Schrifft daselbst meldet/ I. Reg. II. v. 15. aber an Natürlichen Jahren war Saul älter als ein Jahr/ da er das Königliche Regiment auf solche Weise antrate. Dis Geheimnüß ist ja so groß nicht/ daß man um die Erörterung desselben genöhtiget wäre nach Rom zum Pabst zu appelliren.</p> <p>X. Spricht doch die Schrifft daselbst von eben demselbigen Saul I. Reg. 13. v. I. Zwey Jahr regierte Saul über Israel: Und dannoch sagt die Schrifft act. 13. v. 21. Saul habe regieret viertzig Jahr.</p> <p>Antwort. Viertzig Jahr lang hat sich erstrecket die Zeit der gantzen Regie- </p> </div> </body> </text> </TEI> [79/0099]
Ich der HErr dein GOtt bin ein starcker Eyfferer / der da heimsuchet der Väter Missethat an den Kindern biß, in das dritte und vierte Gelid: Und dannoch spricht GOtt Ezech. 18. v. 20. Welche Seele sündiget/ dieselbe soll sterben / der Sohn wird die Missethat des Vaters nicht tragen &c. Wie kan man nun diese widrige Sprüche im rechtmässigen Verstand vereinigen/ ohne auctorität und Verdolmetschung des Pabstes?
Antwort. Welcher ist dan der Pabst/ so diese Sprüche zum ersten im rechten Verstand und Dolmetschung der Kirchen hat fürgetragen? ich glaube keiner. Im übrigen seynd diese beyde Sprüche an sich selbsten richtig und klar gnug; Dan im ersten Spruch redet GOtt von der zeitlichen Straffe/ womit GOtt wegen der Ubertretung und Missethat der Elteren heimsucht ihre Kinder ihnen zum Schrecken und heilsamer Warnung/ wie dis zu sehen ist 4. Reg. 20. v. 18. an den Kindern des Königs Ezechiae: wie auch an dem Aussatz der Kindern Giezi wegen der Ubertretung ihres Vaters 4. Reg. 5. v. 27. Im andern Spruch aber redet GOtt von der Straffe des ewigen Tods/ womit Gott in Ewigkeit allein verfahret gegen den Ubertreter selbsten: wie dis der Text klar gnug ausweiset/ daß man also des Pabstes Brillen gar nicht bedörffe.
VII. Die Schrifft spricht Ex. 20. v. 15. Du solt nicht stehlen: Und dannoch prov. 6. v. 30. sagt sie: Es ist nicht eine so grosse Sünde/ wan iemand stihlet: dan er stihlet/ daß er will die hungrige Seele ersättigen.
Antwort. Im letzten Spruch sagt Salomon nur: aus Noht stehlen seye nicht ein so grosse Sünde als der Ehebruch: wie dis der Text ausweiset: Und verstehets sich schon ohne Erklärung/ und Rahtschlag des Pabstes.
VIII. Spricht doch die Schrifft Deut. 6. v. 13. Du solt den HErrn deinen GOtt förchten / und ihm allein dienen/ und bey seinem Nahmen schweren: Und dannoch spricht Christus Matt. 5. v. 34. Ich sage euch daß ihr gar nicht schweren sollt.
Antwort. Christus will/ man solle gar nicht freventlich ohne erhebliche Ursach stets den Eydschwur in dem Mund führen/ wie am gemelten Ort die Schrifft gelehrten und Pharisäer darfür hielten/ wan man durch die Creaturen Himmel und Erd &c. schwüre/ solches hätte nichts zu bedeuten. Sonsten aus erheblichen Ursachen hat auch S. Paulus geschworen 2. Cor. I. v. 23. da er spricht: Ich ruffe Gott an zum Zeugen auf meine Seele &c.
IX. Die Schrifft sagt I. Reg. 10. v. 23. Da Saul zum König gesetzet wurd/ war er Haubts länger/ als alles Volck: Und dannoch sagt die Schrifft daselbst I. Reg. 13. v. I. Saul war ein jährig Kind von der Zeit da er war ein König worden.
Antwort. Saul war nur ein Jahr alt in seiner Regierung/ und geführtem Regiment/ da er von dem Naas der Ammoniter König den Sieg hatte erhalten/ und also nach hierdurch erworbener Gnade und Gunst des Volcks wiedrum von dem Samuel wurde zum König gesalbet / und seinen Königlichen Stand der Gebühr nach einrichtete: wie solches die Schrifft daselbst meldet/ I. Reg. II. v. 15. aber an Natürlichen Jahren war Saul älter als ein Jahr/ da er das Königliche Regiment auf solche Weise antrate. Dis Geheimnüß ist ja so groß nicht/ daß man um die Erörterung desselben genöhtiget wäre nach Rom zum Pabst zu appelliren.
X. Spricht doch die Schrifft daselbst von eben demselbigen Saul I. Reg. 13. v. I. Zwey Jahr regierte Saul über Israel: Und dannoch sagt die Schrifft act. 13. v. 21. Saul habe regieret viertzig Jahr.
Antwort. Viertzig Jahr lang hat sich erstrecket die Zeit der gantzen Regie-
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Zitationshilfe: | Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/99>, abgerufen am 08.07.2024. |