Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.XIV. Christus auf der Hochzeit zu Cana in Galilea Joh. 2. hat ja das Wasser in Wein verändert: also daß die Wesenheit des Wassers nicht mehr ist übergeblieben: so wird ja auch Christus im H. Abendmahl das Brodt in seinen H. Leib/ und den Wein in sein H. Bluht verwandelt haben/ also daß daselbst weder Brodt noch Wein mehr zu finden gewesen. Antwort. Die Gleichheit ziehet nicht: dann mit dem Wasser hätte Christus gar mager oder abgeschmackt den Leib der anwesenden Gästen gelabet/ und sie bewillkommet: im H. Abendmahl aber ist nur eine Geistliche Labung der Seelen/ zu welcher Labung nicht hinderlich ist die wesentliche Gegenwart des Brodts. XV. Sagen doch die H. Väter als Augustinus, Ambrosius, Cyrillus &c. das im H. Abend das Brodt erwandelt werde in den Leib Christi. Antwort. Man muß durchaus die Glaubens-Artickel nicht abmessen mit der Auctorität der Vätter: dann solches ist ihnen so wohl/ als dem Göttlichen Wort/ welches allein ist eine Richtschnur der Streitigkeiten in Glaubens-Sachen gar nachtheilig. Darum muß man die Meinung der Väter nach dieser Regul einrichten so gut man kan/ und sagen ihre Meinung seye gewesen: es befinde sich im H. Abendmahl kein gemeines Brodt/ welches nach seiner Eigenschafft von Christo verordnet seye den Leib des Menschen zu ernehren: sondern ein solches Brodt/ welches mit dem Leib Christi genossen/ solle dienen zur Nahrung und Erquickung der Seelen/ und also den Nahmen eines gemeinen Brodts nicht mehr verdiene. Zudem haben die H. Väter nicht so Philosophisch und schuhfüchsich geredet: sondern nur sagen wollen: unter den Gestalten/ wo zuvor sich allein befunde das Wesen des Brodts / seye im H. Abendmahl auch der Leib Christi/ und hiedurch habe das Brodt als der schlechtere Theil unter den Brodts-Gestalten seinen Nahmen verlohren: gleich wie ein Bauren-Hauß seinen Nahmen verliehrt/ und in ein Adelichs Hauß verändert wird/ wann ein Adlicher darin seinen Sitz nimmt/ ob schon der Baur darinnen behält seine Wohnung. XVI. Nach Art der H. Schrifft zu reden/ wird offtermahls durch das Wörtlein Brodt nicht nur allein Brodt: sondern allerley Speise und Nahrung verstanden: also auch dieweilen der leib Christi eine Speise und Nahrung der Seelen ist/ wovon Christus selbst spricht Joh. 6. Er seye das Brodt/ daß vom Himmel kommen ist/ so wird auch bloß nach solcher Art zu reden/ der Leib Christi nach der Consecration Brodt genennet. Antwort. S. Paulus I. Cor. 10. v. 16 redet gantz anderst hievon/ da er das Brodt nicht nennet den Leib Christi/ sondern die Gemeinschafft des Leibs Christi. Und gehen nur die Papisten auf falsche in GOttes Wort ungegründete Muhtmassungen. In solchen hohen Sachen aber/ die man einem zu glauben auftringet/ werden erfordert starcke wohlgegründete Beweißthümer. XVII. Wann schon S. Paulus I. Cor. 10. v. 16. spricht: Das Brodt/ das wir brechen/ ist die Gemeinschafft des Leibs Christi: so redet er nur metaphorice, oder wie die Philosophi sagen/ in sensu ampliativo, das ist: vom Brodt/ welches zuvor Brodt gewesen ist/ und an dessen statt sich jetzund der Leib Christi dargestellet hat. Gleich wie auch Christus/ in sensu ampliativo sagt Luc. 7. v. 22. Die Blinden sehen/ die Lahmen gehen: das ist: die jenige so zuvor blind waren/ sehen/ und so zuvor lahm waren/ gehen. Antwort. Bellarminus selbsten schreibt L. I. de Euchar. c. 12. Daß man in Auslegung der H. Schrifft von der Eigenschafft der Worten nicht solle schreiten zu einem uneigentlichen figurirlichen/ und metaphorischen Verstand/ ohne erheb- XIV. Christus auf der Hochzeit zu Cana in Galilea Joh. 2. hat ja das Wasser in Wein verändert: also daß die Wesenheit des Wassers nicht mehr ist übergeblieben: so wird ja auch Christus im H. Abendmahl das Brodt in seinen H. Leib/ und den Wein in sein H. Bluht verwandelt haben/ also daß daselbst weder Brodt noch Wein mehr zu finden gewesen. Antwort. Die Gleichheit ziehet nicht: dann mit dem Wasser hätte Christus gar mager oder abgeschmackt den Leib der anwesenden Gästen gelabet/ und sie bewillkommet: im H. Abendmahl aber ist nur eine Geistliche Labung der Seelen/ zu welcher Labung nicht hinderlich ist die wesentliche Gegenwart des Brodts. XV. Sagen doch die H. Väter als Augustinus, Ambrosius, Cyrillus &c. das im H. Abend das Brodt erwandelt werde in den Leib Christi. Antwort. Man muß durchaus die Glaubens-Artickel nicht abmessen mit der Auctorität der Vätter: dann solches ist ihnen so wohl/ als dem Göttlichen Wort/ welches allein ist eine Richtschnur der Streitigkeiten in Glaubens-Sachen gar nachtheilig. Darum muß man die Meinung der Väter nach dieser Regul einrichten so gut man kan/ und sagen ihre Meinung seye gewesen: es befinde sich im H. Abendmahl kein gemeines Brodt/ welches nach seiner Eigenschafft von Christo verordnet seye den Leib des Menschen zu ernehren: sondern ein solches Brodt/ welches mit dem Leib Christi genossen/ solle dienen zur Nahrung und Erquickung der Seelen/ und also den Nahmen eines gemeinen Brodts nicht mehr verdiene. Zudem haben die H. Väter nicht so Philosophisch und schuhfüchsich geredet: sondern nur sagen wollen: unter den Gestalten/ wo zuvor sich allein befunde das Wesen des Brodts / seye im H. Abendmahl auch der Leib Christi/ und hiedurch habe das Brodt als der schlechtere Theil unter den Brodts-Gestalten seinen Nahmen verlohren: gleich wie ein Bauren-Hauß seinen Nahmen verliehrt/ und in ein Adelichs Hauß verändert wird/ wann ein Adlicher darin seinen Sitz nimmt/ ob schon der Baur darinnen behält seine Wohnung. XVI. Nach Art der H. Schrifft zu reden/ wird offtermahls durch das Wörtlein Brodt nicht nur allein Brodt: sondern allerley Speise und Nahrung verstanden: also auch dieweilen der leib Christi eine Speise und Nahrung der Seelen ist/ wovon Christus selbst spricht Joh. 6. Er seye das Brodt/ daß vom Himmel kommen ist/ so wird auch bloß nach solcher Art zu reden/ der Leib Christi nach der Consecration Brodt genennet. Antwort. S. Paulus I. Cor. 10. v. 16 redet gantz anderst hievon/ da er das Brodt nicht nennet den Leib Christi/ sondern die Gemeinschafft des Leibs Christi. Und gehen nur die Papisten auf falsche in GOttes Wort ungegründete Muhtmassungen. In solchen hohen Sachen aber/ die man einem zu glauben auftringet/ werden erfordert starcke wohlgegründete Beweißthümer. XVII. Wann schon S. Paulus I. Cor. 10. v. 16. spricht: Das Brodt/ das wir brechen/ ist die Gemeinschafft des Leibs Christi: so redet er nur metaphorice, oder wie die Philosophi sagen/ in sensu ampliativo, das ist: vom Brodt/ welches zuvor Brodt gewesen ist/ und an dessen statt sich jetzund der Leib Christi dargestellet hat. Gleich wie auch Christus/ in sensu ampliativo sagt Luc. 7. v. 22. Die Blinden sehen/ die Lahmen gehen: das ist: die jenige so zuvor blind waren/ sehen/ und so zuvor lahm waren/ gehen. Antwort. Bellarminus selbsten schreibt L. I. de Euchar. c. 12. Daß man in Auslegung der H. Schrifft von der Eigenschafft der Worten nicht solle schreiten zu einem uneigentlichen figurirlichen/ und metaphorischen Verstand/ ohne erheb- <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0372" n="72"/> <p>XIV. Christus auf der Hochzeit zu Cana in Galilea Joh. 2. hat ja das Wasser in Wein verändert: also daß die Wesenheit des Wassers nicht mehr ist übergeblieben: so wird ja auch Christus im H. Abendmahl das Brodt in seinen H. Leib/ und den Wein in sein H. Bluht verwandelt haben/ also daß daselbst weder Brodt noch Wein mehr zu finden gewesen.</p> <p>Antwort. Die Gleichheit ziehet nicht: dann mit dem Wasser hätte Christus gar mager oder abgeschmackt den Leib der anwesenden Gästen gelabet/ und sie bewillkommet: im H. Abendmahl aber ist nur eine Geistliche Labung der Seelen/ zu welcher Labung nicht hinderlich ist die wesentliche Gegenwart des Brodts.</p> <p>XV. Sagen doch die H. Väter als Augustinus, Ambrosius, Cyrillus &c. das im H. Abend das Brodt erwandelt werde in den Leib Christi.</p> <p>Antwort. Man muß durchaus die Glaubens-Artickel nicht abmessen mit der Auctorität der Vätter: dann solches ist ihnen so wohl/ als dem Göttlichen Wort/ welches allein ist eine Richtschnur der Streitigkeiten in Glaubens-Sachen gar nachtheilig. Darum muß man die Meinung der Väter nach dieser Regul einrichten so gut man kan/ und sagen ihre Meinung seye gewesen: es befinde sich im H. Abendmahl kein gemeines Brodt/ welches nach seiner Eigenschafft von Christo verordnet seye den Leib des Menschen zu ernehren: sondern ein solches Brodt/ welches mit dem Leib Christi genossen/ solle dienen zur Nahrung und Erquickung der Seelen/ und also den Nahmen eines gemeinen Brodts nicht mehr verdiene. Zudem haben die H. Väter nicht so Philosophisch und schuhfüchsich geredet: sondern nur sagen wollen: unter den Gestalten/ wo zuvor sich allein befunde das Wesen des Brodts / seye im H. Abendmahl auch der Leib Christi/ und hiedurch habe das Brodt als der schlechtere Theil unter den Brodts-Gestalten seinen Nahmen verlohren: gleich wie ein Bauren-Hauß seinen Nahmen verliehrt/ und in ein Adelichs Hauß verändert wird/ wann ein Adlicher darin seinen Sitz nimmt/ ob schon der Baur darinnen behält seine Wohnung.</p> <p>XVI. Nach Art der H. Schrifft zu reden/ wird offtermahls durch das Wörtlein Brodt nicht nur allein Brodt: sondern allerley Speise und Nahrung verstanden: also auch dieweilen der leib Christi eine Speise und Nahrung der Seelen ist/ wovon Christus selbst spricht Joh. 6. Er seye das Brodt/ daß vom Himmel kommen ist/ so wird auch bloß nach solcher Art zu reden/ der Leib Christi nach der Consecration Brodt genennet.</p> <p>Antwort. S. Paulus I. Cor. 10. v. 16 redet gantz anderst hievon/ da er das Brodt nicht nennet den Leib Christi/ sondern die Gemeinschafft des Leibs Christi. Und gehen nur die Papisten auf falsche in GOttes Wort ungegründete Muhtmassungen. In solchen hohen Sachen aber/ die man einem zu glauben auftringet/ werden erfordert starcke wohlgegründete Beweißthümer.</p> <p>XVII. Wann schon S. Paulus I. Cor. 10. v. 16. spricht: Das Brodt/ das wir brechen/ ist die Gemeinschafft des Leibs Christi: so redet er nur metaphorice, oder wie die Philosophi sagen/ in sensu ampliativo, das ist: vom Brodt/ welches zuvor Brodt gewesen ist/ und an dessen statt sich jetzund der Leib Christi dargestellet hat. Gleich wie auch Christus/ in sensu ampliativo sagt Luc. 7. v. 22. Die Blinden sehen/ die Lahmen gehen: das ist: die jenige so zuvor blind waren/ sehen/ und so zuvor lahm waren/ gehen.</p> <p>Antwort. Bellarminus selbsten schreibt L. I. de Euchar. c. 12. Daß man in Auslegung der H. Schrifft von der Eigenschafft der Worten nicht solle schreiten zu einem uneigentlichen figurirlichen/ und metaphorischen Verstand/ ohne erheb- </p> </div> </body> </text> </TEI> [72/0372]
XIV. Christus auf der Hochzeit zu Cana in Galilea Joh. 2. hat ja das Wasser in Wein verändert: also daß die Wesenheit des Wassers nicht mehr ist übergeblieben: so wird ja auch Christus im H. Abendmahl das Brodt in seinen H. Leib/ und den Wein in sein H. Bluht verwandelt haben/ also daß daselbst weder Brodt noch Wein mehr zu finden gewesen.
Antwort. Die Gleichheit ziehet nicht: dann mit dem Wasser hätte Christus gar mager oder abgeschmackt den Leib der anwesenden Gästen gelabet/ und sie bewillkommet: im H. Abendmahl aber ist nur eine Geistliche Labung der Seelen/ zu welcher Labung nicht hinderlich ist die wesentliche Gegenwart des Brodts.
XV. Sagen doch die H. Väter als Augustinus, Ambrosius, Cyrillus &c. das im H. Abend das Brodt erwandelt werde in den Leib Christi.
Antwort. Man muß durchaus die Glaubens-Artickel nicht abmessen mit der Auctorität der Vätter: dann solches ist ihnen so wohl/ als dem Göttlichen Wort/ welches allein ist eine Richtschnur der Streitigkeiten in Glaubens-Sachen gar nachtheilig. Darum muß man die Meinung der Väter nach dieser Regul einrichten so gut man kan/ und sagen ihre Meinung seye gewesen: es befinde sich im H. Abendmahl kein gemeines Brodt/ welches nach seiner Eigenschafft von Christo verordnet seye den Leib des Menschen zu ernehren: sondern ein solches Brodt/ welches mit dem Leib Christi genossen/ solle dienen zur Nahrung und Erquickung der Seelen/ und also den Nahmen eines gemeinen Brodts nicht mehr verdiene. Zudem haben die H. Väter nicht so Philosophisch und schuhfüchsich geredet: sondern nur sagen wollen: unter den Gestalten/ wo zuvor sich allein befunde das Wesen des Brodts / seye im H. Abendmahl auch der Leib Christi/ und hiedurch habe das Brodt als der schlechtere Theil unter den Brodts-Gestalten seinen Nahmen verlohren: gleich wie ein Bauren-Hauß seinen Nahmen verliehrt/ und in ein Adelichs Hauß verändert wird/ wann ein Adlicher darin seinen Sitz nimmt/ ob schon der Baur darinnen behält seine Wohnung.
XVI. Nach Art der H. Schrifft zu reden/ wird offtermahls durch das Wörtlein Brodt nicht nur allein Brodt: sondern allerley Speise und Nahrung verstanden: also auch dieweilen der leib Christi eine Speise und Nahrung der Seelen ist/ wovon Christus selbst spricht Joh. 6. Er seye das Brodt/ daß vom Himmel kommen ist/ so wird auch bloß nach solcher Art zu reden/ der Leib Christi nach der Consecration Brodt genennet.
Antwort. S. Paulus I. Cor. 10. v. 16 redet gantz anderst hievon/ da er das Brodt nicht nennet den Leib Christi/ sondern die Gemeinschafft des Leibs Christi. Und gehen nur die Papisten auf falsche in GOttes Wort ungegründete Muhtmassungen. In solchen hohen Sachen aber/ die man einem zu glauben auftringet/ werden erfordert starcke wohlgegründete Beweißthümer.
XVII. Wann schon S. Paulus I. Cor. 10. v. 16. spricht: Das Brodt/ das wir brechen/ ist die Gemeinschafft des Leibs Christi: so redet er nur metaphorice, oder wie die Philosophi sagen/ in sensu ampliativo, das ist: vom Brodt/ welches zuvor Brodt gewesen ist/ und an dessen statt sich jetzund der Leib Christi dargestellet hat. Gleich wie auch Christus/ in sensu ampliativo sagt Luc. 7. v. 22. Die Blinden sehen/ die Lahmen gehen: das ist: die jenige so zuvor blind waren/ sehen/ und so zuvor lahm waren/ gehen.
Antwort. Bellarminus selbsten schreibt L. I. de Euchar. c. 12. Daß man in Auslegung der H. Schrifft von der Eigenschafft der Worten nicht solle schreiten zu einem uneigentlichen figurirlichen/ und metaphorischen Verstand/ ohne erheb-
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Zitationshilfe: | Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/372>, abgerufen am 10.06.2024. |